Die vorgeschobene Gesamtschuldebatte

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Die ÖVP-Landeschefs begehren in Bildungsfragen heftiger als je zuvor gegen Parteiobmann Michael Spindelegger auf. So mancher nutzt die Schulfrage vor allem, um seiner Verärgerung über die Regierung Luft zu machen.

Wien. Es sollte nur wenige Wochen dauern, bis sich die neue Bundesregierung in einer Neuauflage der sattsam bekannten Gesamtschuldebatte verzettelt. Den Startschuss gab zwar die rote Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek, die – entgegen dem Koalitionspakt – in ihrem Antrittsinterview ankündigte, die gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen nicht ruhen lassen zu wollen. Mittlerweile ist es aber nicht mehr die SPÖ, die Michael Spindelegger das ungeliebte Thema oktroyiert. Vielmehr sind es die eigenen Landeschefs, die die Linie der ÖVP-Bundespartei nach allen Regeln der Kunst konterkarieren.

Über die Frage, wie mit der Trennung der Schüler im Alter von zehn Jahren umzugehen sei, wurde in der ÖVP immer wieder diskutiert. Bis zuletzt setzten sich die strukturkonservativen Verfechter des Gymnasiums durch. Diesmal könnte die parteiinterne Debatte jedoch spannend werden. Noch selten haben die ÖVP-Befürworter der gemeinsamen Schule so geschlossen und konzertiert agiert wie dieses Mal. Nach den Tirolern und den Vorarlbergern, die die Wiener Parteizentrale mit dem Thema schon länger ärgern, sind vor einiger Zeit auch die Salzburger aufgesprungen. Und, etwas überraschend, nun auch die Steiermark und Wien.

Bleibt die Frage, warum in den Ländern gerade jetzt der bildungspolitische Reformeifer zum Leben erwacht. Hat man doch noch vor Kurzem dem Regierungsprogramm, in dem das Thema bewusst ausgespart blieb, zugestimmt. Die Antwort: Nicht allen Landeschefs geht es wirklich um die Bildung. Die Debatte ist ein Signal der generellen Unzufriedenheit. Damit kann sie zur Machtprobe für Michael Spindelegger werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2014)

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