Kleingärten

Rechnungshof kritisiert Grundstücksgeschäfte der Stadt Wien

Der Kleingartenverein Breitenlee geriet in die Kritik, nachdem bekannt wurde, dass Umwidmungen SPÖ-Politikerinnen und -Politiker deutliche Wertsteigerungen ihrer Grundstücke brachten.
Der Kleingartenverein Breitenlee geriet in die Kritik, nachdem bekannt wurde, dass Umwidmungen SPÖ-Politikerinnen und -Politiker deutliche Wertsteigerungen ihrer Grundstücke brachten. Clemens Fabry
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Die Kontrollinstanz kritisiert insbesondere die enge Zusammenarbeit der Stadt mit Projektbetreibern. Auch gewinnbringende Widmungsänderungen für Private werden beanstandet.

In Wien haben zuletzt Umwidmungen in Kleingartenanlagen für Aufregung gesorgt. Denn sie haben für SPÖ-Politikerinnen und -Politiker eine deutliche Wertsteigerung ihrer Grundstücke gebracht. Auch der Rechnungshof (RH) kritisiert nun die Flächenwidmungsverfahren der Stadt. In seinem am Freitag veröffentlichten Bericht beanstandete er unter anderem eine enge Zusammenarbeit der Stadt mit Projektbetreibern und gewinnbringende Widmungsänderungen für Private.

Konkret hat der Rechnungshof für den Bericht neun der rund 200 Verfahren der Jahre 2017 bis 2021 geprüft. Damals waren die grünen Stadträtinnen Maria Vassilakou, Birgit Hebein und SPÖ-Stadträtin Ulli Sima (ab 2020) für das Planungsressort verantwortlich. Dabei stellte der RH fest, dass es - mit Ausnahme von einem Verfahren - bei allen eine enge Abstimmung mit den Grundstückseigentümern oder Projektentwicklern bei der Festsetzung oder Abänderung der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne gab und jeweils schon konkrete Bauprojekte vorlagen.

Keine Kontrolle durch zweite Instanz

Diese enge Zusammenarbeit mit Projektentwicklern kann dem RH zufolge einer unabhängigen Flächenwidmungs- und Bebauungsplanung allerdings zuwider laufen. Durch die Sonderstellung Wiens als Land und Gemeinde gibt es außerdem in der Bundeshauptstadt anders als in anderen Gemeinden keine Kontrolle durch eine weitere Instanz. Auch eine kritische Auseinandersetzung des Fachbeirats für Stadtplanung und Stadtgestaltung für die einzelnen Fachgebiete (etwa Architektur) war bei den untersuchten Verfahren nicht dokumentiert.

Konkrete Kritik übt der RH an der Umwidmung eines ehemaligen Marktplatzes in Wien-Donaustadt. 2010 verkaufte die Stadt die Liegenschaft um 261.400 Euro an die Wien Holding GmbH. Diese verkaufte sie noch am selben Tag deutlich teurer um 350.000 Euro weiter. Die Stadt war dabei laut RH über die Verkaufsabsicht der Wien Holding und den Preis informiert. Für die Liegenschaft galt zum Zeitpunkt des Verkaufs eine Bausperre. Trotzdem wurden in den folgenden Jahren zwei Bauprojekte genehmigt und der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan geändert. 2012 wurde die Liegenschaft um 1,4 Mio. und 2018 um 7 Millionen Euro durch private Unternehmen weiterverkauft, Ende 2019 bewilligte die Baupolizei schließlich ein elfgeschoßiges Wohn- und Geschäftsgebäude. Nachzahlungsverpflichtung zum Kaufpreis gab es im Vertrag der Stadt allerdings trotz Annahmen zur zukünftigen baulichen Ausnutzbarkeit keine.

Speziell geprüft wurde auch der Verkauf einer Liegenschaft in Wien-Liesing. Dort hatte die Stadt 2017 in einem Gutachten angegeben, dass kurzfristig keine Überarbeitung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans geplant sei. Nicht einmal ein Jahr nach dem Verkauf an ein Unternehmen, an dem wiederum über zwei Unternehmen ein ehemaliger Stadtrat beteiligt war, begann sie dann doch mit der Bearbeitung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans.

Sport und Fun Halle als finanzielles Risiko

Bei der „Sport & Fun Halle Praterstern“ der WIP Wiener Infrastruktur Projekt GmbH, die sich im Eigentum der Stadt Wien befindet, wurde wiederum 2022 eine befristete Bewilligung für die Errichtung erteilt. Dabei stünden 94 Prozent der Halle in einem Bereich, in dem wegen der Widmung als Grünland keine Gebäude errichtet werden dürften. Der RH weist nicht nur auf das Problem der Versiegelung und infolgedessen weiteren Erwärmung der Stadt hin. Die Stadt gehe damit auch ein finanzielles Risiko ein, so der RH, weil der dauerhafte Bestand des Gebäudes unter anderem von der Zustimmung eines künftigen Gemeinderats abhängig sei.

Der RH empfiehlt der Stadt unter anderem, bei Grundstücksverkäufen Stellungnahmen der für Stadtteilplanung und Flächennutzung zuständigen Magistratsabteilungen einzuholen. Bei Festsetzung und Abänderung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen solle der Fachbeirat für Stadtplanung und Stadtgestaltung hinzugezogen werden. Für zukünftige Wertsteigerungen stadteigener Liegenschaften, die durch Widmungsänderungen entstehen, sollte die Stadt im Vertrag aus Sicht des RH Kaufpreisnachzahlungen vorsehen. Außerdem sollten Gebäude, die auf Dauer ausgelegt sind, nicht mit einer befristeten Bewilligung errichtet werden. Die Stadt sollte zudem in ihrem Fachkonzept Hochhäuser Einschränkungen für die Standorte sowie konkrete Mindest- beziehungsweise Maximalvorgaben vorsehen.

Stadt weist Kritik zurück

Die Stadt Wien wies die Kritik am Freitag in mehreren Punkten zurück. In Bezug auf den Marktplatz in Wien-Donaustadt wurde betont, dass die Widmung unabhängig von den jeweiligen Eigentumsverhältnissen getroffen worden sei. Der Bedarf für die Schaffung von zusätzlichen Wohnraum in dem stark wachsenden Bezirk sei aus stadtplanerischer Sicht gegeben. Zur Liegenschaft in Liesing erklärte die Stadt, dass der Magistrat gegenüber Bietern grundsätzlich keinen Zeitpunkt des Beginns eines Widmungsverfahrens nenne, da mit einer konkreten Zeitangabe eine unzulässige Verbindlichkeit geschaffen würde.

In Hinblick auf die „Sport & Fun Halle Praterstern“ erklärte die Stadt, dass vor der Umsetzung des Vorhabens vonseiten der MA 51 - Sport Wien bei der MA 21 um eine Änderung des Bebauungsplans angesucht wurde. Dieses Ansuchen sei geprüft und in einem Widmungsgespräch behandelt worden. Dabei sei festgestellt worden, dass der neue Standort „aufgrund der öffentlichen Erreichbarkeit hervorragend geeignet sei und die vorgesehene Nutzung auch der gültigen Flächenwidmung ‚Grünland - Erholungsgebiet, Sport- und Spielplätze‘ entspreche“, so die Stadt. In Bezug auf den Versiegelungsgrad wies sie zudem darauf hin, dass sich auf dem Areal zuvor ein befestigter, nicht öffentlich zugänglicher Sportplatz samt Gebäuden für Garderoben und Aufenthaltsräumen befand und die Fläche somit bereits größtenteils versiegelt war.

Für die Wiener ÖVP ist der Bericht ein neuerlicher Beleg dafür, dass in der Wiener Planungspraxis „Intransparenz, Chaos und Freunderlwirtschaft“ regieren würden. Planungssprecherin Elisabeth Olischar forderte „endlich“ eine „umfassende Reform der Planungspolitik“. Die FPÖ sieht eine Bestätigung für „roten Insiderhandel bei Grundstückdeals und Flächenwidmungen“. Die Justiz müsse nun die damals verantwortlichen Planungsstadträtinnen und andere Involvierte befragen, forderte Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp. Außerdem brauche es mehr Kontrolle auch durch den Gemeinderat. Die Wiener Grünen verlangten wiederum einen Verkaufsstopp für städtische Grundstücke, stattdessen sollten langfristige Baurechte vergeben werden. Bei der „Sport & Fun Halle“ sieht Wohnsprecher Georg Prack eine „schallende Ohrfeige“, einzelne SPÖ-Politiker hätten hier einfach auf die Rechtslage gepfiffen.(APA)

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