Iran und die USA: Doch der Handschlag bleibt aus

„Vorreiter des Friedens“: Irans neuer Präsident Hassan Rohani beteuerte am Dienstag bei der UNO in New York die Friedfertigkeit des schiitischen Gottesstaates.
„Vorreiter des Friedens“: Irans neuer Präsident Hassan Rohani beteuerte am Dienstag bei der UNO in New York die Friedfertigkeit des schiitischen Gottesstaates.(c) REUTERS (RAY STUBBLEBINE)
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Die Außenminister der Erzfeinde beginnen Gespräche über das Atomprogramm Teherans. Das tiefe gegenseitige Misstrauen könnte sie rasch scheitern lassen.

New York. Gespannt blickt die Welt nach New York, denn der neue iranische Präsident gilt als gemäßigter Reformer. Der amerikanische Präsident hofft, in den Gängen des UNO-Hauptquartiers einen spontanen Handschlag mit seinem Teheraner Gegenüber inszenieren zu können – den ersten seit der Islamischen Revolution 1979. Doch der iranische Gast verweigert den Handschlag – zu kompliziert, zu kurzfristig sei er anberaumt.

Das Jahr, in dem diese Szene spielt, ist 2000. Der Amerikaner heißt Bill Clinton, der Iraner Mohammed Khatami. Wie sich die Bilder gleichen: 13 Jahre später trennt Barack Obama und Hassan Rohani noch immer die unsichtbare Wand der vier Jahrzehnte alten Feindschaft ihrer Nationen. Die Hand, die Obama anbot, wollte Rohani nicht schütteln. Zu kompliziert, zu kurz anberaumt: Man kennt die Teheraner Begründung.

Der Schatten der Mullahs

Tatsächlich aber ziert sich Rohani aus demselben Grund vor einer allzu schnellen Öffnung gegenüber dem Amerikaner, wie es Khatami getan hat: Das freundliche Gesicht, das Rohani dem Westen gegenüber macht, blickt immer wieder sorgenvoll über den Rücken, wo die Mullahs bereits die Messer wetzen.

Diese Ambivalenz wird auch die Gespräche über das iranische Atomprogramm überschatten, die die Außenminister der USA und des Iran heute, Donnerstag, in New York am Rand der UN-Generalversammlung anfangen. Oberflächlich betrachtet sollte es klar sein, was John Kerry und Javad Zarif voneinander wollen.

Die USA verlangen eine wasserdichte Garantie des Iran, keine Atombombe bauen zu wollen. Das ließe sich durch eine internationale Verpflichtung Teherans erreichen, weder Uran bis zu einem atombombentauglichen Grad anzureichern noch auf dem Weg der Wiederaufbereitung Plutonium waffenfähig zu machen.

Diese Verpflichtung müsste von der bedingungslosen Rechenschaft über geheime Arbeiten an Raketen- und sonstigen Waffentechniken, die zum Abschuss von Atomsprengkörpern taugen, begleitet werden. Der Iran leugnet zwar, jemals an solchen Technologien gearbeitet zu haben. Westliche Geheimdienste haben aber hieb- und stichfeste Hinweise darauf gesammelt, dass es so ein Atomwaffenprogramm zumindest im Jahr 2003 noch gegeben hat. Auch die stets mit viel Pomp und Trara präsentierten Abschüsse neuer iranischer Mittel- und Langstreckenraketen tragen nicht dazu bei, den Verdacht gegen Teheran zu entkräften. All diese iranischen Zusagen müssten von Inspektoren umfassend und mit freier Hand überprüft werden können, in Einklang mit dem Atomwaffensperrvertrag und diversen Entschließungen des UN-Sicherheitsrates.

Zarif wiederum wird von den Amerikanern verlangen, dass sie im Gegenzug für diese Versicherungen jeglichen Ideen von einem gewalttätigen Regimesturz in Teheran abschwören und die Wirtschaftssanktionen ganz aufheben oder zumindest wesentlich lockern. Zudem verlangt der Iran, dass sein Recht auf die zivile Nutzung der Kernkraft unmissverständlich anerkannt wird. Das betonte Präsident Rohani bei seiner UNO-Rede am Dienstag. Der Iran „stellt absolut keine Gefahr für den Frieden in der Welt oder in der Region dar“, sagte er. „In seinen Idealen und seiner Praxis ist mein Land ein Vorreiter des Friedens.“

Rohanis trübe Vergangenheit

Doch die Amerikaner wissen nur zu gut, dass Rohani vor einem Jahrzehnt Chefverhandler seiner Regierung in Fragen des Atomprogramms war. Damals prahlte er damit, die Verschärfung der US-Sanktionen abgewehrt zu haben, ohne seinerseits allzu große Zugeständnisse bei der Uran-Anreicherung oder der Zulassung internationaler Kontrolleure gemacht zu haben.

Die Iraner indes glauben den Worten Obamas, wonach die USA keinen Regimewechsel anstrebe, nicht wirklich. Denn im Abgeordnetenhaus liegt ein Gesetzesentwurf, der die Iran-Sanktionen noch verschärfen würde. Kongressabgeordneter reden unverblümt davon, die Mullahs in Teheran mit Gewalt loswerden zu wollen.

ZUR SACHE

Die Außenminister der USA und des Iran beginnen heute, Donnerstag, in New York Verhandlungen über das iranische Atomprogramm. Die Positionen sind altbekannt und klar: Washington will eine verbindliche und prüfbare Zusage, dass der Iran keine Atomwaffen baut. Teheran wiederum fordert das klare Versprechen Washingtons, keinen Regimewechsel von außen befördern zu wollen, sowie die Anerkennung seines Rechts auf die friedliche Nutzung der Kernenergie. Gegenseitiges Misstrauen trübt diese Gespräche.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2013)

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