Iran: Lob und Kritik nach Durchbruch im Atomstreit

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SWITZERLAND IRAN NUCLEAR TALKSAPA/EPA/ERIC BRIDIERS / US DEPAR
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US-Präsident Barack Obama verteidigt das Abkommen mit dem Iran - und stellt sich hinter Israel. Israel kündigt neue Wohnungen im Westjordanland an.

Nach dem Durchbruch im Atomstreit mit dem Iran werben die USA bei ihrem Verbündeten Israel um Zustimmung. US-Präsident Barack Obama ist darum bemüht, Ministerpräsident Benjamin Netanjahu von der Vereinbarung zu überzeugen. Netanjahu hatte das am Wochenende nach jahrelangem Streit zwischen dem Iran und den Weltmächten erzielte Zwischenabkommen als "historischen Fehler" bezeichnet.

An den Börsen dagegen sorgte die Einigung für Auftrieb. Denn die Lockerung von Sanktionen im Gegenzug für eine teilweise Aussetzung des Atomprogramms öffnet Unternehmen eine Tür für neue Geschäfte. "Der Iran ist wirtschaftlich ein schlafender Riese", sagte Volker Treier vom DIHK im Reuters-Interview. Der Ölpreis gab zudem deutlich nach, was die Aktienbörsen gleichfalls beflügelte.

Obama telefonierte am späten Sonntagabend mit Netanjahu, der nun rasch seinen nationalen Sicherheitsberater zu Gesprächen in die USA schicken will. Der US-Präsident räumte ein, Israel habe gute Gründe, skeptisch zu sein. Das Abkommen verringere aber die Bedrohung Israels durch den Iran. Netanjahu ist vom Gegenteil überzeugt. Sein Land sieht sich durch das iranische Atom-Programm besonders bedroht. Er kündigte an, sein Sicherheitsberater Jossi Cohen werde mit der US-Regierung über das endgültige Abkommen mit dem Iran beraten. "Dieses Abkommen muss ein Ergebnis haben: das Ende der iranischen Fähigkeit zum Bau von Atomwaffen." Unterdessen hat Israel auch 800 neue Wohnungen im Westjordanland angekündigt. Der Berater von Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas, Nabil Abu Rdeineh, kritisierte die Pläne als eine auf Eskalation ausgerichtete Politik. Sie würden den Friedensprozess hemmen.

Denn selbst Saudi-Arabien, der ärgste regionale Rivale des Iran, äußerte sich zuversichtlich, dass das vorläufige Abkommen ein Schritt hin zu einer umfassenden Lösung sein könne. Voraussetzung sei allerdings, dass der Iran guten Willens sei.

Iran bereit für weitere Gespräche

Irans Außenminister und Chefunterhändler Mohammed Dschawad Sarif kündigt an, sein Land werde in den kommenden Wochen damit beginnen, die Übereinkunft umzusetzen. Bis zum Jahresende werde die erste Phase des Programms angegangen, sagte Sarif am Sonntag im staatlichen Fernsehen. Der Iran sei zudem bereit, die Beratungen über ein endgültiges Abkommen aufzunehmen.

Die fünf UN-Vetostaaten USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich sowie Deutschland hatten sich in Genf mit der Islamischen Republik auf ein Übergangsabkommen verständigt. Darin erklärt sich der Iran bereit, Teile seines Atomprogramms auszusetzen und intensivere Kontrollen der Vereinten Nationen zuzulassen. Die für den Bau von Atomwaffen kritische Uran-Anreicherung wird gestoppt - der Iran muss sie für die geplante zivile Nutzung bei fünf Prozent deckeln und höher angereicherten Nuklearbrennstoff vernichten. Im Gegenzug werden einige Sanktionen gelockert, die das Land wirtschaftlich in die Knie gezwungen haben. Der Westen verdächtigt den Iran, heimlich Atomwaffen zu entwickeln, was das Land bestreitet.

Handel über sieben Milliarden Dollar

Zugesagt wurde dem Iran die schrittweise Freigabe von gesperrten Geldern aus Ölverkäufen. Dies dürfte dem wirtschaftlich angeschlagenen Land rund 4,2 Milliarden Dollar einbringen. Zudem wird der Handel unter anderem mit Erdölprodukten und Edelmetallen teilweise wieder ermöglicht. Insgesamt werde von den Verhandlungspartnern die Aussetzung der Sanktionen auf rund sieben Milliarden Dollar Gegenwert geschätzt, teilte das Auswärtige Amt in Berlin mit.

(Reuters/APA/dpa/AFP)

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