G20

Ukraine wirft Lawrow Kriegsverherrlichung auf G20-Gipfel vor

Sergej Lawrow beim G-20-Gipfel in Neu-Delhi.
Sergej Lawrow beim G-20-Gipfel in Neu-Delhi.via REUTERS
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Der russische Angriffskrieg wird in der Gipfelerklärung nicht ausdrücklich verurteilt wie im Vorjahr. Die Ukraine kritisierte die Abschlusserklärung scharf: „Die G20 hat nichts, worauf sie stolz sein kann“. Die USA verteidigen die Erklärung.

Die Ukraine hat dem russischen Außenminister Sergej Lawrow beim G20-Gipfel der führenden und aufstrebenden Wirtschaftsmächte Kriegspropaganda vorgeworfen. Nachdem Kremlchef Wladimir Putin nicht zum Treffen ins indische Neu Delhi gereist sei, rechtfertige und fördere Lawrow dort die Invasion, beklagte Mychajlo Podoljak, Berater im ukrainischen Präsidentenbüro, im Fernsehsender Freedom.

„Er ist ein Promoter des Krieges in der Ukraine“, so Podoljak. Es brauche mehr internationale Haftbefehle wegen Kriegsverbrechen wie gegen Putin, um solche Auftritte von „Subjekten wie Lawrow“ zu verhindern.

Der russische Angriffskrieg wird in der Gipfelerklärung nicht mehr - wie noch im Vorjahr - ausdrücklich verurteilt. Stattdessen wird nur noch auf entsprechende Resolutionen der Vereinten Nationen verwiesen - und allgemein auf die territoriale Integrität von Staaten, also die Unverletzlichkeit von Grenzen.

Diplomaten werteten die Kompromissformulierungen als kleinsten gemeinsamen Nenner - damit wurde aber ein Scheitern des Gipfels verhindert.

„Die G20 hat nichts, worauf sie stolz sein kann“

Die Ukraine kritisierte die Abschlusserklärung scharf. „Die G20 hat nichts, worauf sie stolz sein kann“, teilte der Sprecher des Außenministeriums in Kiew, Oleh Nikolenko, am Samstag in dem sozialen Netzwerk X (vormals Twitter) mit.

Die US-Regierung hat die Abschlusserklärung verteidigt. Die Erklärung sei „ein großer Schritt nach vorn“ etwa mit Blick auf die Souveränität und territoriale Integrität von Staaten, sagte der stellvertretende nationale Sicherheitsberater der USA, Jon Finer, am Sonntag. Die Erklärung zeige, dass die großen Volkswirtschaften, „darunter übrigens auch Brasilien, Indien und Südafrika, sich einig sind, dass das Völkerrecht gewahrt werden muss und dass Russland das Völkerrecht respektieren muss“. Die Erklärung baue auf UN-Resolutionen und der Abschlusserklärung aus dem vergangenen Jahr auf, um die Botschaft zu senden, dass Russland von der Anwendung von Gewalt zum Erwerb von Territorien absehen müsse.

Er veröffentlichte rot markierte Korrekturen in dem Dokument, wie sie aus Sicht der Ukraine aussehen sollten. So sollte laut Nikolenko nicht von einem „Krieg in der Ukraine“ die Rede sein, sondern klar von „Russlands Aggressionskrieg gegen die Ukraine“. Zudem hätten die G20-Staaten den Krieg einhellig verurteilen und Moskau aufrufen müssen, die Invasion umgehend zu beenden.

Die Ukraine war von Indien nicht eingeladen worden. Im vergangenen Jahr hatte Präsident Wolodymyr Selenskij noch per Video von Kiew aus die Tagesordnung auf der Ferieninsel geprägt.

Russische Seite ist zufrieden

In Neu Delhi zeigte sich die russische Seite zufrieden mit der Erklärung des Gipfels. Besonders wichtig dürfte für Moskau sein, dass in dem Text auch auf russische Forderungen nach einer Lockerung der westlichen Sanktionen eingegangen wird. So heißt es dort, man rufe dazu auf, die „unverzügliche und ungehinderte Lieferung von Getreide, Lebensmitteln und Düngemitteln/Zusätzen von der Russischen Föderation und der Ukraine“ zu gewährleisten. Dies sei notwendig, um den Bedarf in Entwicklungsländern, besonders denen in Afrika zu befriedigen. Der russische Machthaber Wladimir Putin, der sich in Neu-Delhi von seinem Außenminister Sergej Lawrow vertreten ließ, hatte zuletzt unter Verweis auf westliche Sanktionen gegen sein Land ein Abkommen für den Transport von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer aufgekündigt. Er argumentiert, dass die Strafmaßnahmen auch den Transport russischer Nahrungs- und Düngemittel in andere Teile der Welt behindern. 

Unterhändlerin Swetlana Lukasch sprach von einem „ausgewogenen“ Ergebnis. Die führenden Industrie- und Schwellenländer setzen am Sonntag die Beratungen fort. Die Staats- und Regierungschefs besuchten zunächst die Gedenkstätte für den indischen Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi.

Zum Abschluss steht dann die dritte Arbeitssitzung an, die unter dem Motto „One Future“ (deutsch: Eine Zukunft) steht. Dabei geht es um Reformen von Entwicklungsbanken und internationalen Finanzorganisationen. Größere gemeinsame Beschlüsse wird es aller Voraussicht nach nicht mehr geben. Die G20-Runde hatte sich bereits am Samstag auf eine Abschlusserklärung verständigt. (APA/dpa)

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