Ausblick

Börse: Ist nach dem miesen September noch eine Jahresendrallye möglich?

Die Wall Street hat sich in diesem Jahr ganz gut gehalten.
Die Wall Street hat sich in diesem Jahr ganz gut gehalten. Johannes Eisele
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Die Börsen haben sich im bisherigen Jahresverlauf gut entwickelt. Zuletzt ist es an den Märkten aber ziemlich holprig geworden. Was das nun für die kommenden Wochen bis Ende Dezember bedeutet.

An den Börsen lief es heuer nicht so schlecht. Der breite US-Index S&P 500 legte seit Jänner rund elf Prozent zu, Dax und Euro Stoxx 50 um rund neun Prozent und die Techbörse Nasdaq um fulminante 33 Prozent. Alles also kein Vergleich zum Vorjahr, als Anleger zum Ende des dritten Quartals in Scharen aus Wertpapieren flohen.

Dass es nun plötzlich abermals so schlimm kommt wie 2022, ist eher unwahrscheinlich. Dennoch beginnt es an den Börsen langsam wieder holprig zu werden. Der Frankfurter Leitindex sowie auch der Euro Stoxx 50 sind in der vergangenen Woche auf ein Sechsmonatstief gefallen. Die Gemengelage wird also zunehmend gefährlicher – wie zahlreiche Experten schon seit Wochen vorhersagen. Auch der Fear & Greed Index von CNN Business spiegelt die derzeit angespannte Situation wider: Das von null bis hundert reichende Barometer befindet sich auf einem Niveau von knapp über 20, was bedeutet, dass der Markt extrem ängstlich ist. Eine echte Panik gibt es aber nicht, konstatiert Sven Streibel, Chef-Aktienstratege der DZ Bank. „Dafür ist die Nachfrage nach Kursabsicherungsgeschäften am Terminmarkt zu gering.“

Sanfte Landung?

Mit dem Beginn des vierten Quartals stellt sich für viele nun die Frage, wie es bis Jahresende weitergehen kann. Vor allem die Notenbanken sorgen derzeit für Unsicherheit. Allem Anschein nach werden die Zinsen für längere Zeit hoch bleiben, was den Investoren nicht so recht schmecken dürfte. Von Zinssenkungsphantasien, die seit dem Frühjahr und Sommer kursieren, wird man sich auf kurze Sicht eher verabschieden müssen. Der Aktienmarkt befindet sich seit dem Sommer in einer Konsolidierungsphase, lautet der Befund von Raiffeisen Research. Seit ihren Jahreshöchstständen haben einige Indizes um zumindest fünf Prozent korrigiert.

Der Wirtschaftsausblick ist nirgends herausragend, vielmehr schwach, negative Überraschungen sind also durchaus möglich. Auch die Inflation ist noch lang nicht besiegt. Doch ist es nun wirklich so schlimm, wie es auf den ersten Blick aussieht?

Glaubt man den Analysten von Raiffeisen Research, darf man sich durchaus in Optimismus üben – zumindest mit Blick auf 2024. Denn die Inflationsraten in den USA sind schon deutlich niedriger als noch vor einem Jahr. Und auch wenn sich die Teuerung in der Eurozone vergleichsweise hartnäckig hält, stimmt die Richtung auch hier.

Geopolitische Ereignisse wie der Ukraine-Krieg oder Spannungen zwischen China und den USA sind zwar ebenfalls nicht von der Bildfläche verschwunden, doch „hat der Aktienmarkt im Wesentlichen damit zu leben gelernt, wenn auch die indirekten Effekte, wie ein höherer Ölpreis, zwischenzeitlich etwas belasten“, so Raiffeisen-Analyst Christian Hinterwallner.

Freilich, ein möglicher Regierungsstillstand in den USA könnte die Lage zunächst verschlechtern. Ein solcher Shutdown wurde am Samstag in letzter Minute abgewendet. Und dass die global größte Volkswirtschaft plötzlich abschmiert, ist ohnehin unwahrscheinlich. Anleger, die eine sanfte Landung erwarten, sind (noch) in der Überzahl. Allerdings gibt es auch Pessimisten, die eine Rezession für 2024 in den USA nicht ausschließen. Sollte die Fed die Zinsen nächstes Jahr senken, könnte das den Aktienmärkten aber Futter liefern. Historisch betrachtet hat der breite US-Index S&P 500 in den ersten zwei Jahren nach der letzten Fed-Zinsanhebung im Mittel um 25 Prozent zugelegt – zumindest in fünf von sechs Fällen, so die Analysten der Raiffeisen.

Firmengewinne gut

Und auch für die Gewinne der Unternehmen scheint noch Potenzial vorhanden. Im S&P 500 hätten sich die Firmengewinne laut Raiffeisen heuer auf niedrigem Niveau stabilisiert, für Europa ist ein leicht positives Gewinnwachstum zu erwarten. Und auch 2024 sollte es auf beiden Seiten des Atlantiks Zuwachsraten geben. Die Firmen dürften mit der Stagflation also ganz gut zurechtkommen, urteilt Raiffeisen. Doch sind die Bewertungen in den USA schon ziemlich hoch, anders als in Europa. Aber: Europa war immer schon billiger.

Bei Raiffeisen rät man daher, die Schwäche an den Märkten opportunistisch zu nutzen, um sich für 2024 zu positionieren. Bei der DZ Bank sieht man „in der jüngsten Misere nur eine gewöhnliche Korrektur nach einem unerwartet erfolgreichen Börsenjahr“. Weil das vierte Quartal als das historisch beste gilt, sei die Chance für eine Jahresendrallye „mehr als da“.

Zwischen Mitte September und Mitte Mai hat sich der S&P-500-Index im Verlauf der vergangenen 20 Jahre mit durchschnittlich plus 6,5 Prozent jedenfalls besser entwickelt als zwischen Mai und September (plus 3,9 Prozent), so die Schoellerbank. Doch um überhaupt Rendite erzielen zu können, sollte man investiert sein.

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