Costa Concordia: Die Auferstehung des Ozeanriesen

Costa Concordia Auferstehung Ozeanriesen
Costa Concordia Auferstehung OzeanriesenReuters (TONY GENTILE)
  • Drucken

Vor der toskanischen Insel Giglio wurde am Montag damit begonnen, das Wrack des im Jänner 2012 gekenterten Kreuzfahrtschiffs Costa Concordia aufzurichten.

Der Himmel, so schien es am Montagmorgen, meint es nicht gut mit der Costa Concordia: Da sollte mit der Bergung des Schiffwracks vor der toskanischen Insel Giglio begonnen werden, doch in der Nacht zuvor tobte ein schweres Gewitter. Zwar war der Himmel um fünf Uhr früh wieder klar, aber die Bergungstrupps mussten erst aufräumen, bis sie einige Stunden später die riesigen Hydraulikheber einschalteten, um das 300 Meter lange Schiff aus 65 Grad Schräglage ins Lot zu drehen.

Wie es am späten Nachmittag zum Zeitpunkt des Drucks dieser Ausgabe aussah, dürfte der Plan klappen, das Schiff noch in der Nacht auf Dienstag aufzustellen, um es später abschleppen zu können, obwohl der Sturm den Zusammenbau der riesigen Rettungsmaschinerie verzögert hat. Doch die Techniker hatten 20 Monate auf diesen Punkt hingearbeitet und wollten die Bergung durchziehen.

Der Held aus Südafrika

Der Held des Tages war der 52-jährige Südafrikaner Nick Sloane, der seine fast 30-jährige Karriere im Feld der Schiffsbergung mit der Costa Concordia krönt. Sloane hat sich mit elf Spitzentechnikern in den Containern seiner Kommandozentrale eingeschlossen, die auf dem Ponton Pollux vor dem Bug des Wracks schwimmt. Hier laufen alle Fäden zusammen: Die Steuerung für die tonnenschweren Ketten, die das Wrack am Abrutschen hindern und für die Dutzenden Stahllitzen, an denen die Hydraulikheber mit Zugkraft von bis zu 23.800 Tonnen andocken. Ein bis zwei Stunden, hat man vermutet, würde es dauern, um das Wrack sanft von jenen zwei Granitspornen loszureißen, die in seiner rechten Flanke stecken. Am Ende dauert diese heikelste Phase drei Stunden. Erst zu Mittag steht fest, dass das Schiff nicht der Länge nach auseinanderbricht. Für Bergungstrupps und Umwelt wäre das der GAU.



Um zwölf Uhr, das Schiff hat sich um drei Grad aufgerichtet, tauchen einige blind gewordene Fenster von Kapitän Francesco Schettinos Kommandobrücke auf, dann sieht man Fenster- und Türhöhlen, von Tang verhangen. Und während leuchtend blaues Meer den rostenden Rumpf an Backbord den Blicken entzieht, tritt an der unendlich langsam auftauchenden Steuerbordflanke und am Oberdeck blanke Zerstörung zutage.

Mitte des Nachmittags sind 20 von 65 Grad geschafft, da tauchen elf Stahlcontainer ins Wasser, die an die Backbordseite der Concordia geschweißt sind. Sie sind so groß wie sieben- bis elfstöckige Hochhäuser, in sie wird Meerwasser gesaugt. Die Container werden dadurch schwerer und drücken das Schiff weiter ins Lot. Ist das erreicht, werden auch auf der Steuerbordseite wassergefüllte Container montiert, und dann wird das Wasser auf beiden Seiten herausgelassen, wodurch die Gewichte zu Schwimmkörpern mutieren, die das Schiff heben. Dann kann man es abschleppen - das dürfte erst in einigen Monaten möglich sein.

Eine „pretty simple technique" sei das, hat Sloane gesagt. Damit wurden nicht nur 60.000 Tonnen Stahl bewegt, sondern auch 263.000 Kubikmeter Wasser im Rumpf, verdreckt von dem, was die Concordia an Bord hatte, als sie Jänner 2012 vor Giglio strandete, weil ihr Kapitän zu nah ans Ufer fuhr. 32 Menschen starben. Zur Verpflegung von 3216 Passagieren und 1013 Crewmitgliedern waren 8200 Kilo gramm Rindfleisch, 11.300 Kilogramm Fisch und vieles mehr an Bord. Immerhin wurde der Treibstoff, 2043 Kubikmeter, binnen acht Wochen nach dem Unfall großteils abgepumpt.

Eine der teuersten Bergungen

Sloane möchte übrigens, wenn alles vorbei ist im Frühjahr, Urlaub machen. Genauer gesagt eine Weltreise von zwei Jahren - „samt Frau und den zwei Kindern, die ich schon ewig nicht mehr gesehen habe". Die Kosten der Bergung sollen übrigens mindestens 600 Millionen Euro betragen - eine der bisher teuersten Schiffsbergungen.

Costa Concordia Auferstehung Ozeanriesen
Costa Concordia Auferstehung Ozeanriesen

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Costa Concordia
Weltjournal

Costa Concordia: Jetzt beginnt die Suche nach Safes

Das 2012 vor Giglio gestrandete Kreuzfahrtschiff Costa Concordia steht wieder aufrecht. Taucher sollen nun die zwei Vermissten und Wertsachen bergen.
Wrack der "Costa Concordia" aufgerichtet
Weltjournal

Aufgerichtet: "Costa Concordia" hielt dem Druck stand

Nächtliches Sirenengeheul im Hafen von Giglio - Die spektakuläre Operation vor der italienischer Insel wurde um 4 Uhr Früh erfolgreich beendet. Das Wrack der "Costa Concordia" steht wieder aufrecht.
Weltjournal

Nur das "Project Azorian" war teurer

Die Bergung der Costa Concordia ist nicht die teuerste aller Zeiten. Für die Bergung eines sowjetischen U-Boots baute die CIA ein eigenes Schiff.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.