Ex-Wirecard-Vorstand

Jan Marsalek soll an russischer Spionage-Aktion beteiligt gewesen sein

Diese am 18. Juli 2023 erstellte Bildkombination zeigt von der Polizei veröffentlichte Handout-Bilder des österreichischen Geschäftsmanns Jan Marsalek, ehemaliger CEO des deutschen Zahlungsunternehmens Wirecard, aufgenommen im Jahr 2019 (links) und im Jahr 2017.
Diese am 18. Juli 2023 erstellte Bildkombination zeigt von der Polizei veröffentlichte Handout-Bilder des österreichischen Geschäftsmanns Jan Marsalek, ehemaliger CEO des deutschen Zahlungsunternehmens Wirecard, aufgenommen im Jahr 2019 (links) und im Jahr 2017.APA / AFP / Handout
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Der Name des flüchtigen Wirecard-Ex-Finanzchefs taucht in einer Gerichtsakte über eine Spionagegruppe in Großbritannien auf, die seit heute vor Gericht steht.

Hat der Österreicher Jan Marsalek einen Agentenring in Großbritannien finanziert und organisiert? Diesen Verdacht legen neue Informationen nahe, über die der „Spiegel“ am Dienstag berichtete. Aus britischen Gerichtsdokumenten gehe hervor, dass sich der flüchtige Ex-Wirecard-Finanzchef zwischen dem 30. August 2020 und dem 8. Februar 2023 verschworen habe, „um Informationen zu sammeln, die direkt oder indirekt nützlich für einen Feind und damit dem Interesse und der Sicherheit des Staates schaden“, heißt es in dem Dokument.

Damit in Zusammenhang steht die Festnahme von fünf Personen letzte Woche in Großbritannien. Wegen Spionage für Russland wurden fünf Menschen aus Bulgarien in Großbritannien angeklagt. Den drei Männern und zwei Frauen wird vorgeworfen, dass sie zwischen August 2020 und Februar 2023 Informationen gesammelt haben, „die nützlich für einen Feind“ sein könnten, wie die britische Anklagebehörde Crown Prosecution Service mitteilte. Sie stehen heute bei einer Anhörung vor Gericht.

Spur führte zu Marsalek

„Die Anklage folgt auf Ermittlungen des Anti-Terror-Kommandos der Metropolitan Police“, hieß es weiter. Die Beschuldigten im Alter zwischen 29 und 45 Jahren, die in Großbritannien wohnen, sind bereits angeklagt, weil sie Ausweisdokumente in „unlauterer Absicht“ besessen haben sollen. Laut BBC haben die zwei Männer und eine Frau Pässe, Personalausweise, Journalistenausweise und andere Dokumente mehrerer Staaten geführt, darunter von Großbritannien, Italien und Frankreich.

Über den mutmaßlichen Rädelsführer der Gruppe sollen die Ermittler auf die Spur eines anderen Mannes gekommen sein - den weltweit gesuchten Wirecard-Manager Marsalek. Zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Verschwörung war Marsalek aus Deutschland bereits verschwunden.

Schlüsselfigur bei Wirecard

Der ehemalige Wirecard-Finanzvorstand und gebürtige Österreicher Marsalek gilt als Schlüsselfigur im milliardenschweren Bilanzskandal des zusammengebrochenen deutschen Zahlungsdienstleisters. Der Ex-Manager soll sich unter anderem mithilfe ehemaliger heimischer Geheimdienstler im Juni 2020, kurz vor der Wirecard-Pleite, über Minsk nach Russland abgesetzt haben. Sein Vorstandschef Markus Braun, ebenfalls Österreicher, sitzt derzeit auf der Anklagebank in München.

Der Aufenthaltsort des 43 Jahre alten Wieners ist weiter unbekannt, bestätigte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Wien im Juli einmal mehr. Sie hat zwar eine gewisse Zuständigkeit, weil Braun und Marsalek österreichische Staatsbürger sind und es auch in Österreich einige Opfer etwaiger strafbarer Handlungen geben könnte. Doch der Schwerpunkt mutmaßlicher krimineller Handlungen liegt in Deutschland.

Prahlen mit Nowitschok führte zu Entlassung von Diplomaten

Marsaleks Prahlen mit Geheimdokumenten zum Nervengas Nowitschok führte mit deutlicher Verzögerung 2021 zudem zur Suspendierung eines hochrangigen österreichischen Diplomaten. Diesem werfen Ermittler die Weiterleitung der betreffenden Dokumente vor.

Der Zahlungsabwickler Wirecard war im Juni 2020 zusammengebrochen, als aufflog, dass auf Treuhandkonten in Asien 1,9 Milliarden Euro fehlten. Ex-Chef Markus Braun und zwei weiteren Ex-Manager wird in München wegen Bilanzfälschung und Bandenbetrug der Prozess gemacht. Sie sollen Milliardensummen erfunden haben. Braun dagegen erklärt, das Geld habe existiert und sei hinter seinem Rücken beiseitegeschafft worden. Ein Brief Marsalek sorgte im Sommer für Aufsehen. Der international gesuchte 43-Jährige hat sich mit dem Schreiben seines Anwalts an das Landgericht München überraschend in den Prozess eingeschaltet und damit das erste bekannt gewordene Lebenszeichen seit rund drei Jahren gesendet. (Red./APA)

>> Der Artikel des „Spiegel“ (Spiegel Plus, kostenpflichtig)

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