Neutralität

Nationalfeiertag im Schatten der Kriege

Bundespräsident, Kanzler, Vizekanzler, Verteidigungsministerin und der Wiener Bürgermeister am Heldenplatz.
Bundespräsident, Kanzler, Vizekanzler, Verteidigungsministerin und der Wiener Bürgermeister am Heldenplatz.APA / Folrian Wieser
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Bundespräsident und Regierungsspitze verurteilten Antisemitismus und betonten die Rolle des Bundesheeres.

Formal war es ein Nationalfeiertag wie in vielen Jahren zuvor: Kranzniederlegungen, die Angelobung von rund 1000 Rekruten (davon 20 Rekrutinnen) am Heldenplatz, Tag der offenen Tür in Hofburg, Kanzleramt und Parlament, und viele, viele Ansprachen. Inhaltlich war dieses Jahr aber doch einiges anders. Der Terrorangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel und die seither zunehmend angespannte Lage im Nahen Osten überschatteten den Tag, an dem Österreich seine immerwährende Neutralität feiert.

Demensprechend standen der Antisemitismus und die globale Sicherheitslagen im Zentrum der Reden der politischen Vertreter. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hielt in seiner TV-Ansprache fest, Friede sei „alles andere als selbstverständlich“. „Der terroristische Angriff der Hamas auf Israel ist schrecklich und verachtenswert. Die kalte, berechnende und systematische Art, wie gegen Kinder, Mütter, Väter gezielt vorgegangen wurde, wie sie gequält und getötet wurden ohne jedes Mitgefühl, das erinnert in ihrer tiefen, hoffnungslosen Dunkelheit an die schwärzesten Zeiten unserer Geschichte“, sagte er. Außerdem betonte der Bundespräsident die besondere Verantwortung Österreichs: „Es ist unsere immerwährende Verantwortung, gerade auch angesichts der schrecklichen, barbarischen Taten, die auf unserem Boden an jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern verübt wurden, strikt und entschieden und aus tiefstem Herzen gegen jede Form von Antisemitismus aufzutreten“. Auch der grüne Vizekanzler, Werner Kogler, hatte uzvor in diese Richtung argumentiert. Man könne angesichts der antisemitischen Provokationen nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, hatte er festgehalten. Die politischen Parteien Österreichs hielt Van der Bellen an, auf Populismus zu verzichten und sich nicht in Scheindebatten und Nebenschauplätzen zu verlieren.

Am Heldenplatz hatte der Bundespräsident auch die Aufstockung der Mittel für das Bundesheer gelobt. Im Budget für 2024 sind ja für Sicherheit und Bundesheer zwei Milliarden mehr als bisher zur Verfügung gestellt. 70 Prozent davon fließen in die Ausstattung des Bundesheeres. Diesen Fähigkeitsaufbau unterstütze er ausdrücklich, sagte Van der Bellen. Denn obwohl Österreich im Herzen Europas umgeben von befreundeten und friedliebenden Nachbarn liege, könne niemand exakt voraussagen, wie sich die Sicherheitssituation Österreichs und Europas in der Zukunft darstellen wird. Der Ministerrat hatte am Nationalfeiertag auch die weitere Verlängerung der Auslandseinsätze des Bundesheeres beschlossen. Aktuell sind etwa 770 Soldaten und 30 Soldatinnen in 16 Auslandsmissionen im Einsatz. Laut Verteidigungsministerium sorgen sie „für Stabilität und Sicherheit in Krisenregionen Europas und Afrikas, im Nahen Osten und in der Kaukasusregion“.

„Neutralität gefordert“

Kanzler Karl Nehammer erklärte in seiner Rede: „Es sind tatsächlich herausfordernde Zeiten - und auch die Neutralität ist gefordert wie schon lange nicht.“ Damit bezog er sich vor allem auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine. Österreich bekenne sich vollumfassend zur militärischen Neutralitä. „Gleichzeitig haben wir eine Meinung, eine Haltung - und gerade in diesen Zeiten ist es notwendig, sie zu zeigen“. Es sei richtig und wichtig, an der Seite der Ukraine zu stehen - „gerade auch für neutrale Staaten“.

Eine Ansicht die nicht alle teilen, wie am Donnerstag einmal mehr klar wurde. In einer Video-Ansprache kritisierte FPÖ-Chef Herbert Kickl, dass sich die EU „an der Kriegstreiberei der NATO und der USA in der Ukraine“ beteilige. Statt den Beschlüssen in Brüssel zu widersprechen, mache Österreich unter der derzeitigen Regierung „bei allem mit und hat dadurch seine Neutralität massiv geschwächt“.

„Vieles, auf das wir in Österreich gemeinsam so lange stolz waren, das liegt jetzt in Trümmern vor uns“, meinte SPÖ-Bundesparteiobmann Andreas Babler, anlässlich des Nationalfeiertags ungewohnterweise im dunklen Anzug mit Krawatte, in einem Video. Explizit nannte er das Gesundheits- und Bildungssystem. Österreich sei lange geprägt gewesen von den Werten Gerechtigkeit, Gemeinsamkeit und Zusammenhalt. Die letzten Regierungen hätten sich allerdings davon verabschiedet. „Ich bin davon überzeugt, und dafür kämpfe ich auch, dass all das, was kaputtgegangen ist, wieder reparierbar ist“, sage Babler.

Die Neos nahmen indes den Nationalfeiertag zum Anlass, um einmal mehr für eine gemeinsame europäische Armee einzutreten. „Terrorismus oder Cyberkriminalität machen nicht vor nationalen Grenzen halt, da hilft uns auch unsere Neutralität nichts“, meinte der pinke Verteidigungssprecher Douglas Hoyos.

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