Deutschland: Das Ende des Trittbrettfahrens

Deutschlands Bundespräsident Gauck mit UN-Generalsekretär Ban
Deutschlands Bundespräsident Gauck mit UN-Generalsekretär BanAPA/EPA/WOLFGANG KUMM / POOL
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Der Bundespräsident appellierte auf der Münchner Sicherheitskonferenz für eine aktivere deutsche Außenpolitik. Dies bedeute aber nicht mehr Alleingänge. Steinmeier und Von der Leyen sekundierten.

Soll sich Deutschland international aktiver engagieren? Seit geraumer Zeit wird über diese Frage leidenschaftlich gestritten. Bundespräsident Joachim Gauck hat den Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz genützt, um in einer wegweisenden Rede eine stärkere Rolle Deutschlands einzumahnen: "Wir müssen bereit sein, mehr zu tun für die Sicherheit, die uns jahrzehntelang von anderen gewährt wurde." Schritt für Schritte werde Deutschland so vom Nutznießer zum Garanten internationaler Sicherheit.

Die bisherige Zurückhaltung sei zwar aufgrund der deutschen Geschichte erklärbar. "Manche benützen aber die historische Schuld und verstecken dahinter ihre Weltabgewandheit. Aus Zurückhaltung kann auch so etwas wie Selbst-Privilegierung entstehen." Es sollte für Deutschland selbstverständlich sein, anderen die Hilfe nicht zu versagen, vor allem wenn es um Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder andere schwere Menschenrechtsverleztungen geht.

"Auch das Unterlassen hat Folgen"

Ein stärkeres Engagment bedeute aber nicht mehr Alleingänge oder mehr Kraftmeierei, machte Gauck deutlich. Gerade angesichts der Probleme einer vernetzten Welt, "die kein Staat alleine lösen kann, und sei er auch noch so mächtig", sei Zusammenarbeit das Gebot der Stunde. Und ein stärkeres Engagment bedeute auch nicht, überall gleich zu intervenieren, aber auch das Nichtstun habe Kosten, so Gaucks Schlussfolgerung:  "Politiker müssen immer verantworten können, was sie tun. Sie müssen aber auch die Folgen dessen tragen, was sie unterlassen, und die sind manchmal sogar gravierender."

Diese Steilvorlage des Bundespräsidenten ließ die Erwartung an die erste Rede Ursula von der Leyens als neue Verteidigungsministerin noch größer werden. Ihr Auftritt war ohnehin mit Spannung erwartet worden, gilt die Ministerin doch als aussichtsreiche Kronprinzessin von Kanzlerin Angela Merkel. Und sie nahm Gaucks Ball auf.

Leyen: "Gleichgültigkeit ist keine Option"

"Wenn wir über Mittel und Fähigkeiten verfügen, haben wir auch die Verantwortung, uns zu engagieren", brachte Von der Leyen ihre Ansichten auf den Punkt: "Gleichgültigkeit ist keine Option." Man müsse ja nicht gleich das ganze militärische Spektrum einsetzen und dürfe sich auch keine kurzfristigen Erfolge erwarten: "Aber wir haben die Verpflichtung und die Verantwortung, unseren Beitrag zur schrittweisen Lösung von Konflikten zu erbringen."

Auch von der Leyen versuchte den Eindruck zu zerstreuen, es seien nun deutsche Alleingänge zu befürchten: "Deutschland ist stark IN Europa, aber es vor allem stark WEGEN Europa und der Nato. Das werden wir niemals vergessen."

Steinmeier: "Zu groß für die Outlinie"

Der dritte im Bunde war dann am Samstag Außenminister Steinmeier, und er hieb in die selbe Kerbe, legte in der Tonlage sogar im Vergleich zu seinen Vorgängern noch nach: „Deutschland muss bereit sein, sich früher, entschiedener und substanzieller einzubringen“, forderte der keineswegs als Interventionist geltende Außenminister und machte seine Forderung in sieben Punkten fest. Deutschland, so Steinmeier, sei schlicht „zu groß, um die Weltpolitik nur von der Outlinie zu kommentieren.“

Was das konkret heißt? Von der Leyen bot ein stärkeres Engagement Deutschlands in Afrika an (Mali, Zentralafrikanische Republik) an, Steinmeier eine größere Beteiligung Berlins bei der Vernichtung der syrischen C-Waffen. Eines ist jedenfalls klar: Die Partner werden Steinmeier und von der Leyen in bälde an die Ansagen erinnern, die sie hier in München gemacht haben.

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