Steuern

Kalte Progression: Ein Preis für den „einsamsten Minister“ Magnus Brunner

Finanzminister Magnus Brunner erhielt von seinem deutschen Amtskollegen, Christian Lindner, den deutschen Mittelstandspreis überreicht. MIT-Bundesvorsitzende Gitta Connemann gratulierte.
Finanzminister Magnus Brunner erhielt von seinem deutschen Amtskollegen, Christian Lindner, den deutschen Mittelstandspreis überreicht. MIT-Bundesvorsitzende Gitta Connemann gratulierte.Annette Riedl/picturedesk
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Der Finanz­minister erntet im Ausland für die Abschaffung der kalten Progression mehr Anerkennung als daheim.

„In Österreich werden Minister nicht bestellt, sondern angelobt. Somit gibt es für sie zumindest am ersten Tag Lob.“ Nicht nur deshalb blickt Christian Lindner dieser Tage etwas neidisch zu seinem österreichischen Amtskollegen, Magnus Brunner. „Österreich ist uns einen Punkt voraus“, sagte der FDP-Chef und Finanzminister Dienstagabend in Berlin. Und er meint damit die Abschaffung der kalten Progression. Diese sei in Österreich nachhaltig gelungen – im Gegensatz zu Deutschland.

Und für diese Abschaffung der versteckten Steuererhöhung erhielt Brunner den Preis der deutschen Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT). „Es ist eine große Ehre für die österreichische Bundesregierung, dass die Arbeit über die Landesgrenzen hinaus honoriert wird. Ziel unserer Steuerpolitik ist die Reduktion der Steuerlast und das Schaffen von Anreizen. Die Abschaffung der kalten Progression reduziert nachhaltig die Steuern für Bürgerinnen und Bürger“, sagte der ÖVP-Finanzminister.

„Tarif auf Rädern“

Es ist schon etwas sonderbar. Diese Steuerentlastung ist in Österreich kaum ein Thema, in Deutschland hingegen eine Würdigung wert. Bekanntlich werden die Steuertarife der Inflation angepasst. Das führt dazu, dass die Österreicherinnen und Österreicher im nächsten Jahr laut Berechnung des Wifo um 2,4 Milliarden Euro weniger Lohn- und Einkommensteuer bezahlen müssen. Eigentlich macht die kalte Progression knapp 3,65 Milliarden Euro aus. Tatsächlich werden nur zwei Drittel des Preisauftriebs automatisch abgegolten. Über das letzte Drittel entscheidet dann die Regierung jährlich. Ein wenig Spielraum hat sich die Politik also doch noch gelassen. Darauf ging Lindner am Dienstag allerdings nicht ein.

Er wünsche sich auch in Deutschland einen derartigen „Tarif auf Rädern“. Die Nachbarn haben zwar als Maßnahme gegen die hohe Inflation für heuer und nächstes Jahr ebenfalls die kalte Progression abgeschafft. Im Gegensatz zu Österreich gibt es aber keinen Automatismus, die Anpassung muss also jedes Jahr neu beschlossen und abgesegnet werden.

Die Anpassung der Tarifstufen an die Teuerung ist für Lindner eine Frage der „Leistungsgerechtigkeit“. Natürlich sei es wichtig, mit jenen solidarisch zu sein, die Hilfe benötigen. „Notwendig ist aber auch Solidarität mit jenen, die das alles bezahlen“, sagte Lindner.

Friede Springer geehrt

Brunner nahm den Preis in der Kategorie Politik dankend entgegen. Es war fast ein Heimspiel für den ÖVP-Minister in Berlin. Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion ist das CDU-Pendant zum ÖVP-Wirtschaftsbund. Dennoch wurde FDP-Chef Lindner als Laudator eingeladen. Wäre so was in Österreich möglich? Ein Neos-Redner bei einem Wirtschaftsbund-Event? Es wurden Höflichkeiten ausgetauscht. „Ich hab die nettere Opposition“, scherzte Lindner und streute damit dem Gastgeber Rosen. Er müsse sich halt das nächste Mal die Kanzlerpartei besser aussuchen, entgegnete Brunner und meinte zu Lindner: „Mit der CDU wärst du besser dran.“

Die Preisverleihung täuschte ein wenig über den aktuellen Imageschaden hinweg, den Österreich gerade in Deutschland erleidet. Auf den Signa-Konzern und den Tiroler Investor René Benko ist man in Berlin nicht gut zu sprechen. Als hätte die Wirecard-Pleite rund um die österreichischen Manager Markus Braun und Jan Marsalek nicht schon genug Schaden angerichtet.

Brunner war einer von mehreren Preisträgern an diesem Abend. Den Sonderpreis erhielt Friede Springer für ihr Engagement für Israel. CDU-Chef Friedrich Merz würdigte den Einsatz der Witwe des Verlegers Axel Springer. In seiner Rede ging Merz auch darauf ein, dass auf deutschen Straßen wieder offen antisemitisch agitiert werde. „Es hat meine Vorstellungskraft übertroffen. Wir haben das alle unterschätzt“, sagte er. Er wünsche sich auch von so manchem Kulturschaffenden eine klare Meinung, sagte Merz. Der israelische Botschafter in Berlin, Ron Prosor, betonte im Anschluss, dass der Kampf gegen die Terrororganisation Hamas nicht nur in Israel stattfindet. „Wir müssen diesen Kampf zusammen gewinnen“, sagte er.

Erwartung an den Staat

Zurück zu Lindner und Brunner: Der Finanzminister sei der „einsamste Minister“, vor allem dann, wenn er nicht den „spendablen Onkel“ mimt, sagte Lindner. Man könne den Wohlstand nicht immer nur verteilen, „man muss ihn zuerst erwirtschaften“. Ein Finanzminister habe nicht nur die Aufgabe, die Staatsschulden zu reduzieren, er müsse auch dafür sorgen, dass „die Erwartungshaltung an den Staat reduziert wird“, sagte Lindner. Offenbar hatte man ihm nicht gesagt, dass in Österreich nächstes Jahr gewählt wird. Mit Sparsamkeit und Budgetdisziplin ist da wohl kein Preis zu gewinnen. Geschweige denn eine Wahl.

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