Die Proteste gegen den Akademikerball mit den Novemberpogromen zu vergleichen, sei eine "Pauschalverunglimpfung" der Opfer von 1938.
Der "Kristallnacht"-Cartoon in Andreas Mölzers rechter Zeitschrift "Zur Zeit" hat gegen den Ehrenkodex der Österreichischen Presse verstoßen. Das hat der Presserat am Freitag entschieden. Die Proteste gegen den Akademikerball mit den Novemberpogromen von 1938 zu vergleichen, sei eine "Pauschalverunglimpfung" der Opfer von 1938, lautet die Begründung. Aufgrund mehrerer Mitteilungen von Lesern, hatte sich der Presserat der Causa angenommen.
Die Karikatur in der "Zur Zeit"-Ausgabe Anfang Februar hatte die Proteste gegen den von der FPÖ ausgerichteten Akademikerball thematisiert. Dargestellt werden SP-Bundeskanzler Werner Faymann und VP-Vizekanzler Michael Spindelegger, die über die Verantwortung für die Ausschreitungen streiten. Betitelt wurde er mit "Kristallnacht 2014!". Nach einer Welle an Kritik hatte sich Mölzer, der auf Listenplatz eins für die FPÖ zur EU-Wahl antritt, dafür entschuldigt: Der Cartoon sei "so unnötig wie ein Kropf" gewesen, sagte er im Interview mit "Die Presse".
Pressefreiheit hat ihre Grenzen
Der Presserat entschied nun, dass zwar die Pressefreiheit bei "satirischen Darstellungen", also auch Karikaturen, "besonders weit" reiche. Allerdings gebe es auch hier Grenzen. Mit dem Begriff "Kristallnacht" nehme die Zeitschrift "offenbar bewusst Bezug auf diese Pogrome, bei denen zahlreiche Juden ermordet wurden".
Der "Vergleich der Proteste einer gewaltbereiten Gruppe während des Akademikerballs, die zu Sachschäden führten, mit gezielten und staatlich unterstützten Ausschreitungen gegen eine bestimmte Bevölkerungsgruppe aus rassistischen Gründen, die mit der Ermordung zahlreicher Menschen einhergingen, verstößt nach Auffassung des Senats gegen Punkt 7 des Ehrenkodex". In diesem wird der "Schutz vor Pauschalverunglimpfungen und Diskriminierung" festgehalten.
Mölzers Entschuldigung reicht nicht
"Zur Zeit" sei der "Einladung zur Abgabe einer Stellungnahme gegenüber dem Presserat nicht zeitgerecht nachgekommen", teilte der Presserat weiters mit. Mölzers Entschuldigung im März sei nicht ausreichend.
"Zur Zeit" gehört freilich auch nicht zu jenen Medien, die sich dem Ehrenkodex der Österreichischen Presse verschrieben bzw. die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats grundsätzlich anerkannt haben. Die Zeitschrift wurde aufgefordert, die Entscheidung des Presserats auf freiwilliger Basis zu veröffentlichen.
Novemberpogrome
(APA/Red.)