Der ORF-Chef auf der Suche nach einer Strategie

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ORFChef Suche nach einer(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Wrabetz präsentierte seine Strategie bis 2020 – und musste wie erwartet Kritik einstecken. Das 40-seitige Papier sei weniger eine Strategie als eine Analyse zu neuen Technologien und zum Konsumverhalten.

Zuerst das Vergnügen, dann die Arbeit. Diesem etwas verdrehten Motto folgte die ORF-Chefetage diese Woche. Generaldirektor Alexander Wrabetz und seine Direktorenkollegen präsentierten am Mittwoch das neue TV-Programm in den Küniglberg-Studios mit einer großen Party, bei der sie mit ihren Hausstars wie Ursula Strauss oder Ingrid Thurnher vor den Kameras posierten. Erst tags darauf mussten sie ihren Aufsichtsräten Rede und Antwort stehen.

Wrabetz präsentierte seine Strategie bis 2020 – und musste wie erwartet Kritik einstecken. Das 40-seitige Papier sei weniger eine Strategie als eine Analyse zu neuen Technologien und zum Konsumverhalten. Den darin erwähnten trimedialen Newsroom – eine Nachrichtenzentrale für Online, Radio- und TV-Journalisten – wünscht man sich schon lange. Die Räte einigten sich schließlich mit der Direktion darauf (26 pro, zwei nicht anwesend, sieben Enthaltungen, darunter die Betriebsräte und Räte von FPÖ und BZÖ), dass die ORF-Geschäftsführung bis Ende des Jahres wirklich eine Strategie für Organisationsaufbau und Standort nachliefert. Das nennt man wohl eine Strategie auf Raten.

Deutlich in Bedrängnis sahen einige Stiftungsräte Radiodirektor Karl Amon. Der nimmt Gegenwind wie immer betont gelassen. Der Vorwurf: Er habe erst 51 Prozent der Sparziele für dieses Jahr umgesetzt, andere Direktionen hingegen schon bis zu 85 Prozent. Er sei „vielleicht ein zu vorsichtiger Kaufmann“, sagte er zur „Presse“, denn er habe zwar mündliche Zusagen von Sponsoren, aber noch keine Unterschriften, deshalb budgetiere er die Summen noch nicht. 2014 wolle er das Ergebnis des Radio-Symphonieorchesters um eine Million Euro, das des Radiokulturhauses um eine halbe Millionen verbessern. „Ich bin zweifacher Optimist: Ich glaube an die Zusage der Sponsoren und an die Fortsetzung der Gebührenrefundierung“, so Amon. Dreifacher Optimist, müsste man eigentlich sagen. Denn auch die Tatsache, dass der Privatsender Kronehit noch im September Beschwerde gegen die gesamte ORF-Radioflotte einbringen will, weil das Programm nicht ausgewogen ist, nimmt er gelassen: „Auch hier bin ich optimistisch. Ich bin interessiert an vernünftigen Lösungen für ein Miteinander.“ Er wolle „offenen Gesprächen“ nicht vorgreifen.

Wer ist schuld an der Lücke in der Kasse?

Eine unerfreuliche Sache musste Finanzdirektor Richard Grasl im Stiftungsrat erläutern: Die interne Revision prüfe Ungereimtheiten bei der Ausstrahlung und Verrechnung von Werbespots. Es besteht der Verdacht, dass seit Monaten Werbeleistungen für Kunden gebucht wurden, ohne dass der ORF dafür Geld bekam. Weder die Schadenshöhe sei bekannt (intern spricht man von einigen hunderttausend Euro), noch wer für die Unregelmäßigkeiten verantwortlich ist. Der ORF betonte, es seien keine Werbekunden geschädigt worden und keine ORF-Mitarbeiter involviert.

Ein kleines Nachspiel hat die jüngste Publikumsratssitzung: Vorsitzender Hans Preinfalk, hauptberuflich bei der OÖ. Arbeiterkammer (AK) tätig, verbirgt seine SPÖ-Sympathie selten. Diesmal warf er Moderator Armin Wolf eine „denunziatorische“ Interviewführung vor, weil er in der „ZiB2“ den Mitautor einer von der AK beauftragten, nicht unumstrittenen Studie zur Vermögensverteilung auch nach dessen SPÖ-Nähe befragt hatte. Preinfalk vertrete „eindeutig die Interessen der AK“, so Redakteurssprecher Dieter Bornemann zur APA. Wenn gerade der Vorsitzende des Publikumsrats verlangt, dem Publikum relevante Informationen vorzuenthalten, sei das „befremdlich“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2013)

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