Eine Klausur, die immerhin den Namen verdient

Ob das Teambuilding gelungen ist, wird sich zeigen. Sonst wurde lediglich das Regierungsprogramm neu interpretiert. Mit einigen doch positiven Ansätzen.

Klausuren von Regierungsparteien hatten in der jüngeren Vergangenheit den Charakter von PR-Veranstaltungen. Am Vormittag zwei Stunden hinter verschlossenen Türen, dann Unterhaltungsprogramm für die Medien. Am Nachmittag noch einmal zwei Stunden interne Gespräche – bevor es zu einem Ausflug im Blitzlichtgewitter beziehungsweise zum gemeinsamen Abendessen mit den Medienvertretern ging, Abhängen an der Bar bis weit nach Mitternacht inklusive.

Dieses Mal hingegen gab es eine Klausur, die diesen Namen auch verdient. Journalisten waren erst am zweiten Tag zur abschließenden Pressekonferenz zugelassen. Fotografen freilich schon früher – womit dem PR-Gedanken doch noch ein wenig Rechnung getragen wurde.

Dennoch hat diese Arbeitsklausur den Sinn der Sache halbwegs erfüllt. Neben dem heutzutage unvermeidlichen, auch in Unternehmen anderer Größe bekannten Teambuilding wurden auch konkrete Vorhaben aus dem Regierungsprogramm näher besprochen. Wobei konkret relativ ist: Das genaue Modell zur Erhöhung der Familienbeihilfe soll dann erst Ende Jänner vorgestellt werden. In Waidhofen an der Ybbs wurden aber immerhin die Eckpunkte fixiert: Die Familienbeihilfe wird mit 1.Juli 2014 um vier Prozent angehoben, in den Jahren 2016 und 2018 um zwei Prozent. Insgesamt kostet die Anhebung 830Millionen Euro bis 2018.

Das ist nicht wenig Geld. Allerdings ist solches schon für weit sinnlosere Dinge ausgegeben worden. Zumal die Familienbeihilfe auch seit 2001 nicht mehr valorisiert wurde. Für bestehende Familien ist das also eine Art größerer Tropfen auf dem heißen Stein. Immerhin. Für einen Lenkungseffekt sollte man die Erhöhung aber eher nicht halten. Denn die Familienbeihilfe kriegt keine Kinder. Ein Zusammenhang zwischen höherer finanzieller Förderung für die Familien und einer Erhöhung der Geburtenrate konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Aber die Regierung investiert ja auch in den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen. Vielleicht nützt das etwas.

Nahezu uneingeschränkt begrüßen kann man die Ausbildungspflicht bis zum Alter von 18 Jahren. Wenn der Staat – was es grundsätzlich eher zu vermeiden gilt – eine (sanfte) Art Zwang ausübt, dann hat er hier Sinn. Um dem Entstehen einer Lost Generation – Jugendlicher, die ohne Schulausbildung, Lehre, Beruf und Perspektive dastehen – entgegenzuwirken. Diese Ausbildungspflicht gab es zwar schon, allerdings ohne Sanktion. Diese soll künftig 440 Euro betragen (wie beim Schulschwänzen) und vom Erziehungsberechtigten zu tragen sein.

Das kann im Einzelfall natürlich zu Frustration führen, wenn Eltern diese Strafe zahlen müssen, die renitenten Kinder sich aber weiterhin verweigern. Aber der Staat kann auch nicht tatenlos zusehen, wenn sich seine pubertierenden Bürger ins Unglück stürzen. Denn die Kosten dafür trägt letztlich wieder der Staat, sprich der Steuerzahler.

Sonst wird mehr gefördert als gefordert: 350 Millionen Euro werden im Budget des Sozialministeriums umgeschichtet, um etwa über Lohnsubventionen ältere Arbeitnehmer in Beschäftigung zu halten. Und 200 Millionen Euro werden für die exportorientierte Wirtschaft zur Verfügung gestellt, um Kreditklemmen zu überwinden.

Aktive Arbeitsmarktpolitik sozusagen. Kann funktionieren, muss aber nicht. Eine Steuerreform, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer wirklich entlasten und die Wirtschaft ankurbeln würde, wurde in eine Arbeitsgruppe ausgelagert– was meist kein gutes Zeichen ist. Allerdings steht dieser ohnehin das Ziel eines strukturellen Nulldefizits gegenüber. Und beides wird schwer gehen. Es sei denn, man lernt endlich, mit den ohnehin reichlich vorhandenen Steuereinnahmen effizienter umzugehen.

Das allerdings ist nicht so die Philosophie dieser Großen Koalition. Sie begnügt sich mit dem realpolitisch Möglichen: Anpassungen, Absichtserklärungen, eine Förderung für die eine Klientel hier, eine für die andere da. Also dem in einer Großen Koalition realpolitisch Möglichen.

E-Mails an:oliver.pink@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2014)

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