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Ams-Osram löst Schockwellen aus

Ams-Osram will sich künftig auf LED-und Sensorchips für die Automobilbranche konzentrieren.
Ams-Osram will sich künftig auf LED-und Sensorchips für die Automobilbranche konzentrieren.Imago / Joaquim Ferreira
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Industrie. Der Halbleiterkonzern will seine Schulden unter anderem mit einer Kapitalerhöhung reduzieren. Die Anleger sind alles andere als begeistert.

Wien. Aktionäre von Ams-Osram sind den Kummer schon gewohnt. Seit Jahresbeginn lag die Aktie des Halbleiterspezialisten bereits zweistellig im Minus. Eine Hiobsbotschaft, verkündet am Mittwochabend, führte schließlich zu einem weiteren Kursgemetzel: Das Papier sackte im Verlauf des Donnerstags um bis zu 23 Prozent ab, sodass sich für Investoren seit Jahresbeginn ein Verlust von rund 37 Prozent ergibt. Auf Fünf-Jahressicht sieht es allerdings noch trister aus – da liegt der Wertverfall bei 86 Prozent.

Auslöser des nun erfolgten Abverkaufs war die Ankündigung des Halbleiterherstellers mit Sitz in Premstätten (Steiermark), 2,25 Milliarden Euro bei Anlegern einsammeln zu wollen. Das Ziel ist die Stärkung der Eigenkapitalbasis und der Abbau von Schulden. Konkret stellte der Chipkonzern eine Kapitalerhöhung im Volumen von 800 Mio. Euro in Aussicht, die Begebung neuer Anleihen in der gleichen Größenordnung, sowie „weitere Transaktionen“.

Mit diesen Maßnahmen wolle man den Finanzbedarf bis 2025/26 sichern, teilte das Unternehmen mit. „Der umfassende Finanzierungsplan sorgt für eine belastbare Finanzstruktur, durch die wir uns voll und ganz auf die Umsetzung unserer Strategie für Wachstum, eine höhere Profitabilität und die Monetarisierung von Innovationen konzentrieren können“, so Vorstandschef Aldo Kamper.

Die Kapitalerhöhung muss allerdings noch von einer außerordentlichen Hauptversammlung abgesegnet werden, die am 20. Oktober über die Bühne gehen soll. Die neuen Aktien werden den bestehenden Aktionären mit einem Kursabschlag angeboten. „Die angekündigte Refinanzierung mit einer Bezugsrechtsemission in Höhe von rund 50 Prozent der Marktkapitalisierung ist deutlich größer als befürchtet“, erklärt Vontobel-Analyst Mark Diethelm. Das Unternehmen ist an der Börse nämlich nur noch rund 1,5 Mrd. Euro wert. Nicht alle Analysten sehen die geplanten Kapitalschritte jedoch als Schuss ins Knie. Barclays-Analyst Simon Coles ist der Ansicht, dass das Unternehmen mit einer gelungenen Refinanzierung ein wichtiges Problem lösen werde und seinen Schwerpunkt auf Wachstumschancen im Kerngeschäft verlagern könne.

Teure Übernahme

Das Finanz-Paket soll dem hochverschuldeten Sensor-Konzern dabei helfen, sich finanziell neu aufzustellen. Ziel ist, die Eigenkapitalquote durch die Kapitalerhöhung von 18 auf 30 Prozent zu erhöhen. Das Unternehmen habe sich entschieden, diesen Weg zu gehen, weil „die Investoren uns gesagt haben, dass die drohende Fälligkeits-Wand sie hindert, bei uns einzusteigen. Das Ding war uns einfach im Weg“, erklärte Finanzvorstand Rainer Irle. In zwei Jahren sind bei dem Unternehmen Anleihen mit einem Volumen von 1,7 Mrd. Euro zur Rückzahlung fällig. Die Brutto-Verschuldung des Konzerns beläuft sich inzwischen auf 2,8 Milliarden Euro.

2019 hat die deutlich kleinere Ams – der Osram-Umsatz war 2018 drei mal so hoch – den deutschen Lichttechnikkonzern gegen viel Widerstand des Betriebsrats und der Osram-Aktionäre übernommen. Das Unternehmen ließ sich den Deal über vier Mrd. Euro kosten. Nun will Vorstandschef Kamper das fusionierte Unternehmen wieder kleiner, dafür aber profitabler machen. „Wir haben Handlungsbedarf in allen Feldern“, so Kamper.

Bessere Bonität angestrebt

Ams-Oram will sich in Zukunft auf LED- und Sensor-Chips für die Automobilbranche, die Industrie und die Medizintechnik konzentrieren. Den Bereich optische Komponenten will man verkaufen. Das Geschäft mit Smartphone-Bauteilen, das Ams durch Kunden wie Apple einst groß gemacht hat, soll nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. In Summe will man sich von rund zehn Prozent seiner Erlöse trennen.

Das Unternehmen hat sich außerdem vorgenommen, ab dem Jahr 2026 ein Investment-Grade-Rating zu erreichen. Das hätte wiederum den Vorteil geringerer Zinskosten. Derzeit wird Ams-Osram von der Ratingagentur S&P mit der Note „BB-“ bewertet und befindet sich damit im „spekulativen“ oder „nicht investierbaren“ Bereich. Das hat zur Folge, dass das Unternehmen am Anleihenmarkt höhere Zinsen zahlen muss, weil sich Investoren ihr Risiko abgelten lassen wollen. Vom Investmentgrade-Rating ist man drei Stufen entfernt.

Der Niederländer Kamper ist erst seit dem Frühjahr in der Chefetage. Zuvor hatte der den knapp an der Pleite vorbei geschrammten Autozulieferer Leoni geleitet und war 15 Jahre lang in führenden Positionen bei Osram. Der langjährige Ams-Vorstand Alexander Everke schied nach sieben Jahren überraschend als CEO aus. Ams-Osram erzielte 2022 einen Umsatz von 4,8 Mrd. Euro, das war ein Rückgang um vier Prozent. Der Gewinn belief sich auf 124 Mio. Euro, nach 273 Mio. Euro im Jahr 2021.

Auf einen Blick

Der hochverschuldete Halbleiterhersteller ams-Osram mit Sitz in Premstätten will sich finanziell neu aufstellen. Den Investoren schmeckt dies allerdings nicht. Die in der Schweiz notierte Aktie stürzte im Tagesverlauf um rund 20 Prozent ab. ams hat 2019 den größeren Lichtkonzern Osram übernommen.

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