Hockey-WM in Minsk: Repression befürchtet

Weißrussischer Menschenrechtler warnt vor präventiven Verhaftungen rund um Sportevent.

Die vielen Nullen dürften bei den Eishockeyfans noch für einige Verwirrung sorgen. Durchschnittlich 14 Millionen weißrussische Rubel kostet ein Ticket für ein Match in der Minsk-Arena bei der Eishockey-Weltmeisterschaft. Umgerechnet in Euro macht das zwar weniger Nullen, aber noch immer einen stolzen Preis von 1100 Euro. Seit Ende September sind Tickets für die Eishockey-WM, die vom 9. bis 25.Mai 2014 in Minsk stattfinden wird, im Verkauf erhältlich.

In der weißrussischen Hauptstadt hat die Hockeysaison schon längst begonnen: In vielen Geschäften werden Merchandising-Artikel angeboten, Plakate auf den Straßen stimmen die Bürger auf das Großereignis ein, und neue Hotels und Stadien werden im Eiltempo errichtet. Für die Zeit der WM will Minsk die visafreie Einreise erlauben – vorausgesetzt, der Besucher kann ein Eintrittsticket vorweisen.

Eishockey ist nicht irgendein Sport in Weißrussland: Der seit 1994 herrschende Autokrat Alexander Lukaschenko, dem der Westen die Missachtung vieler Freiheitsrechte und die Inhaftierung politischer Gegner vorwirft, ist selbst ein begeisterter Spieler. Der Hockeysport kann sich der staatlichen Förderung sicher sein. Das Land soll bis zum Beginn der WM mit 50 Hockeystadien ausgestattet sein.

Seine Festspiele will sich Lukaschenko nicht verderben lassen, selbst wenn es auf der Tribüne um ihn herum einsam werden sollte. Derzeit üben verschiedene Initiativen Druck auf die Internationale Eishockey-Föderation aus, das Event zu verlegen.


Staatsausgaben intransparent. Zu einem Boykott der WM ruft Harry Pahaniaila, Rechtsexperte des Weißrussischen Helsinki-Komitees, nicht auf. Er selbst, obwohl Hockeyfan, werde jedoch keine Tickets kaufen. Die Wahl seines Landes zum Austragungsort begrüßt er nicht: „In antidemokratischen Ländern wie dem unsrigen sollte ein Wettbewerb dieser Größenordnung nicht stattfinden, da man das als Förderung des diktatorischen Regimes beurteilt.“ Pahaniaila ist überzeugt, dass das Turnier „nicht ohne ernsthafte Verletzungen der Menschenrechte“ durchgeführt werden wird. Er befürchtet präventive Verhaftungen Dutzender Aktivisten und die Aussetzung der Versammlungsfreiheit. „Unsere despotische Regierung ist nicht dazu bereit, die Großveranstaltung in einem offenen Sinne ablaufen zu lassen.“

Ein weiterer Aspekt beunruhigt den Menschenrechtler: Die Kosten des Events sind Verschlusssache. Korruption werde dadurch begünstigt. Pahaniaila: „In Weißrussland gibt es keine Institutionen, die die Ausgaben des Staates kontrollieren könnten.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2013)

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