Gipfel in Indien

G20: Scholz schnitt Lawrow – und zieht positive Bilanz

Deutschlands Finanzminister Christian Lindner und Bundeskanzler Olaf Scholz am Sonntag in New Delhi
Deutschlands Finanzminister Christian Lindner und Bundeskanzler Olaf Scholz am Sonntag in New DelhiReuters / Staff
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Man habe auf dem Gipfel „viele Dinge vorangebracht“, sagte der deutsche Kanzler. Mit dem russischen Außenminister Lawrow wechselte er kein Wort. Dieser wertet den Gipfel aber als diplomatischen „Erfolg“.

Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz hat ein positives Fazit des G20-Gipfels in Indien gezogen. Bei dem Treffen der Staats- und Regierungschefs seien „viele, viele Dinge vorangebracht worden, die wichtig sind für die weitere Entwicklung der Welt“, sagte der SPD-Politiker am Sonntag in Neu-Delhi. Als Beispiel nannte der SPD-Politiker das Thema Klimawandel.

Hier sei die Staatengemeinschaft nicht zurückgefallen, sondern ambitioniert geblieben - mit einer guten Kooperation zwischen den Industrie- und Schwellenländern. Auch zu Fragen der weltweiten Finanzarchitektur seien positive Gespräche geführt worden.

Zudem habe es ein „klares Bekenntnis“ dazu gegeben, dass die territoriale Integrität von Staaten wie der Ukraine außer Frage stehe und Grenzen nicht mit Gewalt verschoben werden sollen. „Ich bin auch sehr froh darüber, dass erneut noch einmal sehr klare Bekenntnis gegen den Einsatz von Nuklearwaffen hier zum Ausdruck gebracht worden ist“, sagte Scholz. „Und das, finde ich, sind gute Ergebnisse.“

Kein Handschlag mit Lawrow

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat kein Wort mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow gewechselt. Er gab ihm auch nicht die Hand. Eine entsprechende Frage beantwortete der SPD-Politiker am Samstag bei einer Pressekonferenz in Neu-Delhi mit „nein“. Zum Beitrag Lawrows in der ersten Gipfelsitzung zum Ukraine-Krieg sagte Scholz nur: „Das waren die üblichen Erzählungen. Ich glaube, niemand im Raum hat‘s geglaubt.“

Lawrow vertritt bei dem Gipfel wie schon im vergangenen Jahr auf der indonesischen Insel Bali den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Beim letzten Gipfel war Lawrow vorzeitig abgereist. Diesmal zeigte sich Russland zufrieden mit den Ergebnissen den Gipfels – ganz im Gegensatz zur Ukraine, die Lawrow Kriegsverherrlichung vorwerfen.

Lawrow: Russland habe „Unkrainisierung“ des Gipfels verhindert

Lawrow hat den G20-Gipfel in Indien als diplomatischen „Erfolg“ gewertet. Moskau habe „die Versuche des Westens, die Themensetzung des Gipfels zu ‚ukrainisieren‘“, verhindern können, sagte Lawrow am Sonntag zum Abschluss Treffens in der indischen Hauptstadt Neu Delhi. In der gemeinsamen Abschlusserklärung der Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer werde Russland „überhaupt nicht erwähnt“, betonte der Minister.

Ukraine als Verliererin des Gipfels

Dass die Verhandlungen über das Abschlussdokument in die Nähe des Scheiterns gerieten, lag an einer einzigen Frage: Mit welchen Worten beschreibt man das, was seit dem 24. Februar 2022 in der Ukraine passiert. Das Ergebnis ist ein Formelkompromiss - also eine Einigung, bei der der eigentliche Konflikt ungelöst bleibt und jeder behaupten kann, sich durchgesetzt zu haben. Es wird nur noch auf Resolutionen der Vereinten Nationen zur Verurteilung des Angriffskriegs verwiesen. Außerdem enthält die Erklärung ein Bekenntnis zur „territorialen Integrität“ aller Staaten, also ganz allgemein zur Unverletzbarkeit von Grenzen.

Aus westlicher Sicht kommt das einer Verurteilung der russischen Invasion in die Ukraine durch die Hintertür gleich. Aber auch Russland kann damit leben, weil es die ukrainische Halbinsel Krim und die besetzten Gebiete in der Ostukraine als sein Staatsgebiet betrachtet. Und obendrein kann China damit seinen Anspruch auf Taiwan begründen, das es als Teil der Volksrepublik ansieht.

Mit dem Arrangement hat sich die G20-Gruppe gerade noch einmal über die Runden gerettet. Verliererin ist die von Russland angegriffene Ukraine. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij wurde diesmal nicht per Video zugeschaltet. Anders als im vergangenen Jahr, wo Selenskj auf Bali eine große Bühne geboten wurde, um den Abzug russischer Truppen zu fordern. die Gipfelbilanz des Sprechers des Außenministeriums in Kiew, Oleh Nikolenko, lautet darum auch: „Die G20 hat nichts, worauf sie stolz sein kann“. (APA/dpa)

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