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Pilnacek-Mitschnitt: Opposition fordert Sobotkas Rücktritt, Nehammer spricht ihm Vertrauen aus

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP)
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) APA / APA / Eva Manhart
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ÖVP-Chef Karl Nehammer ortet in der Veröffentlichung einer heimlichen Aufnahme des verstorbenen früheren Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek „einen Tiefpunkt der politischen Auseinandersetzung“. Die SPÖ sieht Bundespräsident Van der Bellen gefordert, die Neos fordern eine Untersuchungskommission im Justizministerium.

ÖVP-Chef Karl Nehammer stellt sich ausdrücklich hinter Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka. Dieser „hat mein Vertrauen“, betonte der Kanzler am Mittwoch vor Journalisten. Der verstorbene und zuletzt suspendierte Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek hatte auf einer zuletzt veröffentlichten heimlichen Tonaufnahme behauptet, die ÖVP und namentlich Sobotka habe versucht, in Ermittlungen zu intervenieren. Sobotka bestreitet das.

„Ich muss ganz offen sagen, dass ich es persönlich mehr als pietätlos finde, was hier gerade passiert“, sagte Parteichef Nehammer im Pressefoyer nach dem Ministerrat auf Journalistenfragen. „Um Politik zu machen, wird die Totenruhe gestört.“ Dies warf der Kanzler auch Journalisten vor: „Sie würden mir die Frage nicht stellen, würden Sie die Totenruhe nicht stören.“ Pilnacek könne sich nicht mehr dazu äußern. „Wir erleben hier gerade einen Tiefpunkt der politischen Auseinandersetzung“, befand Nehammer, dies sei „moralisch nicht vertretbar“. Er werde sich daher nicht an dieser Diskussion beteiligen.

Nehammer: „Wolfgang Sobotka hat mein Vertrauen“

Auf die Rücktrittsaufforderungen der Opposition geht die ÖVP weiterhin nicht ein: „Wolfgang Sobotka hat mein Vertrauen“, unterstrich Nehammer auf eine entsprechende Frage. Auch Nehammer verwies wie schon sein Generalsekretär Christian Stocker tags zuvor darauf, dass Pilnacek in Untersuchungsausschüssen unter Wahrheitspflicht klar gesagt habe, dass es keine Interventionen gegeben habe.

Die Grünen reagieren weiterhin zurückhaltend. Der im Pressefoyer als Grünen-Vertreter anwesende Gesundheitsminister Johannes Rauch verwies darauf, dass seine Parteikollegin Justizministerin Alma Zadic die „Garantin“ dafür sei, dass Dinge aufgeklärt werden - „in aller Ruhe, in aller Sorgfalt, in aller Deutlichkeit“. Generalsekretärin Olga Voglauer hatte am Dienstag erklärt, sie an Sobotkas Stelle hätte auch angesichts früherer Vorwürfe „schon längst den Hut genommen, um das Ansehen dieses hohen Amtes zu schützen“.

SPÖ sieht Van der Bellen gefordert

Der einstige SPÖ-Fraktionsführer im Untersuchungsausschuss, Jan Krainer, forderte Sobotka am Mittwoch auf, dessen Amt zurückzulegen. Außerdem sieht Krainer nun nicht nur das Justizministerium in der Pflicht, sämtliche von Pilnacek erhobene Vorwürfe aufzuklären, sondern auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Es sei „an der Zeit, dass der erste Mann im Staat hier Wort ergreift, denn es kann ihm ja nicht egal ist, wer der Mann hinter ihm ist“.

Einen Untersuchungsausschuss der Opposition zu Pilnaceks Aussagen erachtet Krainer für nicht notwendig, denn: „Die Frage der politischen Verantwortung ist hier gar keine Frage mehr.“

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger sprach sich bei einer Pressekonferenz für eine unabhängige Untersuchungskommission im Justizministerium aus, etwa unter Vorsitz einer Person wie der ehemaligen OGH-Präsidentin und Ex-Neos Abgeordneten Irmgard Griss nach dem Vorbild jener Kommission nach dem Terroranschlag in Wien. Diese Frage habe sie auch mit Justizministerin Alma Zadic (Grüne) erörtert. Gleichzeitig brauche es eine unabhängige Bundesstaatsanwaltschaft. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss bringe dagegen aufgrund der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit und der zu erwartenden „Schlammcatcherei“ nichts.

Die Verteidigungslinie der ÖVP, wonach Pilnacek im U-Ausschuss Interventionen in Abrede gestellt habe, kann die Neos-Chefin nicht nachvollziehen. Der ehemalige Sektionschef habe lediglich eigene Interventionen verneint, bezüglich solcher Versuche ihm gegenüber habe er sich der Aussage entschlagen.

Auch im Nationalrat standen am Mittwoch die Vorwürfe gegen Sobotka im Fokus. Die Opposition forderte zu Beginn der Sitzung geschlossen den Rücktritt des Parlamentschefs, während die ÖVP von einem „unwürdigen Schauspiel“ sprach. Die Grünen meldeten sich nicht zu Wort.

Eine längere Rede hatte sich FPÖ-Klubchef Herbert Kickl vorgenommen, in der er diverse Vorwürfe gegen die ÖVP im allgemeinen und Sobotka im speziellen referierte. Kickl sah eine ganze Kette von schwerwiegenden Verfehlungen, die mit dem Nationalratspräsidenten im Zusammenhang stünden. Der zweithöchste Mann der Republik stehe im Verdacht, die Institutionen zum Durchsetzen parteipolitischer Machtinteressen zu missbrauchen und dann fehle ihm noch Horizont und Anstand zu wissen, was notwendig wäre. (APA)

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