Salzburger Festspiele

Der Teufel ist der gute Geselle: Neuer „Jedermann“ in Salzburg

Neue Buhlschaft, neuer Jedermann: Deleila Piasko und Philipp Hochmair bei der Präsentation in der „Libelle“ des Leopoldmuseums.
Neue Buhlschaft, neuer Jedermann: Deleila Piasko und Philipp Hochmair bei der Präsentation in der „Libelle“ des Leopoldmuseums.APA / Tobias Steinmaurer
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Philipp Hochmair wurde als Jedermann bestätigt, Deleila Piasko spielt die Buhlschaft, Andrea Jonasson die Mutter. Regisseur Robert Carsen betonte bei der Präsentation, dass man Hofmannsthals Stück sehr ernst nehme und nicht als Folklore sehe.

Hofmannsthals „Jedermann“ sei fürs deutschsprachige Publikum das, was „Hamlet“ für Englischsprachige ist, sagte der kanadische Regisseur Robert Carsen; Intendant Markus Hinterhäuser pries das „Faszinosum Jedermann“; und die russische Schauspieldirektorin Marina Davydova verglich die Bedeutung dieses „emblematischen Stücks“ mit jener von Tschaikowskys „Schwanensee“ in Russland: Wenn dieses im Fernsehen laufe, wisse man, dass ein Herrscher gestorben sei … Der Grundtenor der Präsentation des neuen Festspiel-„Jedermann“ war eindeutig: Man will dieses – oft als Knittelvers-Folklore herabgewürdigte Stück – sehr ernst nehmen.

Dass dieser Eindruck so vehement vermittelt wurde, mag auch dazu gedient haben, die massive Kritik an der überraschenden Absetzung der dritten Inszenierung Michael Sturmingers zu entkräften. Immerhin müssen dafür Verträge, vor allem mit Hauptdarsteller Michael Maertens, vorzeitig aufgelöst werden. „Wir haben es uns nicht leicht gemacht mit dieser Entscheidung“, sagte Intendant Markus Hinterhäuser, Sturmingers Inszenierung sei eben „an einem Ende angekommen“. Die Absetzung sei „nicht ganz glatt gelaufen, aber auch nicht so unrund, wie man es in mancher Zeitung lesen konnte“.

Philipp Hochmairs Traum

Wortkarger, aber hoch erfreut gab sich der neue Jedermann, Philipp Hochmair, zur Präsentation erschienen mit tiefem Ausschnitt und Goldketterl mit Kreuz: „Ein Traum geht in Erfüllung. Große Ehre. That’s it.“ Er ist ja 2018 in Salzburg für den erkrankten Tobias Moretti eingesprungen, nachdem er den reichen Mann in seinem Programm „Jedermann Reloaded“ sehr oft und sehr temperamentvoll gespielt hatte. Den Text kenne er natürlich sehr gut, sagte er, werde aber sicher nicht seine Interpretation aus „Jedermann Reloaded“ übernehmen, er sei da ganz offen für die Regie: „Keine Ahnung, wohin die Reise geht.“

Als Buhlschaft ihm zugesellt ist Deleila Piasko, 1991 in der Schweiz geboren: Sie war von 2019 bis 2022 Ensemblemitglied des Burgtheaters, war etwa in Thomas Köcks „Antigone“-Version als temperamentvolle Ismene zu erleben. Bei der „Jedermann“-Präsentation merkte man ihr den Respekt vor dem Stück und der „sehr aufgeladenen Rolle“ an.

Auch die weitere Besetzung, bei der der Intendant einiges mitgeredet haben soll, steht großteils fest: Andrea Jonasson – die schon im Jahr 1965 die Antigone gespielt hat und 2015 in der Josefstadt in Bernhards „Am Ziel“ eine herrische Mutter war – gibt Jedermanns Mutter, Joseph Lorenz den Schuldknecht, Nicole Beutler dessen Weib, Dominik Dos-Reis den Tod, Kristof van Boven den Mammon, Julia Windischbauer den Glauben und Christoph Krutzler den Dicken Vetter. In Doppelrollen: Kathleen Morgeneyer kombiniert den armen Nachbarn und die (guten) Werke, Christoph Luser – in jüngster Erinnerung als subtil derber Merkel Franz in „Kasimir und Karoline“ – den Guten Gesell, der Jedermann nicht begleiten will, und den Teufel, der ihn holt. „Eigentlich ist es derselbe Charakter“, erklärte Robert Carson auf Nachfrage geheimnisvoll. Jedenfalls sei der „Jedermann“ für ihn ein Ensemblestück.

„Riss in der Psyche“

Carsen betonte, dass er bereits vier Strauss-Opern mit Hofmannsthal-Text inszeniert hat – „Elektra“, „Ariadne auf Naxos“, „Rosenkavalier“ (bei den Salzburger Festspielen 2004), „Arabella“ –, schwärmte von der „Art, wie Hofmannsthal die Wörter zusammenfügt“, und von der Tradition des Mysterienspiels, der Kombination aus Religion respektive Kirche und Theater. Die anhaltende Wirkung des „Jedermann“ sei verständlich: „Jeder ist mit dem Thema beschäftigt, dass er einmal sterben muss. Dieses Stück befasst sich direkt damit.“ Er habe immer wieder Neues im Text entdeckt. So fasziniere ihn, dass Jedermanns „crack in his psyche“ nicht erst nach der Todesankündigung offenbar werde, sondern schon nach der Szene, in der die Mutter ihn tadelt. „Schon da sagt er ganz seltsame Dinge zu den Gästen seiner Party.“

So wurde einige Neugier geschürt. „You can see: No pressure, right?“, sagte Carsen ironisch. Spannend wird auch, welche anderen Stücke die neue Salzburger Schauspielleiterin bringt. Betont international soll ihr Programm werden, heißt es, mit fremdsprachigen Stücken ist zu rechnen, man munkelt sogar von einem Stück auf Litauisch. Der Festspiel-Diskurs geht weiter.

Tischgesellschaft soll bleiben

Und auch das Nachspiel zur „Jedermann“-Ablöse: „Wir wollen uns nicht freimachen von Verpflichtungen, die wir tatsächlich eingegangen sind“, versprach Hinterhäuser: „Wir sind kein Hire-und-Fire-Unternehmen.“ Jedenfalls hat Lukas Crepaz, der kaufmännische Direktor, da noch einiges zu tun. Die Tischgesellschaft aus Sturmingers Inszenierung versuche er zu behalten, sagte er. Man darf annehmen: nicht in denselben Kostümen.

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