Die SPD ringt mit lauter schlechten Optionen.
Sigmar Gabriel, vor Jahren als „Siggy Pop“ verunglimpft, hat bisher erstaunliches Geschick bewiesen, das Brodeln innerhalb der Sozialdemokraten nicht überkochen zu lassen. Der zuweilen sprunghafte SPD-Chef gestand der Basis den Willen einer Mitgliederbefragung zu – einen basisdemokratischen Prozess, der die Bildung einer Koalition in Berlin entscheidend komplizieren wird. Er dämpfte so den Unmut in der roten Bastion Nordrhein-Westfalen und ihrer Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Insider hatten ja bereits eine „Kraftprobe“ mit der neuen starken Frau der SPD herbeigeredet.
Um die Zustimmung für ein Bündnis mit der Union zu erlangen, muss der Ex-Umweltminister programmatisch wie personell maximale Positionen durchboxen. Dazu gehört die Einführung eines Mindestlohns oder der Anspruch auf das mächtige Finanzministerium. Als Wahlverlierer hat die SPD schon 2005 die Koalitionsverhandlungen gewonnen und der Großen Koalition den Stempel aufgedrückt. Ob sich Angela Merkel aber nochmals wird über den Tisch ziehen lassen?
Für die SPD stellt sich die Wahl zwischen Pest und Cholera. Überlässt sie den Grünen das Feld – wie dies viele urgieren –, verbaut sie sich mittelfristig den Weg an die Macht. Geht sie neuerlich eine Große Koalition ein, könnte sie am Ende noch schwächer dastehen als 2009. Und einen vorzeitigen Absprung, den fliegenden Wechsel zu Rot-Rot-Grün mit hauchdünner Mehrheit, würden ihr die Wähler verübeln.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2013)