Der Kunstsammler lässt freiwillig alle unter Raubkunstverdacht stehenden Bilder auf ihre Herkunft untersuchen.
Es war eine Sensation: Im November letzten Jahres wurde bekannt, dass die Zollfahndung in der Münchner Wohnung von Cornelius Gurlitt ungefähr 1500 Gemälde und Grafiken gefunden hatte – darunter etliche Werke, bei denen es sich um Raubkunst handeln könnte. Hildebrand Gurlitt, der Vater des Sammlers, war Kunsthistoriker und hatte im Auftrag der Nazis Werke veräußert. Jetzt hat sich Cornelius Gurlitt mit der deutschen Bundesregierung geeinigt und einen Vertrag über den weiteren Umgang mit seinen Kunstwerken geschlossen. Er erklärt sich dazu bereit, alle unter Raubkunstverdacht stehenden Bilder auf ihre Herkunft untersuchen zu lassen. Die Regierung hat dafür ein Jahr Zeit. Kunstwerke, für die binnen dieser Frist die Provenienzrecherchen nicht abgeschlossen werden konnten, werden an Gurlitt herausgegeben. Wenn Restitutionsansprüche angemeldet wurden oder bestehen können, bleiben die Werke auch danach in treuhänderischer Verwahrung. Einen Wissenschaftler der Taskforce darf Gurlitt entsenden. Die Kosten für die Provenienzrecherche übernehmen der Bund und der Freistaat Bayern. Auf die in seinem Salzburger Haus gefundenen Bilder haben die deutschen Behörden keinen Zugriff.
Gurlitt hat schon früher erklärt, er wolle Raubkunstbilder zurückgeben. Im Fall der „Sitzenden Frau“ von Matisse stand die Übergabe an die Enkelinnen des jüdischen Kunsthändlers Paul Rosenberg kurz bevor. Jetzt hat sich ein weiterer möglicher Erbe gemeldet. „An unserer Position, einschlägig belastete Bilder jenseits rechtlicher Erwägungen an Eigentümer zurückzugeben, ändert sich nichts“, so Gurlitts Anwalt. (APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2014)