Costa Concordia: Jetzt beginnt die Suche nach Safes

Costa Concordia
Costa Concordia(c) EPA (ANGELO CARCONI)
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Das 2012 vor Giglio gestrandete Kreuzfahrtschiff Costa Concordia steht wieder aufrecht. Taucher sollen nun die zwei Vermissten und Wertsachen bergen.

Als Schiffssirenen am Dienstag um vier Uhr Früh die Ruhe über dem Hafen von Giglio zerfetzen, da wissen auf der Insel vor der Toskana alle, was das bedeutet. Keiner beschwert sich über den frühen Weckruf. 19 Stunden nach Beginn der Aufrichtarbeiten hat sich das im Jänner 2012 hier gestrandete Kreuzfahrtschiff Costa Concordia mit sanfter Bewegung auf seine eigens errichteten Zementkissen und das Stahlbett im Meer niedergelassen.

An der Mole sammelt sich in Windeseile eine Menge von Insulanern, um ihre neuen Helden zu feiern: die hunderten Arbeiter und Ingenieure, die nach wenigen Minuten auf kleinen Barken eintreffen, an der Spitze ihr Chef, der südafrikanische Schiffsbergungsexperte Nick Sloane. Das Bier der Erleichterung fließt in Strömen. Erst Stunden später geht es – für viele nach der zweiten durchgearbeiteten Nacht – ins Bett.

Eingedrückte Steuerbordseite

Als die Sonne aufgeht, wird die Costa Concordia von heute sichtbar. Gewiss, sie steht aufrecht, aber ein Stolz der Meere ist sie nicht mehr. Fast 50 Meter ragte sie früher aus den Wellen. Jetzt sind es nur 25 Meter, das gibt der einst schlanken Architektur eine flunderhafte Optik. Ihre Steuerbordseite, auf der sie gelegen ist, ist verwüstet. Deutlich zu sehen sind die Druckstellen jener zwei Granitfelsen, die das riesige Schiff vom Abgleiten in die Tiefe bewahrt und so einigen tausend Passagieren und Crewmitgliedern das Leben gerettet haben.

„Besser konnte die Aufrichtung gar nicht gehen“, freut sich bei der Jubel-Pressekonferenz um zehn Uhr Italiens Zivilschutzchef Franco Gabrielli. Dann folgen von verschiedenen Seiten die (bei solchen Gelegenheiten landesüblichen) Hymnen auf ein Italien, das „bei vereinten Kräften zu derart herausragenden Leistungen imstande“ sei. Doch dann sagt Gabrielli nüchtern: „Für uns ist das Projekt erst abgeschlossen, wenn die Concordia die Insel verlässt.“

Das werde wohl erst im ersten Halbjahr 2014 der Fall sein. Es ist nämlich noch viel zu tun: Zuerst muss das Wrack winterfest gemacht und so verankert werden, dass selbst der stärkste Wellengang es nicht umwerfen kann. Danach gehen erstmals seit Jänner 2012 wieder Menschen ins Schiff hinein: Überflutete Korridore sind jetzt zugänglich, die Suche nach den zwei noch Vermissten (insgesamt gab es 32 Todesopfer) beginnt neu. Und nachdem bisher so viele Dinge aus dem Schiff verschwunden sind, etwa die Schiffsglocke, versucht der Zivilschutz nun unter Aufsicht der Staatsanwaltschaft, die Safes der 1500 Kabinen zu bergen und somit die Wertsachen, die die 3216 Touristen in Panik zurückgelassen haben.

Stählerne Schwimmweste

Noch unsicher ist, ob oder wie die riesigen Stahlcontainer auf der beschädigten Seite befestigt werden können, die – samt den gleichartigen Containern auf der anderen Seite – als Stabilisierungs- und Schwimmhilfe dienen, damit das Wrack leichter abgeschleppt werden kann. Die eingedrückte Seite sieht zwar schlimm aus, aber die tragende Konstruktion dahinter könnte stabil geblieben sein, heißt es. Wenn das mit der stählernen „Schwimmweste“ klappt, wird das Schiff zum Abwracken weggeschleppt. Mehrere Häfen haben sich um den auf Jahre für Arbeit sorgenden Auftrag gerissen, aber offenbar ist nur Palermo groß genug, um den Konvoi aus Schiff, Containern und Schleppern aufzunehmen.

Wann springen die Wale wieder?

Letzter Akt wird die Wiederherstellung der Küstenlandschaft vor Giglio sein. Der deutsche Chef der genuesisch-amerikanischen Reederei Costa, Michael Thamm, verspricht, man werde „die Insel wieder so übergeben, wie sie vor dem Unfall war“. Fünf Jahre lang solle die beliebte Badeküste auf mögliche Umweltschäden überwacht werden – und beobachten, ob auch die Delfine und Wale zurückkehren, die man wegen des Unterwasser-Baustellenlärms zuletzt kaum noch hat springen sehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2013)

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