Konjunktur

Der Wirtschaftsabschwung ist eingeleitet

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Deutschlands Wirtschaft steckt offiziell in der Rezession. Auch in Österreich geht es nach einem guten Jahr 2022 nach unten. Die Industrie schlägt Alarm: Sie sieht die Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr – und appelliert an die Politik.

Es ist eine bittere Mischung, mit der es die Wirtschaft derzeit zu tun hat: hohe Inflation, eine schwache Weltwirtschaft und politische Unsicherheiten. Eine Zusammensetzung, die sich auch auf die für das Wachstum so wichtigen Exporte niederschlägt.

Deutschland, Österreichs wichtigster Handelspartner und die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt, erwartet heuer einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 0,6 Prozent. Das haben Deutschlands führende Wirtschaftsinstitute am Donnerstag in ihrer neuen Prognose mitgeteilt. Sie sehen die Regierung mitschuldig an der Flaute und warnen vor Subventionen einzelner Branchen mittels Industriestrompreis. Bisher hatten die Ökonomen mit einem Wachstum von immerhin 0,3 Prozent gerechnet.

Schon seit über einem Jahr befindet sich Deutschland in einem Abschwung. Laut der Prognose wird für 2024 wieder ein Wachstum von 1,3 Prozent erwartet. Im April rechneten die Institute noch mit 1,5 Prozent. Dieser Wert soll 2025 erreicht werden.

Der Abschwung hält an

Auch in Österreich trübt sich der Ausblick ein. 2022 war noch als Erfolgsjahr zu verbuchen, wie aus den aktuellen Daten der Statistik Austria hervorgeht: 4,8 Prozent Wachstum hat Österreich im Vorjahr hingelegt und die Einbrüche des ersten Pandemiejahres 2020 damit hinter sich gelassen. „Damit stieg das Bruttoinlandsprodukt 2022 auch inflationsbereinigt wieder über das Vorkrisenniveau des Jahres 2019“, sagte Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas. Die positive wirtschaftliche Entwicklung sei dabei vor allem vom Wachstum in den Dienstleistungsbereichen und im Konsum getragen worden.

Ein Erfolg, auf dem man sich jedoch nicht ausruhen kann. Der Abschwung ist nämlich bereits eingezogen. So rutschte das BIP im zweiten Quartal des heurigen Jahres bereits um rund 1,1 Prozent ins Minus. Erwartet worden war lediglich ein Rückgang von 0,3 Prozent. Zuletzt lag das BIP Anfang 2021 im Minus

Dem Ausblick der Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS vom Sommer zufolge gehe sich heuer bestenfalls ein kleines Wachstum von 0,3 beziehungsweise 0,5 Prozent aus. Jedoch könnte dieser Ausblick kommende Woche in der Herbstprognose nach unten revidiert werden.

„Ob der tiefste Punkt schon erreicht ist, ist derzeit noch unklar. Das könnte sich im Herbst noch zeigen“, sagt Wifo-Ökonom Werner Hölzl. Gerade die energieintensive Industrie treffe das besonders, denn „höhere Energiepreise sind ein klarer Wettbewerbsnachteil“.

Ein Punkt, den auch die Industriellenvereinigung (IV) immer wieder ins Gespräch bringt. Denn gerade die hohen Energiepreise machen der Exportwirtschaft enorm zu schaffen. Rund ein Viertel der inländischen Wertschöpfung entfällt auf die Industrie.

Schnellere Genehmigungen

„Mit Sorgen sehen wir der Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes zu“, sagt IV-Präsident Georg Knill. Im renommierten globalen IMD-Ranking rutscht Österreich von Platz 20 auf Platz 24 ab. „2007 waren wir noch an elfter Stelle. Seitdem geht es bergab“, so Knill.

An erster Stelle des Rankings ist Dänemark. Ein Land, an dem man sich anstelle von Deutschland orientieren sollte, sagt der Industrielle. „Dänemark setzt konsequent die digitale und grüne Transformation um und hat eine stabile Regierung mit entsprechender Planungssicherheit. Sie haben einen schlanken Staat und ein qualitatives Bildungsangebot.“ Bereiche, in denen Österreich nicht so gut dastehe.

Er plädiert dafür, diese „Themen und Herausforderungen“ mit höherer Geschwindigkeit zu lösen und nicht weiterhin „schlechte Standortsignale nach außen zu senden“. Was er damit meint: Debatten über eine Reduktion der Arbeitsstunden und neue Steuern.

Relevant, um in der Wettbewerbsfähigkeit vorne mitzuspielen, ist eine gute Infrastruktur – sowohl bei der Straße als auch bei leistungsfähigen Netzen und Breitbandinternet. Dort belasten aufwendige Bürokratie und langsame Verfahren, sagen die Industrievertreter. Zwar gebe es mittlerweile einige Verbesserungen. Um etwa die im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz definierten Ziele erreichen zu können, bedürfe es jedoch kürzerer Genehmigungsverfahren. „Wenn diese Verfahren vier bis fünf Jahre dauern, geht sich das nicht mehr aus“, sagt Knill.

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