Gericht

Prozess um Raub, Drogen und Falschgeld: Junge Angeklagte amüsierten sich

Vor dem Lokal Flex am Donaukanal wurden Faustschläge verteilt.
Vor dem Lokal Flex am Donaukanal wurden Faustschläge verteilt.Clemens Fabry
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Eine Jugendbande steht wegen Gewalt, Falschgeld und Drogen vor Gericht. Der Richter fragt: „Was ist denn so lustig?“ Am Ende gibt es vier milde Strafen und zwei Freisprüche.

Die beiden 17-jährigen Zwillingsbrüder scheinen ihren Strafprozess nicht wirklich ernst zu nehmen. Einer kommt zu spät. Und teilt mit, dass er „müde“ sei. Und dann finden die beiden alles sehr amüsant. Das fällt dem Richter auf. „Was ist denn so lustig?“, fragt er. Die Antwort besteht aus Kopfschütteln. Danach wird weiter gekichert.

Am Ende gibt es moderate Strafen. Einer der Brüder ist wegen Raubes vorbestraft. Obwohl seine Bewährungsfrist (Probezeit) noch offen ist, wird ihm erneut Milde zuteil. Er kriegt 15 Monate teilbedingte Haft, zwei Drittel davon erneut auf Bewährung – wegen Körperverletzung und Geldfälschung. Sein Bruder, der diesmal wegen schweren Raubes angeklagt ist, fasst zwei Monate auf Bewährung aus. Wohlgemerkt wegen Drogenhandels. Der Raubvorwurf hält nicht.

Sechs junge Angeklagte

Der Reihe nach: Der Prozess läuft im Wiener Straflandesgericht. Es sind sechs Angeklagte. Vier 17-, zwei 18-Jährige. Die Jugendlichen stammen aus migrantischen Milieus. Die Zwillinge sind Iraner, wenngleich in Österreich geboren. Ein Jugendlicher kommt aus dem afghanischen Kunduz. Neben ihm sitzt ein Bursch, dessen Staatsangehörigkeit dem Gericht „unbekannt“ ist, wie es heißt; im Publikum wird anhand des Namens spekuliert: Tschetschenien? Der nächste in der Reihe ist österreichischer Staatsbürger mit ägyptischen Wurzeln. Der Sechste stammt aus der russischen Föderation.

Bei drei Angeklagten verweist das Gericht auf Vorstrafen. Frühere Verurteilungen wegen eines Raubüberfalls, wegen Körperverletzungen, Diebstählen und Urkundendelikten stehen zu Buche. Die verhängten Strafen sind noch offen. Und bleiben offen.

Einem der Jugendlichen redet der Staatsanwalt ins Gewissen: „Während Sie Drogen verkauft haben, ist gerade Ihr letztes Verfahren wegen Raubes gelaufen.“ Der Angesprochene bestätigt das. Und die vielen Bewährungshelfer und Sozialarbeiter, die in der ersten Reihe sitzen, nehmen derlei wissend zur Kenntnis.

Auch diesmal kreisen die Vorwürfe um Gewalt. Und um Drogenhandel. Ein Jugendlicher wurde innerhalb von zwei Monaten vor dem Lokal Flex am Donaukanal zweimal zusammengeschlagen. Einmal verlor er drei Zähne, dann erlitt er einen Kieferbruch. Ein anderes Opfer sollte vor dem Flex beraubt werden, wobei laut Anklage ein 13-Jähriger mit einem Messer mitmischte (dieser kann wegen Strafunmündigkeit nicht angeklagt werden). Die meisten Vorwürfe lassen sich nun nicht mehr unter Beweis stellen.

Blüten via Messengerdienst

Allerdings bringt diese Verhandlung etwas Außergewöhnliches mit sich: Einer der Angeklagten, der staatenlose Jugendliche, hat gefälschte 50-Euro-Banknoten im Internet gekauft. Auf seinem Computer fand sich zwar ein Tor-Browser, diesen habe er aber nicht benutzt, um ins Darknet zu gelangen. Die Blüten habe er mittels des Messengerdienstes Telegram aufgetrieben. Sagt er.

Mindestens hundert falsche Banknoten hat der Jugendliche laut Anklage erworben. Junge Leute, die mit ihm via Instagram verbunden sind, wurden mit einem Teil der falschen Scheine bedacht. Und auch (laut Urteil) einer der beiden iranischen Brüder. Bei zwei weiteren Angeklagten misslingt der Schuldbeweis. In Umlauf gebracht wurde das Falschgeld, indem man auf der Plattform „Willhaben“ Geschäfte anbahnte. Gekauft wurden dann Mobiltelefone, eine Playstation, eine Apple Watch und Essen bei McDonalds.

Dealen beim Schottenring

Wie erwähnt, lässt sich vieles vor Gericht nicht beweisen. Im rechtskräftigen Urteil bleibt Folgendes übrig: die Geldfälschung (gemeint ist das Ausgeben der Blüten) und eine Körperverletzung (siehe oben) bei einem der Brüder; der Drogenverkauf beim anderen Bruder. Weiters: Drogenhandel beim Drittangeklagten, Tatort war die U 2-Station Schottenring. Dessen Strafe: fünf Monate bedingte Haft. Weiters beinhaltet das Urteil die Sache mit dem Falschgeld beim Angeklagten Nummer 4. Dafür setzt es 18 Monate Freiheitsstrafe. Zwei Drittel davon auf Bewährung.

Das noch: Bevor der Richter das Urteil verkündet, fragt er den Erstangeklagten zum Vorwurf der Körperverletzung: „Warum haben Sie hingeschlagen?“ Antwort: „Keine Ahnung.“

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