Weil der kaufmännischer Direktor Peter Weinhäupl einer umstrittenen Klimt-Stiftung vorsitzt, nimmt Tobias Natter den Hut.
Noch nie ist bei der Verleihung des „Oscarts", des Preises der österreichischen Kunstszene, etwas ähnlich Dramatisches, geschweige denn etwas Dramatisches passiert. Das änderte sich Montagabend schlagartig, als der eben für seine Leistungen ausgezeichnete künstlerische Leiter des Leopold Museums, Tobias Natter, auf offener Bühne seinen Rücktritt erklärte.Grund dafür ist die Doppelfunktion seines kaufmännischen Pendants am Museum, Peter Weinhäupl, der kürzlich die Klimt-Foundation gründete, als deren Vorsitzender er auch auf Lebenszeit fungiert. Im Stiftungsvermögen befinden sich 14 Werke Gustav Klimts aus der Sammlung seines Sohnes Gustav Ucicky (1899-1961). Die Witwe dieses in der NS-Zeit mit Propagandafilmen erfolgreichen Regisseurs hat die Werke eingebracht, deren Wert auf rund 200 Millionen Euro geschätzt wird. Neben Weinhäupl sitzen noch dessen Lebensgefährtin Sandra Tretter sowie sein Bruder im Vorstand. Stiftungsanwalt Andreas Nödl ist auch Mitglied im Vorstand der Leopold Museum Privatstiftung.
Diese hat die Doppelfunktion Weinhäupls nun abgesegnet, so Natter, es sei keine Inkompatibilität zu erkennen. Er selbst sehe dagegen sehr wohl „mögliche Interessenskonflikte und eine Unvereinbarkeit". Daher ziehe er die Konsequenzen und verlasse das Museum.
Stiftungszwecke ähneln sich
Mit ihrer Gründung Ende September sorgte die Klimt-Stiftung („Gustav Klimt/Wien 1900 Foundation") für Irritationen in der Kunstwelt. Eine seltsame Optik wurde konstatiert, nicht nur von Natter, auch von Belvedere-Direktorin Agnes Husslein. Seltsam war auch, dass sowohl die Familie Leopold als auch das Museums-Team erst durch die Medien von der Stiftung ihres kaufmännischen Direktors erfuhren, deren Stiftungszwecke sich teils fast wortwörtlich gleichen: Beide wollen die Bedeutung der Kunst in Wien um 1900 darstellen. Beide treten als wesentliche Leihgeber für internationale Ausstellungsprojekte auf. Mit Natter verliert das Leopold Museum einen der führenden Experten für Klimt und Wien um 1900 weltweit. Der 1961 geborene Vorarlberger war Chefkurator im Belvedere, leitete das Vorarlberger Landesmuseum und trat 2011 die Nachfolge Rudolf Leopolds als künstlerischer Leiter des Sammlermuseums an. (sp)
Das Leopold-Museum wurde 2001 im Wiener Museumsquartier eröffnet, es zeigt die Sammlung von Rudolf Leopold und seiner Frau Elisabeth.
Tobias G. Natter wurde 2011 zum museologischen Direktor gewählt. Natter, geboren 1961 in Dornbirn, studierter Kunsthistoriker und international anerkannter Experte für Wiener Kunst um 1900, leitete davor das Vorarlberger Landesmuseum in Bregenz.