Gericht

Prozessauftakt: Hat Sebastian Kurz die Wahrheit gesagt?

Ex-ÖVP-Chef Sebastian Kurz muss ab Mittwoch als Beschuldigter vor Gericht (Bild: Kurz im September 2023 bei der Premiere von „Kurz - Der Film“).
Ex-ÖVP-Chef Sebastian Kurz muss ab Mittwoch als Beschuldigter vor Gericht (Bild: Kurz im September 2023 bei der Premiere von „Kurz - Der Film“).APA, Georg Hochmuth
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Dem Ex-Kanzler wird Falschaussage zur Last gelegt. Er bestreitet den Vorwurf.

Am Mittwoch beginnt im Straflandesgericht Wien der Falschaussage-Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (37). Außer dem Ex-Bundeskanzler (ÖVP) zählen auch Ex-ÖVP-Vizeparteichefin Bettina Glatz-Kremsner (61) und Ex-Kanzleramts-Kabinettschef Bernhard Bonelli (40) zu den Beschuldigten.

Was wird dem Beschuldigten-Trio konkret vorgeworfen?

Alle drei sollen vor dem Ibiza-U-Ausschuss vorsätzlich falsche Antworten gegeben haben, obwohl sie unter Wahrheitspflicht standen. Glatz-Kremsner soll außerdem als Zeugin vor der Korruptionsstaatsanwaltschaft, der WKStA, auf Fragen und Vorhalte zur Casinos-Affäre wiederholt falsch ausgesagt haben.

Wie verantworten sich die Beschuldigten, bekennen sie sich schuldig?

Nein. Die Vorwürfe werden bestritten. Der Verteidiger von Kurz, Otto Dietrich, erklärte zuletzt: „Der Strafantrag interpretiert die Aussagen von Sebastian Kurz im Untersuchungsausschuss falsch. Tatsächlich hat Kurz wahrheitsgemäß ausgesagt. Wir werden zum Beweis beantragen, dass die Tonaufnahme der Aussage im Gericht auch vorgespielt wird.“ Tatsächlich belegt diese Aufnahme, dass Kurz an einer heiklen Stelle kein vollmundiges „Nein“ äußerte, wie es im Aussageprotokoll steht, sondern ein einleitendes (und umgangssprachliches) „Na“. Derartige Feinheiten könnten entscheidend sein.
 

Müssen die Beschuldigten bei einer Verurteilung ins Gefängnis?

Aller Voraussicht nach nicht. Die meisten Falschaussage-Verurteilungen ziehen bedingte Haftstrafen nach sich, also Strafen, die auf Bewährung verhängt werden; insbesondere dann, wenn es sich um bisher unbescholtene Täter handelt. Die Maximalstrafe liegt bei drei Jahren Haft.

Was spricht für Sebastian Kurz, wo wird es für die Anklage schwierig?

Bei Kurz stellt sich die Frage, ob er seine Rolle bei Besetzung der Führungsgremien der Beteiligungs-Gesellschaft ÖBAG heruntergespielt hat oder nicht. Es geht eher um Nuancen, nicht um glatte Lügen. Vor diesem Hintergrund muss die WKStA einen Falschaussage-Vorsatz nachweisen (subjektive Tatseite), wohl kein ganz einfaches Unterfangen.

Hat das Strafverfahren auch politische Auswirkungen?

Ja. Erstens steht die Glaubwürdigkeit des Ex-Kanzlers auf dem Prüfstand. Zweitens die Schlagkraft der WKStA. Diese Behörde war zuletzt in interne Grabenkämpfe mit der ihr vorgesetzten Oberstaatsanwaltschaft Wien verwickelt. Und stritt auch mit dem derzeit suspendierten Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek. Zudem gab es Stimmen aus der ÖVP, wonach die WKStA ihr eigenes politisches Süppchen koche.

Wie lange dauert der Prozess eigentlich?

Vorerst sind drei Verhandlungstage fixiert (18., 20., 23. Oktober). Einzelrichter Michael Radasztics möchte erst die Einvernahmen der drei Beschuldigten über die Bühne bringen, ehe er über Zeugenbefragungen entscheidet. Sollte es einen großen Zeugenaufmarsch geben, könnte sich der Prozess bis 2024 ziehen.

Was wurde eigentlich aus der Inseraten-Affäre („Beinschab-Tool“)?

Die Aufarbeitung der Affäre um einen mutmaßlichen Deal „Inserate des Finanzressorts gegen freundliche Berichterstattung“ bzw. um das Fabrizieren von manipulierten Meinungsumfragen (Meinungsforscherin war damals Sabine Beinschab) läuft noch. Kurz und andere werden als Beschuldigte geführt. Der Verdacht: Betrug, Untreue. Auch hier bestreitet der Ex-Kanzler alle Vorwürfe.

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