Prozessfortsetzung

Sebastian Kurz spricht im Prozess über Herzerl-Emojis im SMS-Dschungel

Der Ex-Kabinettschef im Bundeskanzleramt Bernhard Bonelli (hinten) und der frühere Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mussten auch am Freitag als Beschuldigte ins Straflandesgericht Wien kommen.
Der Ex-Kabinettschef im Bundeskanzleramt Bernhard Bonelli (hinten) und der frühere Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mussten auch am Freitag als Beschuldigte ins Straflandesgericht Wien kommen.APA / APA / Helmut Fohringer
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Statt dem Hauptbelastungszeugen Thomas Schmid sagte am Freitag Ex-ÖBB-Finanzvorstand Arnold Schiefer aus. Dieser lieferte der WKStA süffisante Wortgefechte.

Sebastian Kurz ist am Freitag, dem vierten Verhandlungstag des Falschaussage-Prozesses, nur Randfigur. Im Mittelpunkt steht die erste Zeugenbefragung. Jene des FPÖ-nahen früheren ÖBB-Finanzvorstands Arnold Schiefer. Und diese gerät streckenweise zum sarkastischen Wortgeplänkel mit der Korruptionsstaatsanwaltschaft, der WKStA.

Dennoch meldet sich der Ex-Kanzler an diesem Prozesstag proaktiv zu Wort. Dabei geht es – wie so oft – um Chats, die er mit Ex-Öbag-Chef Thomas Schmid geführt hat. Und um die Frage, wann Schmid wie viele „Herzerln“ oder „Bussi-SMS“ verschickt hat.

Die Herzerln kamen erst 2018

Man sehe, dass ihm Schmid im Jahr 2017 mit derartigen Ausschmückungen sparsam umgegangen sei. Dieser Umstand passe nicht zum Anklagevorwurf, wonach Kurz seinem Vertrauten Schmid schon in diesem Jahr den Vorstandsposten bei der Öbag versprochen habe. Erst 2018 habe Schmid seine Textnachrichten verstärkt mit „Herzerln“ und Ähnlichem garniert.

Und das noch: Er, Kurz, habe sich 2017 einen bestimmten Pressesprecher, jemanden aus dem Finanzministerium, gewünscht. Schmid habe versprochen, sich darum zu kümmern. Nach Auftauchen der damals geführten Chats sei aber herausgekommen, dass Schmid den Wunsch des damals frisch gebackenen Kanzlers hintertrieben habe. Auch das zeige, dass Schmid und er ein weniger enges Verhältnis gehabt hätten, als die WKStA dies annehme.

WKStA will Bestrafung

Die Ausgangslage ist unverändert. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft will, dass Kurz wegen falscher Beweisaussage bestraft wird. Der Ex-Kanzler und vormalige ÖVP-Frontmann soll am 24. Juni 2020 vor dem parlamentarischen Ibiza-Untersuchungsausschuss seine eigene Rolle bei der Neuaufstellung der staatlichen Beteiligungsgesellschaft Öbag kleingeredet bzw. vorsätzlich heruntergespielt haben. Die WKStA bietet sogar (obwohl sie das nicht müsste) ein Motiv an: Kurz habe den Vorwurf, er mische überall mit und betreibe Postenschacher, nicht aufkommen lassen wollen.

Mitangeklagt ist sein früherer Kabinettschef Bernhard Bonelli. Auch er soll vor dem U-Ausschuss falsche Angaben gemacht haben. Beide Beschuldigte bestreiten diesen Vorwurf. Kurz wirft der WKStA vor, die Anklage resultiere aus einem „Zusammenspiel“ mit der Politik. Zur Erinnerung: Die in Opposition befindlichen Neos haben Kurz angezeigt. Die Verteidiger Otto Dietrich (für Kurz) und Werner Suppan (für Bonelli) plädieren auf Freispruch.

Hält die Diversion bei Glatz-Kremsner?

Ex-ÖVP-Vizeobfrau Bettina Glatz-Kremsner ist anfangs ebenfalls auf der Anklagebank des Straflandesgerichts Wien gesessen. Ebenfalls wegen eines Falschaussage-Vorwurfs. Sie erwirkte aber eine diversionelle Erledigung – verbunden mit einer Geldbuße von 104.060 Euro. Ob es bei der Diversion bleibt, ist, wie berichtet, einigermaßen fraglich, da die WKStA noch Beschwerde einbringen kann.

Nun zum Zeugen Arnold Schiefer. Dieser soll als FPÖ-Verhandler mit Thomas Schmid – dessen Zeugenaussage steht am 11. Dezember am Programm – ein Öbag-Personalpaket geschnürt haben. Die WKStA nennt dies die „Schiefer-Schmid-Vereinbarung“. Schiefer selbst verweist nun darauf, dass man über vieles geredet habe, aber letztlich die verantwortlichen Gremien und das Finanzministerium am Zug gewesen seien. Kurz habe nie bei ihm interveniert.

„Das ist ein widerlicher Kerl“

Auch Schiefer (nach seinem ÖBB-Engagement begebe er sich nun, wie er sagt, in die Privatwirtschaft) geht auf Distanz zu Schmid (dieser war vormals Generalsekretär im Finanzministerium): „Wir waren nie auf einem Festl gemeinsam.“ Wohl aber seien sie öfter „Kaffee trinken“ gewesen. Denn: „Informationen aus dem Finanzministerium hat man natürlich gut brauchen können.“

Chats zwischen Schmid und Schiefer zeigen, dass die beiden einmal ganz auf einer Linie fuhren und sich dann wiederum ziemlich konträr verhielten. Einmal hat Schmid geschrieben: „Dann machen wir endlich einmal eine richtige Party.“ Schiefer als Zeuge: „Die haben wir nie gemacht.“ Ein andermal schrieb Schmid einem anderen Chatpartner über Schiefer: „Das ist ein widerlicher Kerl.“ Schiefer nun dazu: „Das nehme ich als Kompliment. Mein Ziel war nicht, den Beliebtheitspreis der ÖVP zu gewinnen.“

Im Infight mit der WKStA hat Schiefer an diesem Tag Bemerkungen wie diese parat: „Ich habe es Ihnen schon dreimal erklärt, aber ich bin eh noch total guter Laune“. Oder auch das: „Jetzt holen Sie sicher gleich einen Zettel heraus. Stellen Sie mir nicht solche Fragen, sondern legen Sie mir gleich den Zettel hin.“ Richter Michael Radasztics mahnt an diesem Prozesstag mehrmals zur Sachlichkeit.

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