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Debatte über Gesundheitsreform: „Rauch wurde über den Tisch gezogen“

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) im Nationalrat
Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) im NationalratAPA / APA / Eva Manhart
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Die FPÖ sieht Gesundheitsminister Johannes Rauch gescheitert, die SPÖ warnt vor „Kreditkarte statt E-Card“ beim Arztbesuch.

Die Opposition hat am Mittwoch am zweiten Plenartag zur Budget-Debatte im Nationalrat die Gesundheitsreform zerpflückt. Während FPÖ-Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) attestierte, in den Verhandlungen mit der Ärztekammer „über den Tisch gezogen“ worden zu sein, betonte SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher, dass es beim Arztbesuch immer öfter „Kreditkarte statt E-Card“ heiße.

Rauch selbst wies auf die erzielten Punkte hin, es gehe für Patientinnen und Patienten darum, „schneller zu Arztterminen zu kommen, weniger oft Wahlärzte und Wahlärztinnen in Anspruch nehmen zu müssen“ und ein besseres Angebot auch am Abend und ganztags zu haben. Von der Reform würden auch Ärztinnen und Ärzte profitieren, betonte der Minister, „weil die Gesamtbedingungen attraktiviert werden“. Auch würden viele Ärzte gerne in Primärversorgungseinheiten (PVE) arbeiten, deren Ausbau ja vorangetrieben werden soll, sagte der Minister. Es sei „eine neue Form des Arbeitens“, so könne man sich in den PVEs etwa „kollegial austauschen“.

Kaniak sah Rauch freilich gescheitert: „Das, was sie ursprünglich vorgehabt haben, ist in weiter Ferne“, so der FPÖ-Abgeordnete. Die in Aussicht gestellten 100 zusätzlichen Kassenstellen seien ein „Marketinggag“: Man schaffe „100 hochsubventionierte neue Stellen“, auf der anderen Seite würden sich aber keine Ärzte finden, die einen normalen Kassenvertrag annehmen wollen.

„Gesundheitssystem steht vor dem Multiorganversagen“

Neben Kucher kritisierte auf SPÖ-Seite auch SPÖ-Abgeordneter Mario Lindner die Regierung: Er verwies auf lange Wartezeiten für Facharzttermine, hohe Kosten für Wahlarzt-Besuche, Kassenstellen blieben „mehr und mehr unbesetzt“. Auch beklagte er „fehlende Medikamente für Kinder“, „Patienten, die am Gang schlafen müssen“, Pfleger und Ärzte würden „vor dem Burnout“ stehen. „Unser Gesundheitssystem steht vor dem Multiorganversagen“ - das würden Betroffene und Experten sagen. „Dieses Budget tut nichts, um diesen Kollaps auf Dauer zu verhindern.“

Kritik kam auch von Neos-Abgeordneter Fiona Fiedler. Die Finanzierung von Kassenstellen aus Bundesmitteln etwa sei „nur ein Eingeständnis, dass die Sozialversicherung ihre Aufgaben alleine nicht erfüllen kann“, sagte sie. Sie vermisst etwa „strukturierte Versorgungsprogramme für chronisch Kranke“ oder eine verpflichtende Teilnahme an ELGA. Man sehe in diesem Budget „keine ernsthaften Reformen“, so ihr Schluss.

ÖVP-Abgeordneter Josef Smolle verwies auf die getroffenen Maßnahmen, langfristig befinde man sich auf „stabilem Weg“. Unter anderem hob er die Gratis-HPV-Impfung für Jugendliche hervor, die ein „Meilenstein“ sei. Ganz anders als die Opposition urteilte auch der Grüne Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner: „Gewonnen haben die Menschen, die Patienten und Patientinnen in diesem Land“ - „weil die E-Card statt der Kreditkarte zum Einsatz kommt“ und man sich weg von der Zweiklassenmedizin bewege.

Weniger aufregend war zu Beginn der heutigen Budget-Debatte das Kapitel Soziales abgehandelt worden. Der Fokus lag dabei im Pensionsbereich, wo für die unterschiedlichen Berufsgruppen zusammengerechnet vier Milliarden Euro mehr ausgegeben werden. Dennoch gab es Kritik vor allem der SPÖ - etwa daran, dass Korridorpensionisten bei der eingezogenen Schutzklausel ausgenommen werden. Die Neos fanden wiederum, dass die Ausgaben für die Pensionen explodieren und entsprechend eingegriffen werden müsste. (APA)

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