Deutschland: Raubkunstgesetz als Vorbild

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Die Erben des jüdischen Kunsthändlers Alfred Flechtheim fordern ein Restitutionsgesetz nach österreichischem Modell.

Die Erben des jüdischen Kunsthändlers Alfred Flechtheim (1878–1937) fordern für Deutschland ein Bundesgesetz zur Rückgabe von NS-Raubkunst. Als Vorbild nannten ihre Anwälte Österreichs Kunstrückgabegesetz, das 1998 beschlossen und mehrfach adjustiert wurde. Es sieht u.a. vor, dass Objekte, die während der NS-Zeit in Österreich konfisziert wurden und sich in den Bundesmuseen befinden, an die ursprünglichen Besitzer bzw. deren Erben zurückgegeben werden. Das Besondere ist, dass rechtliche Grundprinzipien wie Verjährung oder der Erwerb in gutem Glauben hier nicht gelten.

Über die Rückgabe entscheidet ein Beirat. Dienstagabend wurde im Bildungsministerium im Beisein von Ministerin Claudia Schmied Bilanz gezogen über 15 Jahre Kunstrückgabe, Referenten waren u.a. der Vorsitzende des österreichischen Rückgabe-Beirates, Clemens Jabloner, Präsident des Verwaltungsgerichtshofes, und Douglas Davidson vom US-Außenministerium, (Abteilung: Special Envoy for Holocaust Issues). Die sogenannte Washingtoner Erklärung, die von 44Staaten unterzeichnet wurde, war 1998 die Basis für das österreichische Kunstrestitutionsgesetz, die Übereinkunft formuliert Grundsätze des Umgangs mit Raubkunst in der Zeit des Zweiten Weltkrieges, die vorwiegend aus Sammlungen vertriebener und ermordeter Juden stammte. Das österreichische Kunstrückgabegesetz blieb allerdings eine Ausnahme. Die Weigerung Cornelius Gurlitts, Bilder aus dem Münchner Kunstfund zurückzugeben, sei „eine schmerzhafte Nachricht für die noch lebenden Opfer des Nationalsozialismus und ihre Nachkommen“, so die Erben Flechtheims am Dienstag. Die Aussichten, Werke zurückzubekommen, seien bei der derzeitigen deutschen Rechtslage verschwindend gering.

Staatsanwalt retourniert Gurlitt Bilder

Die Staatsanwaltschaft Augsburg will Gurlitt zahlreiche Bilder so schnell wie möglich zurückgeben. Dabei gehe es um Kunstwerke, die nicht im Verdacht stehen, „NS-Raubkunst zu sein und zweifelsfrei im Eigentum des Beschuldigten stehen“. Diese sollen Gurlitt unverzüglich zur Rücknahme angeboten werden, teilte der Leitende Oberstaatsanwalt, Reinhard Nemetz, am Dienstag mit. Der Staatsanwalt forderte die eingesetzte Taskforce – die die Herkunft der Bilder ermitteln soll – auf, ihm „entsprechende Informationen“ zukommen zu lassen. Nach bisherigen Erkenntnissen müssen rund 970 der etwa 1.400 gefundenen Werke von Experten überprüft werden. Mehr als 400 Bilder gehören dem Kunsthändlersohn Gurlitt nach bisherigen Kenntnissen zu Recht. (ag./bp)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2013)

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