Die SPD ringt in den Sondierungsgesprächen hart um Trophäen. Eine letzte Chance gibt es für die Grünen.
Berlin. Das zweite Sondierungsgespräch zwischen Union und SPD ging am Montag erst um Mitternacht zu Ende – und es lief deutlich zäher als erwartet. Auch acht Stunden intensiver, teilweise heftiger Meinungsaustausch brachten nur wenig Annäherung. Vor allem von ihrer Kernforderung, dem gesetzlichen Mindestlohn, wichen die Sozialdemokraten keinen Millimeter ab: Er müsse einheitlich für alle Branchen und Regionen auf 8,50 Euro fixiert werden.
Das will die strahlende Wahlsiegerin CDU/CSU nicht akzeptieren, ebenso wenig wie Steuererhöhungen zur Finanzierung von Investitionen. Nur in Sachen Eurokrise und Energiepolitik herrscht weitgehende Einigkeit. Das mühsame Ringen hat allgemein überrascht. Da im Vorfeld beide Seiten Kompromisse andeuteten, standen die Signale schon klar auf Große Koalition. Offenbar setzt die SPD-Spitze nun aber auf „Trophäen“, also ein Einknicken der Union bei zumindest einem großen Streitthema, damit sie beim Parteikonvent am Samstag ihre Basis zu Koalitionsgesprächen überreden kann.
Damit stiegen wieder leicht die Chancen für Schwarz-Grün. Am Dienstagabend fand das zweite Sondierungsgespräch mit den Grünen statt. Nun müssen sich die Nebel lichten: Für Donnerstag haben sich alle Verhandler Zeit für eine dritte Runde freigehalten. Wer hier noch mitredet, dürfte der künftige Koalitionspartner sein.
Roth sticht Künast aus
Eine andere Entscheidung ist gefallen: Renate Künast zog am Dienstag ihre Kandidatur für das Amt der grünen Bundestagsvizepräsidentin zurück und machte den Weg für Claudia Roth frei. Sowohl die Fraktionschefin als auch die Parteivorsitzende waren nach der Wahlniederlage zurückgetreten und hatten sich um den gut dotierten Prestigejob beworben. (gau)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2013)