Italiens Regierung droht der Kollaps: Die Minister der Mitte-rechts-Partei PdL sind zurückgetreten, Premier Letta will am Dienstag die Vertrauensfrage stellen.
Die italienische Regierungskoalition ist am Ende. Die fünf Minister der Mitte-rechts-Partei "Volk der Freiheit" (PdL) um Ex-Premier Silvio Berlusconi haben ihren Austritt aus dem Kabinett von Regierungschef Enrico Letta angekündigt. Dies bestätigte PdL-Chef Angelino Alfano am Samstag, der Vizepremier und Innenminister im Kabinett ist. Damit verliert Letta die Hoffnungen, seine angeschlagene Koalition zu retten. „Die Bedingungen für unseren Verbleib in der Regierung sind nicht mehr vorhanden", heißt es in einem gemeinsamen Schreiben von Innenminister Angelino Alfano, Landwirtschaftsministerin Nunzia De Girolamo, Gesundheitsministerin Beatrice Lorenzin, Verkehrsminister Maurizio Lupi und Reformenminister Gaetano Quagliariello.
Der Premier will sich am kommenden Dienstag einer Vertrauensabstimmung im Parlament unterziehen.
Der italienische Präsident Giorgio Napolitano hatte zuvor die zerstrittenen Koalitionspartner zur Geschlossenheit aufgerufen. Das Land benötige eine stabile Regierung, aber keine Neuwahlen, sagte Napolitano am Samstag.
Krise durch Berlusconis Verurteilung
Hintergrund der Rücktrittsankündigung ist der Streit um den rechtskräftig wegen Steuerbetrugs verurteilten ehemaligen Regierungschef Berlusconi, der möglicherweise dem Ausschluss aus dem Parlament droht. Zahlreiche Parlamentarier von Berlusconis PdL hatten deswegen zuletzt mit ihrem Rücktritt und damit mit dem Bruch der Regierungskoalition gedroht.
Der Immunitätsausschuss des Senats muss am kommenden Freitag in zweiter Abstimmung entscheiden, ob Berlusconi trotz seiner Verurteilung wegen Steuerbetrugs seinen Sitz in der zweiten Parlamentskammer behalten kann. In einer ersten Abstimmung hatte der Ausschuss dies mehrheitlich abgelehnt.
Letta hatte beschlossen, jede Regierungsentscheidung zu stoppen, sogar zu Steuern oder Wirtschaftsfragen, solange die politische Lage in der Koalition nicht geklärt sei.Berlusconi nannte das "Erpressung".
Durch Lettas Haltung platzte eine geplante Verschiebung der Erhöhung der Mehrwertsteuer IVA auf den kommenden Jänner. Die Mehrwertsteuer wird daher am kommenden Dienstag um einen Prozentpunkt auf 22 Prozent steigen.
Neuwahlen möglich
Guglielmo Epifani, Chef von Lettas Demokratischer Partei (PD) nannte den Rücktritt der fünf Minister den letzten Akt vor dem Kollaps. Er warnte vor Neuwahlen, die nach dem bestehenden Wahlsystem stattfinden und Italien weiterhin politische Instabilität bescheren würde. Er warf Berlusconi „Verantwortungslosigkeit" vor
Die letzten Parlamentswahlen hatten erst im Februar 2013 stattgefunden.
(APA)