TV-Notiz

„Im Zentrum“, zunehmend irrelevant

„Das Dazwischenschreien nervt mich wirklich“: Andreas Hanger zu Dagmar Belakowitsch.
„Das Dazwischenschreien nervt mich wirklich“: Andreas Hanger zu Dagmar Belakowitsch.
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Warum sieht man so wenige spannende Gäste in der „wichtigsten Diskussionssendung“ des ORF“? Das erste „Im Zentrum“ des Jahres blieb unter der Wahrnehmungsschwelle. 

„Im Zentrum“ ist nach der Sommerpause wieder gestartet, und man kann jedenfalls sagen: Wer die Sendung am gestrigen Sonntag nicht sah, hat nichts verpasst. Wobei das Thema durchaus brisant war: Die anhaltende Teuerung, die Maßnahmen gegen diese und ein erster großer Konflikt, der sich deshalb ankündigt: Die Verhandlungen zu den Kollektivverträgen, die mit den Metallern bald beginnen.

Eine Problematik also, die durchaus ministertauglich gewesen wäre. Zu der wichtige Parteienvertreter interessant gewesen wären. Oder andere, spannende Stimmen. Doch auch, wenn man sich überraschende Gäste durchaus wünschen kann: Wer hätte bei diesem Thema mit Gästen wie dem ÖVP-Abgeordneten Andreas Hanger und seinem ständigen Ruf nach „Optimismus und Zuversicht“ gerechnet? Oder mit Dagmar Belakowitsch, der schrillen stellvertretenden Klubofrau der FPÖ?

Aufgewertet, aber nicht gerettet wurde die Runde von drei weiteren Diskutanten: Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung. Josef Muchitsch, oberster Gewerkschafter Bau-Holz und Sozialsprecher SPÖ. Außerdem Wifo-Chef Gabriel Felbermayr. Der hält, wie er erklärte, eine Rezession im Herbst für möglich und erwartet schon in dieser Woche eine weitere Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank. Was dagegen nicht so schnell passieren soll: Dass der Mietpreisdeckel und andere Regierungsmaßnahmen greifen. In den nächsten Monaten dürfte das noch nicht spürbar sein, glaubt er.

Was bald kommt, sind allerdings die Lohnverhandlungen. Muchitsch verwies auf eine Teuerung von 17,1 Prozent in den letzten 24 Monaten. Man müsse nun hohe Forderungen stellen. Es sei „mehr als wie fair und gerecht“, dass die Beschäftigten einen Ausgleich bekommen. Hanger meinte beschwichtigend, dass es schon in guter alter österreichischer Tradition zu einer Einigung kommen werde. Was Krill allerdings „zu einfach und zu billig“ nannte: „Nein, das wird nicht möglich sein. Denn ich kann völlig nachvollziehen, dass die Arbeitnehmer nicht bereit sind, hier etwas aufzugeben. Umgekehrt kann ich nicht akzeptieren, dass wir als Arbeitgeber die ganze Last schultern müssen.“ Wozu Hanger (freilich) nicht allzu viel zu sagen hatte.

Viel ging es um die Benya-Formel. Basis der Verhandlungen ist eine rollierende Inflation (die zurückliegende Teuerung der vergangenen zwölf Monate) von voraussichtlich 9,6 Prozent. Hier wird sich nicht mehr viel bewegen, wie Felbermayr sagte: „Das Kind ist leider Gottes in den Brunnen gefallen“. Der Zuseher wurde, wenn er genau lauschte, schon etwas klüger. Doch das Gespräch drehte sich nur im Kreis, was zu einem Gutteil an der Besetzung lag. Prototypisch Dagmar Belakowitsch, die immer wieder mit unangenehmer Stimme rief: „Ja, dann macht‘s endlich was!“

Zu den offenen Fragen am Ende der Diskussion kommen weitere: Wie ist es um die Relevanz diese Sendung bestellt, in der spannende Punkte maximal angeschnitten werden? In der die gefühlt immergleichen Gäste in die immergleichen Beschuldigungen oder Erklärungen abgleiten und die Runden dominieren? Warum ist es so schwierig, spannende Gäste für eine Talk-Runde zu finden, die bisher das Label als „wichtigste Diskussionssendung“ des ORF trug?

>> Die Sendung zum Nachschauen

Bei Claudia Reiterer waren zu Gast:

Georg Knill, Präsident Industriellenvereinigung

Josef Muchitsch, Bundesvorsitzender Gewerkschaft Bau-Holz, ÖGB, Sozialsprecher SPÖ

Andreas Hanger, Nationalratsabgeordneter ÖVP

Dagmar Belakowitsch, Stv. Klubobfrau FPÖ

Gabriel Felbermayr, Direktor Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO

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