Ein 19-Jähriger hatte einen Gasherd manipuliert. Die Explosion zerstörte mehrere Stockwerke eines Hauses in der Äußeren Mariahilfer Straße. Ob es abgerissen werden muss, wird nun geklärt.
Wien. Seit Samstagvormittag steht die Wiener Feuerwehr mit schwerem Gerät vor der Adresse Mariahilfer Straße 182, 1150 Wien. Gegen 10 Uhr hatte eine Explosion ein halbes Haus zerstört. Seit Sonntag kennen die Einsatzkräfte auch den Grund für das Unglück: Ein 19-jähriger Bewohner beging Suizid.
Die Spezialisten des Landeskriminalamts entdeckten bei der Untersuchung des Unglücksorts einen manipulierten Gasherd. Das ausgetretene Gas war es auch, das später die Explosion auslöste. Bekräftigt wurden die Sachbeweise durch Ermittlungen im Umfeld des Toten. Sein Freundeskreis bestätigte der Polizei, dass dieser sich mehrfach dazu geäußert habe, nicht mehr leben zu wollen. Die Lebensumstände des jungen Mannes waren schwierig: Er war beschäftigungslos und litt zuletzt unter Liebeskummer. Zwar konnten ihn die Einsatzkräfte am Samstag auf Höhe des zweiten Stockwerks bergen und ins Spital bringen. Dort erlag er jedoch seinen schweren Verletzungen. Als ihn der Bergetrupp aus den Trümmern zog, hielt er das Feuerzeug noch in der Hand.
Man kann es nur als glücklichen Zufall bezeichnen, dass außer dem Toten „nur“ 14 weitere Personen ins Krankenhaus mussten, zwei davon auf die Intensivstation. Eine von ihnen liegt seit Sonntagnachmittag wieder in einem Normalbett. Es handelt sich um jene 48-jährige Frau, die erst nach achtstündiger Suche aus den Trümmern der eingestürzten Geschosse geborgen werden konnte.
Der zweite verbliebene Intensivpatient ist nach Auskunft des Wiener Krankenanstaltenverbundes „stabil und außer Lebensgefahr“. Alle anderen Patienten konnten die Spitäler inzwischen wieder verlassen.
Feuerwehr entfernt Dach
Insgesamt sind in dem Haus 51 Personen gemeldet. Dass die meisten von ihnen zum Zeitpunkt der Explosion unterwegs waren, verhinderte Schlimmeres.
Das betroffene Haus ist ein Altbau mit drei Obergeschossen und mehreren Geschäftslokalen im Erdgeschoss. Seit der Explosion ist es ab dem zweiten Obergeschoss schwer, ab dem dritten völlig zerstört. Das Gelände rund um das Gebäude ist – inklusive der Mariahilfer Straße – gesperrt.
Entsprechend gefährlich war am Sonntag die Arbeit der Feuerwehr. Stück für Stück durchtrennten die Einsatzkräfte die geknickten Dachbalken, um später den gesamten Dachstuhl mit Hilfe einer Spezialfirma abtragen zu können.
Der Plan war, die Außenmauern des Gebäudes noch in der Nacht auf Montag gegen das Auseinanderfallen abzustützen. „Eine gefährliche Arbeit“, sagte Feuerwehroffizier Christian Feiler. Notwendig waren sie jedoch nicht nur zur Stabilisierung des schwer beschädigten Gebäudes. Erst wenn die Stützen stehen, kann ein Sachverständiger das Haus betreten. Der entscheidet dann, ob die Anlage abgerissen werden muss, oder ob eine Chance besteht, den entstandenen Schaden zu sanieren.
Wie rasch die Feuerwehr mit der Abtragung des Daches und der Abstützung der Mauern vorankommt, beeinflusst auch, ab wann die Totalsperre der Mariahilfer Straße aufgehoben werden kann. Momentan gilt das Gebäude als derart instabil, dass es die Vibrationen des Verkehrs weiter beschädigen oder gar zum Einsturz bringen könnten. Neben Autos und Lkw fahren an dem Haus auch die Straßenbahnlinien 52 und 58 vorbei.
Es war nicht das erste Mal, dass im Rahmen eines Selbstmordes ein Haus zerstört wurde. In der jüngeren Vergangenheit sind gleich mehrere Fälle dokumentiert.
Immer wieder Suizide
Im Dezember 2013 explodierte in einem Wohnhaus in Dobl bei Graz eine Flasche mit Butangas und löste einen Brand aus. Der 59-jährige Bewohner kam dabei ums Leben, die Ermittler gingen von Suizid aus. Im gleichen Monat verursachte ausströmendes Gas die Explosion eines Hauses in Sankt Georgen am Längsee in Kärnten. Der Sohn der Hausbesitzerin, der in einem angrenzenden Schuppen gefunden wurde, hatte sich offenbar selbst getötet. Im Dezember 2011 wurde in Wien-Donaustadt bei einer Gasexplosion ein Reihenhaus völlig zerstört. Auch an angrenzenden Gebäuden stellte man Schäden fest. Die Leiche des 44-jährigen Besitzers wurde später im Trümmerhaufen gefunden. Er hatte nach Angaben der Ermittler zuvor die Gaszufuhr geöffnet. awe/APA
AUF EINEN BLICK
Samstagvormittag erschütterte gegen 10 Uhr eine schwere Detonation den Wiener Bezirk Rudolfsheim-Fünfhaus. Der obere Teil eines Hauses an der Ecke Äußere Mariahilfer Straße/Denglergasse war eingestürzt. Ein 19-jähriger Mann und eine 48-jährige Frau wurden erst nach Stunden aus den Trümmern geborgen. Der Mann verstarb später im Spital.
Am Sonntag stellte sich heraus, dass der Tote offenbar Suizid begangen hatte. Die Polizei entdeckte einen manipulierten Gasherd, bei seiner Bergung hielt er noch ein Feuerzeug in der Hand. Laut seinem Freundeskreis hatte er angekündigt, nicht mehr leben zu wollen. Er litt unter Liebeskummer.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2014)