Warschau: Minikonsens rettete UN-Klimagipfel

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Die Verhandlungen in Warschau wären fast gescheitert. Schließlich einigten sich die 200 Delegierten lediglich auf einen Fahrplan für eine umfassende CO2-Reduktion ab 2020.

Warschau. Am Ende atmeten alle übernächtig und übermüdet auf. Auf dem UN-Klimagipfel in Warschau konnte ein völliges Scheitern am Samstagabend in allerletzter Minute abgewendet werden. Den Delegationen aus fast 200 Staaten ist es in stundenlangen Sitzungen gelungen, die Bremser China und Indien dazu zu bewegen, dass künftig alle Länder – und nicht nur die Industriestaaten, wie im alten Kyoto-Protokoll – danach trachten müssen, ihre Kohlendioxidemissionen zu senken.

Im Gegenzug haben sich die Industriestaaten inklusive der lange bremsenden USA auf einen Mechanismus geeinigt, der sicherstellen soll, dass bis 2020 die bereits versprochenen 100 Milliarden Dollar für einen Hilfsfonds zugunsten der Schwellenländer bereitstehen.

Vor allem aber wurde ein Fahrplan für die neue Weltklimakonvention, die 2015 in Paris unterschrieben werden soll, festgelegt. Damit sollen die Kohlendioxidemission weltweit ab 2020 erstmals wieder sinken. Ziel ist es, die Klimaerwärmung auf zwei Grad Celsius zu begrenzen. Der gegenwärtige Trend liegt bei fast vier Grad, was die Überflutung mehrerer kleiner Inselstaaten und vieler tiefer liegender Gegenden zur Folge hätte.

Der Gipfel in Warschau war erneut geprägt vom Streit der Industrie- und Schwellenländer über die historische Verantwortung für den Treibhauseffekt und die daraus resultierenden Transferzahlungen an ärmere Länder, deren Industrialisierung später begonnen hat. Dabei sah es lange nach einem Scheitern aus. Am nominell letzten Verhandlungstag, dem Freitag, wurden immer wieder bereits geschlossene Dossiers neu geöffnet. Die polnische Verhandlungsführung war offensichtlich überfordert.

Es ging ums Geld

„Für uns war es ein langer Prozess, aber heute wissen wir, dass wir alle Energie sparen müssen“, erzählt Washington Zhakata im Gespräch mit der „Presse“ im Plenarsaal der Abschlussversammlung. Die meisten Sessel sind noch unbesetzt; man wartet gespannt auf das Ergebnis der letzten Fachverhandlungen. Dort geht es vor allem ums Geld. „Auch Zimbabwe muss seinen eigenen, noch geringen Kohlendioxidausstoß drosseln“, sagt der Klimabeauftragte des südafrikanischen Landes im Gespräch zwischen gähnenden Klimaexperten aus Polen und Algerien. Für den noch in der Sowjetunion ausgebildeten Zhakata ist es keine Frage, dass die nördlichen Industrienationen den Schwellenländern dabei finanziell beistehen müssen.

„Das Wichtigste aber ist, dass wir hier ein Abkommen erreichen“, sagt Zhakata. Einen halben Tag später war es schließlich so weit. In dem Kompromiss scheinen sich die Industrieländer durchgesetzt zu haben, denn einstweilen verzichtet man auf einen Fonds, der durch die Erderwärmung verursachte „Verluste und Schäden“ ausgleichen soll. Die Schwellenländer, allen voran Indien und China, konnten dafür durchsetzen, dass alle Staaten nicht mehr „Verpflichtungen“ eingehen müssen, sondern nur noch „Beiträge“ zur CO2-Reduktion leisten müssen. Die Wörter wurden in letzter Minute in der Schlusserklärung ausgetauscht.

Umweltverbände kritisierten, das Dokument sei zu diffus; vor allem sei die Frage vertagt worden, wie verbindlich die Zusagen seien und bis wann sie erfolgen müssten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.11.2013)

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