Sarkozy ist retour – mit Merkels Hilfe

Former French President Sarkozy delivers speech in Berlin
Former French President Sarkozy delivers speech in Berlin(c) REUTERS
  • Drucken

Der Ex-Präsident lässt kaum noch Zweifel daran, dass er den Élysée-Palast zurückerobern will. Seine Rückkehr in die Außenpolitik startete er mit Auftritten in Berlin.

Berlin. Ein knappes Jahr hielt es der gestürzte Napoleon auf Elba aus. Nicht viel länger hat Nicolas Sarkozy den vorzeitigen politischen Ruhestand ertragen. Im April 2012 wählten die Franzosen den „hyperaktiven“, hyperehrgeizigen Konservativen als Präsidenten ab. Im vorigen Sommer startete der 59-Jährige seinen Rachefeldzug, erst leise, nun immer lauter. Zwei sehr unterschiedliche Frauen sollen ihm bei seiner triumphalen Rückkehr in den Élysée-Palast behilflich sein: eine Frau der Musik und eine der Macht.

Am Freitag traf sich Sarkozy informell mit Angela Merkel in Berlin. Das Tête-à-Tête im Kanzleramt sollte nostalgische Gefühle an das legendäre europäische Duo „Merkozy“ wecken. Anschließend hielt er eine Rede vor einem Forum der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung – sein erster außenpolitischer Auftritt seit dem Rückzug.

Ein ganzer diplomatischer Besuchsreigen soll nun folgen, in die USA, nach Großbritannien und nach Indien. Thema der Comeback-Ansprache war Europa, ihr Titel: „Wir sind zu unserem Glück vereint.“ Das ließe sich auf die Treue seiner Anhänger münzen – oder auf seine Gattin.

Auf Tournee mit Carla Bruni

In diesen Wochen tingelt Sarkozy mit Carla Bruni durch Frankreich und stiehlt der schönen Chansonnière als Zuhörer auf ihrer Konzerttournee die Show. Überall fliegen ihm die Herzen zu. Mit Dreitagebart und offenem Hemd genießt der aus der Politik Verbannte das Bad in der Menge, lauscht den „Nicolas“-Sprechchören, lässt sich mit Fans ablichten und gibt zahllose Autogramme. In dem durch Flügelkämpfe flügellahmen konservativen Lager ist er längst wieder der Star: Über 60 Prozent wollen, dass er 2017 gegen François Hollande ins Feld zieht.

Es ist ein seltsames Déjà-vu mit umgekehrten Vorzeichen: Vor zwei Jahren wählte eine klare Mehrheit der Franzosen den bescheidenen Sozialisten Hollande, weil ihnen der hektische, ziel- und erfolglose Aktionismus des „Omniprésident“ nur noch auf die Nerven ging. Doch nun sind sie von Hollande bitter enttäuscht. Arbeitslosigkeit, Schulden, Wettbewerbsschwäche: Alles wird immer schlimmer, und der Präsident scheint hilflos und unentschlossen. Seine Reformrede vom Jänner wirkte nur als Strohfeuer. In aktuellen Umfragen fiel er auf nur 19 Prozent Zustimmung. Prompt sehnen sich nun viele Sarkozy zurück, der den Stimmungswandel nutzt.

Wenige glaubten ihm, als er sich gleich nach der Niederlage angeblich endgültig aus der Politik verabschiedete. Die Spekulationen über eine Rückkehr hörten in den Gerüchteküchen der Medien nie auf zu köcheln. Doch ein gutes Jahr lang hielt Sarkozy tatsächlich still, verdiente Geld mit nicht politischen Honorarvorträgen und tüftelte an der Strategie für sein Comeback. Das Schlüsselwort heißt „Postkarten“: sporadische Auftritte, mal hier, mal dort, immer von Kameras begleitet. Einmal gilt es, einen UMP-Veteranen in die Ehrenlegion aufzunehmen, ein andermal, seine frühere Wahlkampfsprecherin und Ministerin Nathalie Kosciusko-Morizet bei ihrer Kandidatur zur Bürgermeisterin von Paris zu unterstützen.

Rivale Copé unter Druck

Dabei lässt Sarkozy keine Gelegenheit aus, spärlich verschlüsselte Botschaften über seine Pläne loszuwerden. „Ihr werdet mich nie vom Schicksal Frankreichs losreißen“, verkündete er voller Pathos im Herbst. An einem Atlantikstrand sinnierte er mit einiger Poesie in die Mikrofone: „Wo das Meer einmal stand, dahin kehrt es auch wieder zurück.“ Doch die sich häufenden Auftritte, drei lange Jahre vor der Wahl, bergen Risken: Der Reiz der überraschenden Rückkehr könnte sich abnutzen, die Franzosen könnten bald wieder genervt sein. Vertraute raten Sarkozy zur Zurückhaltung, er selbst gelobt sie. Doch seinem Naturell entspricht sie nicht.

Im Élysée reibt man sich die Hände angesichts des sich anbahnenden Machtkampfes unter den Konservativen. Deren Anführer, Jean-François Copé, hat freilich wenig Zeit, sich irritiert zu zeigen: Er steckt in einem Skandal um Vetternwirtschaft im Wahlkampf zum finanziellen Schaden der Partei. Dagegen verblassen die weiter ungeklärten Ungereimtheiten rund um den Ex-Präsidenten. Wieder einmal empfinden die Franzosen, nur die Wahl zwischen Übeln zu haben. Und das kleinere hört für viele, paradox genug, nun wieder auf den Namen Nicolas Sarkozy.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Europa

Merkels kalte Dusche für Cameron

Die deutsche Kanzlerin hat Wünsche des britischen Premiers nach einer grundlegenden EU-Reform zurückgewiesen. Sie werde die Briten nicht um jeden Preis in der EU halten.
Kommentare

Mr. Camerons einsamer Kampf

Der Premier blitzte bei Kanzlerin Merkel ab. Nun muss er die Taktik ändern.
File photo of French President Sarkozy who makes a phone call at the start of a meeting on the second day of a European Union leaders summit in Brussels
Außenpolitik

Abhöraktion der Polizei gegen Sarkozy

Ex-Präsident wurde wegen Korruptionsverdachts telefonisch überwacht. Seit 2012 ist Sarkozy ein gewöhnlicher Bürger, nichts untersagt es der Justiz, mit richterlicher Zustimmung seine Telefongespräche zu überwachen.
Former President Sarkozy and Nathalie Kosciusko-Morizet, conservative UMP political party candidate for the mayoral election in Paris, arrive at a political rally in the French capital
Außenpolitik

Sarkozy wurde von Berater „abgehört“

Sprecher des Ex-Präsidenten nahm Gespräche auf – die jetzt veröffentlicht wurden. Darin ist von der damals bevorstehenden Regierungsumbildung die Rede.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.