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Erste Prognosen: CSU gewinnt mit historisch schwachem Ergebnis in Bayern

Markus Söder, CSU-Spitzenkandidat und Ministerpräsident von Bayern, gibt seine Stimme ab.
Markus Söder, CSU-Spitzenkandidat und Ministerpräsident von Bayern, gibt seine Stimme ab.APA / Daniel Karmann
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Ersten Prognosen zufolge erreicht die CSU in Bayern 37,0 Prozent und liegt damit deutlich vor Grünen, AfD und Freien Wählern. Die FDP muss befürchten, aus dem Landtag zu fliegen.

Die CSU von Ministerpräsident Markus Söder ist bei der Landtagswahl in Bayern klar stärkste Kraft geworden - allerdings mit einem historisch schwachen Ergebnis. Die Freien Wähler mit Spitzenkandidat Hubert Aiwanger gewinnen dagegen laut den Prognosen von ARD und ZDF deutlich hinzu. Beide Parteien können ihr Regierungsbündnis wie angestrebt fortsetzen. Ein dickes Plus verbucht auch die rechte AfD, während die Grünen leicht verlieren.

Die FDP sackt ab und dürfte an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern und aus dem Landtag fliegen. Nach den Prognosen kommt die CSU auf 36,5 bis 37 Prozent. Damit rutscht die Partei, die im Freistaat seit 65 Jahren den Regierungschef stellt, noch unter ihr desaströses Ergebnis von 2018 (37,2 Prozent). Schon damals war sie um mehr als 10 Punkte abgestürzt. Die Freien Wähler verbessern sich deutlich auf 14 Prozent (2018: 11,6). Die Grünen verlieren leicht auf 15,5 bis 16 Prozent und kommen an ihr Rekordergebnis von 17,6 Prozent aus dem Jahr 2018 nicht heran. Die AfD gewinnt stark dazu auf 15 bis 16 Prozent (10,2). Die SPD erreicht dagegen nur magere 8,5 Prozent (9,7) - dies wäre ein das schlechteste Ergebnis bei einer Bayern-Wahl überhaupt. Die FDP dürfte mit 3 Prozent den Einzug ins Parlament verpassen (5,1). Die Wahlbeteiligung wird mit 72,5 bis 76 Prozent angegeben; 2018 waren es 72,4 Prozent.

Die CSU erhält laut den Prognosen 83 bis 85 Sitze im Landtag. Die Freien Wähler kommen auf 31 bis 32 Sitze und die Grünen auf 35 bis 36 Mandate. Die AfD bekommt 34 bis 36 Sitze, die SPD 19 Sitze.

Freie Wähler legen trotz Aiwanger-Affäre deutlich zu

Aiwanger und seine Freien Wähler gewannen deutlich hinzu - trotz oder wegen der Affäre um ein antisemitisches und menschenverachtendes Flugblatt, das bei dem heute 52-Jährigen zu Schulzeiten gefunden wurde. Als Verfasser hatte sich Ende August sein Bruder bezichtigt. Nach einigen Tagen bat Aiwanger zwar um Entschuldigung und betonte, nie ein Judenhasser gewesen zu sein. Zugleich ging er aber zum Gegenangriff über und beklagte eine politische Kampagne gegen sich. In Umfragen erlebten die Freien Wähler danach einen Höhenflug.

Söder hielt trotz großen Drucks an Aiwanger als Wirtschaftsminister und Vize-Regierungschef fest - um die „Verhältnismäßigkeit“ zu wahren und wohl auch wegen der angestrebten Neuauflage der Regierungskoalition. Ein ebenfalls mögliches schwarz-grünes Regierungsbündnis hat Söder immer wieder kategorisch ausgeschlossen.

Parteien aus Ampel-Koalition müssen Verluste hinnehmen

Alle drei Parteien der Berliner Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP mussten Verluste hinnehmen im Vergleich zur Wahl von vor fünf Jahren - analog zu den aktuell schlechten Umfragen auf Bundesebene. Söder hatte die Landesverbände Ende September als „euphorische Ampel-Klatscher“ verspottet.

Stimmberechtigt im flächenmäßig größten Bundesland, das etwa so groß wie Irland ist, waren rund 9,4 Millionen Menschen. Beim Wahlrecht gibt eine Besonderheit. Für die Sitzverteilung werden alle Erst- und Zweitstimmen zusammengezählt und in Mandate umgerechnet. Das heißt: Die Erststimme ist für die Sitzverteilung genau gleich wichtig wie die Zweitstimme.

Dämpfer für Markus Söder

Für Söders bundespolitische Ambitionen, von ihm selbst regelmäßig zurückgewiesen, könnte das Wahlergebnis ein Dämpfer sein - zumindest wenn die CDU ihre Wahlen bis zur Kür des Unionskanzlerkandidaten im Herbst 2024 nicht ebenfalls in den Sand setzt. Zur Erinnerung: Früher holte die CSU regelmäßig absolute Mehrheiten, mit Edmund Stoiber an der Spitze vor 20 Jahren sogar eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Inzwischen ist schon die 40-Prozent-Marke fast außer Reichweite geraten.

Tatsächlich befindet sich die CSU längst in einer neuen Zeitrechnung: Rechts von ihr hat sich nicht nur die AfD eingenistet. Auch die Freien Wähler ziehen im rechtskonservativen Spektrum immer mehr Wähler an. Viele Bürger beunruhigt das: Am Mittwochabend waren zu einer Demonstration unter dem Motto „Bayern gegen Rechts“ in München nach Polizeiangaben rund 35.000 Menschen auf der Straße.

Betont konservativer Wahlkampf der CSU

Im Wahlkampf hatte sich auch die CSU betont konservativ präsentiert und wie bereits 2018 das ansonsten lange bewusst ausgeklammerte Migrationsthema wieder entdeckt. Hatte Söders Vorgänger Horst Seehofer jahrelang eine Obergrenze für Zuwanderer gefordert, verlangte Söder nun eine „Integrationsgrenze“ von etwa 200.000 einreisenden Migranten pro Jahr.

Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Alexander Dobrindt, sieht nach den Prognosen zur bayerischen Landtagswahl einen klaren Regierungsauftrag für die CSU. „Die Koalition ist bestätigt worden“, sagte Dobrindt am Sonntagabend in der ARD.

CDU ist stärkste Kraft in Hessen, AfD legt deutlich zu

Bei der Landtagswahl in Hessen ist die CDU stärkste Kraft geworden. Laut Prognosen von ARD und ZDF vom Sonntag liegen die Christdemokraten von Ministerpräsident Boris Rhein deutlich vor dem Koalitionspartner Grüne und vor der SPD. Die AfD rangiert je nach Prognose ungefähr gleichauf oder vor den anderen beiden. Der Wiedereinzug der FDP in den Landtag steht auf der Kippe. Die Linke scheitert voraussichtlich an der Fünf-Prozent-Hürde ebenso wie die Freien Wähler.

Den Prognosen zufolge steigert sich die CDU auf 34,5 bis 35,5 Prozent (Wahl 2018: 27,0). Die SPD mit ihrer Spitzenkandidatin, der deutschen Innenministerin Nancy Faeser, steuert mit 15,5 bis 16,0 Prozent (19,8) auf ein historisch schlechtes Ergebnis zu. Die mitregierenden Grünen des stellvertretenden Ministerpräsidenten Tarek Al-Wazir verlieren ebenfalls und landen bei 15,5 Prozent (19,8).

Die AfD gewinnt deutlich hinzu und kommt auf 16,0 bis 17,0 Prozent (13,1). Die FDP muss mit 5,0 Prozent (7,5) um den Wiedereinzug in den Landtag bangen. Die Linke rutscht ab auf 3,5 Prozent (6,3). Sie muss das Parlament in Wiesbaden voraussichtlich verlassen. Die Freien Wähler kommen auf 3,5 (3,0). (APA/red.)

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