TV-Notiz

„Der talentierte Herr Wolf“ im ORF: Er will die Böcke nicht teilen

Stefan Gollmann, passionierter Jäger & Bauer aus Bad Gleichenberg, in „Der talentierte Herr Wolf“
Stefan Gollmann, passionierter Jäger & Bauer aus Bad Gleichenberg, in „Der talentierte Herr Wolf“ORF
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Nach René Benko, Julian Hessenthaler, Thomas Schmid und Co. steht der Investor Siegfried Wolf im Fokus der ORF-Reihe. Im Vorfeld der Ausstrahlung ließ er seine Anwälte ausrichten: alle Aussagen würden genau geprüft.  

Es ist ein hässliches Bild, das die „Der talentierte Herr ...“-Reihe (bisher sind es nur Männer) im ORF von Österreich zeichnet. Viel ist darin von Netzwerken die Rede, von Ermittlungen, von Rechtsstreitigkeiten und – auch wenn es dieses Mal nicht dezidiert so bezeichnet wird – von Korruption. Im Fokus der Doku standen schon Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, Ibiza-Detektiv Julian Hessenthaler, Dauerchatter Thomas Schmid, Szene-Gastronom Martin Ho und Immobilien-Tycoon Rene Benko.

Dieses Mal wird einer der mächtigen Männer Österreichs porträtiert, der das Rampenlicht eher meidet: Siegfried Wolf, 66 Jahre alt, Manager, Investor und Multimillionär. „Der talentierte Herr Wolf“ spannt dabei einen Bogen von den Anfängen seiner Karriere über die Magna, wo er Manager war, bis zu den „Kontroversen“, wie es im gut 47 Minuten langen Film heißt, die da reichen „von mutmaßlicher Geldwäsche bis zum Vorwurf der Bestechung“.

Viele Menschen kommen zu Wort, einer nur auf Archivaufnahmen: Wolf selbst, der mit dem kritischen Film nichts zu tun haben will. Im Vorfeld der Ausstrahlung ließ er via Anwälte ankündigen: „Bitte nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass wir alle Aussagen, die in Ihrem Film getätigt werden, genau prüfen und gegebenen Falls mit allen möglichen Schritten unterbinden werden. Gerne sende ich Ihnen, wenn gewünscht, Belege für mein erfolgreiches gerichtliches Vorgehen gegen Rufmord und Verleumdung in der Vergangenheit zu“. Also heißt es, die Worte auf die Waagschale zu legen. Bis sie rechtskräftig sind.

Der Fall Eurofighter wird in der Doku wieder aufgerollt, dessen Zustandekommen nach wie vor Fragen aufwirft: Wer profitierte von den angeblichen Gegengeschäften? Brachte Wolf wirklich einen Teil dieser in Form von Goldbarren in die Schweiz? Kann man für eine Frage verklagt werden?

Die Zeit ist fast ein bisschen knapp für die vielen Thematiken, die Wolf umschwirren. Zum Teil geht es um die Russland-Connection, wo die Filmemacher eine schöne Szene gefunden haben: Der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sagt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin „Sigi Wolf brauch‘ ich glaub‘ ich nicht vorstellen“. Ein wirklich guter Draht in den Kreml wird Wolf attestiert, mehrfach. Seine Verbindungen zum russischen Oligarchen Oleg Deripaska bleiben etwas oberflächlich.

Eine besonders absurde Episode aus Wolfs Leben hätte ebenfalls durchaus mehr Zeit vertragen: Der Streit um die Pacht des größten Jagdreviers der Gemeinde Bad Gleichenberg. 16 Jahre lang habe er diese gehabt, erzählt ein ansässiger Jäger, aber man habe ihn gemeinschaftlich ausgebootet – was der Millionär juristisch anficht. Der Streitpunkt: Wolf wollte, so beschreibt es der Jäger, den Abschuss seiner Böcke nicht teilen.

Eine Teilung des Reviers wiederum habe er nicht gewollte, sagt Bad Gleichenbergs Bürgermeisterin Christine Siegel (ÖVP), und zitiert ihn mit „alles oder nichts“. Einer der wenigen Pinselstriche, mit denen Wolfs Persönlichkeit umrissen wird. Als „hemdsärmelig“ und übervorsichtig beschreibt ihn Ex-Politiker und Ex-Magna-Manager Peter Westenthaler. Als „sehr ehrgeizig“ eine ehemalige Schulkollegin. Wolf habe „fast alles in seinem Leben richtig eingeschätzt – außer Putin“, meint Automobilwirtschafts-Professor Ferdinand Dudenhöffer. „Er war relativ schnell beleidigt“, sagt wiederum Erich Schwarz, Ex-Betriebsrat in Steyr.

Das Schicksal von Steyr Automotive ist freilich auch Thema von „Der talentierte Herr Wolf“. Der Millionär übernahm das Lkw-Werk 2021 trotz Widerstands der Mitarbeiter. Der Investor und Unternehmer Roland Stagl erzählt in der Doku, dass er ebenfalls Pläne für Steyr hatte, bei Politik und Wirtschaft aber auf geschlossene Türen gestoßen sei. An wen der Zuschlag gehe, sei wohl schon festgestanden, sei ihm als „gelernten Österreicher“ klar geworden. Hässlich, was man über Österreich lernen muss.

„Der talentierte Herr Wolf“, ORF 1, Mittwoch 21:07 Uhr

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