Der Kurznachrichtendienst Twitter hat am Donnerstag einen fulminanten Börsengang hingelegt. Doch wie lange wird der Kursanstieg noch weitergehen? Einige warnen vor einer Blase.
New York/Wien. „Puh!“ Das kam Goldman-Sachs-Banker Anthony Noto über die Lippen, kurz nachdem die Aktien des Kurznachrichtendienstes Twitters am Donnerstag in den Handel gingen.
Die Papiere verteuerten sich am Tag des Börsendebüts um fast hundert Prozent. Zum Börsenschluss blieb aber ein Plus von „nur“ 70 Prozent übrig. Am gestrigen Freitag ging das Papier dann erneut mit einem Kursanstieg in den Handel. Doch wer tags zuvor auf dem höchsten Punkt eingestiegen war, musste Verluste in Kauf nehmen.
Zwar zeigten sich Banken und Management mit dem Börsengang durchaus zufrieden. Doch die Herren in der Chefetage erwarten auch, dass der Kurs eher fallen als steigen wird. Sie rechnen mit einem Preis 30 Dollar je Aktie, wie eine mit der Angelegenheit vertraute Person berichtet. Und das in den kommenden drei Wochen.
Auch die Analysten von Cantor Fitzgerald sehen das Kursziel nur bei 32 Dollar. Damit liegt es weit unter dem aktuellen Börsenpreis. Bei Pivotal Reserach hat man das Papier sogar zum Verkauf eingestuft. Für den zuständigen Analysten Brian Wieser seien 45 Dollar für einen Twitter-Anteilsschein erst dann gerechtfertigt, wenn es das Unternehmen schafft, seinen Jahresumsatz bis 2018 auf mehr als sechs Mrd. Dollar zu steigern. Das scheint zwar durchaus möglich, ob es gelingen wird, ist allerdings eine andere Frage. Das Zwölf-Monats-Kursziel der von Bloomberg befragten Analysten wird bei rund 39 Dollar gesehen.
Twitter schreibt Verluste
Dass die Aktien von Twitter am ersten Tag stark ansteigen werden, dürfte vielen Investoren klar gewesen sein. Immerhin hat die Nachfrage nach dem Papier das Angebot um das 30-Fache übertroffen. Mit ein Grund für das rege Interesse dürfte auch der mit Absicht niedrig gehaltene Kurs von 26 Dollar gewesen sein. Twitter wollte damit die Aufmerksamkeit der Anleger auf sich ziehen – und vor allem kein Börsendebakel erleiden. Das eher holprige Debüt des sozialen Netzwerks Facebook vor rund eineinhalb Jahren war dem Management wohl noch im Hinterkopf. Nicht nur, dass es damals zu technischen Pannen kam (weswegen sich Twitter wohl für die New Yorker Börse und nicht für die Nasdaq entschied). Auch wollte man in den Tagen nach Handelsbeginn keine fallenden Kurse sehen.
Doch während das soziale Netzwerk Facebook zum Zeitpunkt seines Börsegangs schon Gewinne schrieb, ist Twitter davon noch ein Stück weit entfernt. In den ersten drei Quartal lag der Verlust des Unternehmens bei 134 Mio. Dollar. Allein im abgelaufenen Quartal fiel ein Minus von 65 Mio. Dollar an. Zwar hat Twitter rund 230 Millionen Nutzer. Doch diese zu Geld zu machen, hat bisher noch nicht funktioniert. Ein Problem ist auch, dass bei Twitter zwar viele ein Konto haben, es allerdings nicht täglich nutzen. Finanzexperte Steve Ratter spricht daher schon von einer Technologieblase. Denn der Kurs von rund 45 Dollar würde einem Vielfachen des Umsatzes entsprechen. (ag./nst)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2013)