SPÖ-Bundesparteitag

Bablers zweite Wahl: SPÖ-Chef mit 88,76 Prozent bestätigt

Andreas Babler sprach nach der Wahl von einem „geilen Ergebnis“
Andreas Babler sprach nach der Wahl von einem „geilen Ergebnis“APA / APA / Erwin Scheriau
  • Drucken

Die mehr als 600 Delegierten der SPÖ haben in Graz Andreas Babler als Parteivorsitzenden bestätigt. Angenommen wurde der Antrag zur Direktwahl des Parteivorsitzenden.

Irgendwann ist es zur Mode geworden, Einzüge von Parteichefs auf Parteitagen in der Ästhetik eines Boxkampf-Vorgeplänkels zu inszenieren, so auch bei der SPÖ am Samstagvormittag in der Grazer Stadthalle. Rundherum wurde gejubelt, aus den Boxen dröhnte laute Musik, Babler klatscht, flankiert von Vertrauten, auf dem Weg gen Bühne mit bekannten und weniger bekannten Genossen ein. Die Musikauswahl nahm dabei gewissermaßen das rote Wunschdenken des Wochenendes vorweg: Gespielt wurde „Can‘t stop“ von den US-Rockern „Red Hot Chili Peppers“. Subtext: Babler, der erst nach eskaliertem Machtkampf und chaotischer Wahl an die Spitze der Roten kam und seither mit internem Gegenwind und teils massiver Kritik zu kämpfen hat, will sich trotz allem nicht stoppen lassen.

Und zumindest am Parteitag war die Wahrscheinlichkeit, gestoppt zu werden, recht gering. Gegenkandidaten gab es keine mehr. Und so erreicht Andreas Babler bei der Wahl zum Parteivorsitzenden am Ende des Tages 88,76 Prozent. Zum Vergleich: Bablers Vorgängerin Pamela Rendi-Wagner erreichte bei ihrem letzten Parteitag 2021 mit 75,3 Prozent das historisch schlechteste Ergebnis, bei ihrem ersten Antreten waren es 97,8 Prozent. Christian Kern kam auf 96,8 Prozent. Babler sprach dennoch von einem „geilen Ergebnis“. Jene, die nicht für ihn gestimmt haben, wollte er auch noch überzeugen. Die übrigen Mitglieder des Präsidiums erreichten – abgesehen von Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer mit 87,39 Prozent – mehr Zustimmung unter den Delegierten. So erhielt etwa die Zweite Nationalratspräsidentin, Doris Bures, 91,99 Prozent, Vizeklubchefin Julia Herr kam auf 94,38 Prozent.

In seiner Rede kritisierte Babler zuvor die „Abrissbirnen-Politik“ von ÖVP und FPÖ. Die beiden Parteien hätten vieles niedergerissen, was die die SPÖ zuvor lange aufgebaut hatte, sagte Babler. Die Politik der beiden Parteien lasse sich mit einem Körperteil beschreiben - dem Ellenbogen. Die der Sozialdemokratie hingen mit dem Herzen. Man stehe für Liebe zum Menschen, Respekt und Achtung vor dem Menschen. Darum wolle er ein Versprechen abgeben: „Wir werden dafür sorgen, dass sie nicht mehr dazu kommen, mehr niederzureißen in unserer Republik und wir werden all das wieder aufbauen, was sie planiert haben. Noch schöner, noch größer und noch besser.“

Zu fragen, was die Umsetzung der SPÖ-Forderung alles koste, ist für Babler nur eines: „unmoralisch“, „weil wir gesehen haben wie sie (die Regierung, Anm.) Milliarden und Millionen verschießen, während wir um Frauenrechte und Pensionen kämpfen.“ Diesen Satz quittierten die Delegierten mit Applaus und Standing Ovations.

Was den Asyl- und Migrationsbereich angeht, kritisierte der SPÖ-Chef, dass die Regierung zwar gut integrierte Familien abschiebe, es aber nicht geschafft habe, den Terroranschlag in Wien zu verhindern oder gegen Hassprediger forzugehen. „Wir wollen keine Leute, die für Scharia und Kalifat schreien“, sagte Babler. Gleichzeitig wolle man aber nicht zulassen, dass es einen religioösen Generalverdacht gegen Muslime gebe.

Das Match gegen die FPÖ habe man nun vor sich, bemühte der Parteichef einen Fußball-Vergleich. Kickl sei derzeit vorne. Aber: „Wenn wir hinten sind und wir gehen in die Kabine zurück und sagen, warum hast du heute wieder so einen Blödsinn gemacht, dann bringt das nix.“ Stattdessen müsse man nachdenken, was die gemeinsamen Grundwerte seien und wo die Qualitäten der einzelnen lägen. „Und dann gehen wir hinaus und gewinnen die Partie.“

Ohne das es explizit zu sagen, war es Babler wichtig, sich von der Politik seiner Vorgänger abzugrenzen. Nach 20 Jahren habe man jetzt endlich eine Trendumkehr geschafft, sagte er im Hinblick auf 16.000 neue Parteimitglieder. Und: „Alle Themen, die wir vermisst haben in den letzten Jahren, bringen wir jetzt aufs Tapet.“ Endlich habe man sich auch auf ein Modell für mehr Steuergerechtigkeit geeinigt.

Wie schon zuvor in einem Image-Video, in dem unter anderem seine Ehefrau und sein Vater zu Wort kamen, zeigte sich der Parteivorsitzende in seiner Rede immer wieder explizit als Kinderfreund. „Allen Kindern alle Rechte“, forderte er und garantierte: Die SPÖ werde sich für ein warmes Mittagessen für jedes Kind und bestmögliche Bildungseinrichtungen einsetzen.

Beim Eintreffen in Graz waren die die roten Granden bemüht, Eintracht darzustellen: Allerorten war von Einigkeit in der Partei die Rede. Die Abwesenheit Doskozils kommentierte Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser so: „Ich finde es immer schade, wenn Freunde nicht dabei sein können.“ Nachsatz: „Aber es ist, wie es ist.“ Niederösterreichs SPÖ-Chef Sven Hergovich hat „Verständnis dafür, dass ein Landeshauptmann den Landesfeiertag in seinem Bundesland verbringen will“. Hergovich: „Ich gehe von einem guten Ergebnis und einem starken Zeichen der Einigkeit aus.“ Selbst der frühere Doskozil-Flügelmann Max Lercher erklärte, dass er ein „gutes Ergebnis“ erwarte. Lercher: „Wir haben heute nur einen Kandidaten, also ist die Stimmung gut.“ Ob er Babler bei der Wahl streichen wird? „Sicher nicht“, so Lercher, auch er werde Babler wählen.

Neben der Wahl des Vorsitzenden werden auch die Gremien neu bestimmt, wobei besonderes Interesse auf dem Abschneiden der Vertreter der streitbaren Länderorganisationen Wien und Burgenland liegen wird. Auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig kandidiert ja nicht mehr für Präsidium oder Vorstand. Offiziell, weil er sich auf seine Arbeit in der Bundeshauptstadt konzentrieren will. Gemunkelt wurde aber auch, er sorge sich vor vielen Streichungen aus den Ländern. Insgesamt wird Babler acht Stellvertreter erhalten, darunter neben Holzleitner auch Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser und die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures.

Inhaltlich wurden zwölf Leitanträge debattiert und abgestimmt. Am meisten Aufsehen hatte im Vorfeld das Anliegen erhalten, die Bekämpfung der Teuerung zur Verfassungsbestimmung zu machen. Einige Gegenstimmung und Enthaltungen erhielt der Antrag auf ein Pilotprojekt zur Arbeitszeitverkürzung. Begründet wurde das damit, dass das vor allem für Kleinunternehmer zum Problem werden könnte. Der Antrag wurde dennoch mehrheitlich angenommen.

Das neue Statut, dem vor allem die Wiener Partei skeptisch gegenüber steht, sieht künftig eine Stichwahl für den Parteivorsitz vor, wenn sich mehr als eine Person bewirbt. Auch dieser Antrag wurde angenommen, wenngleich mit einigen Gegenstimmen.

Außerdem wurde über einen Initiativantrag zum Frieden im Nahen Osten auf Basis einer Zweistaatenlösung abgestimmt. Im Antragstext geht es sowohl um das Existenz- und Selbstverteidigungsrecht Israels, um die Berücksichtigung des Völkerrecht, den Schutz von Leben und Freiheit der Zivilbevölkerung auf beiden Seiten des Konflikts als auch um das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser in „eigenem und selbstbestimmten Staat“. Worum es nicht gehe: Um die Frage von Grenzziehungen oder Jerusalem als Hauptstadt.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.