Polen

Premier Morawiecki bei Vertrauensabstimmung gescheitert: Weg frei für Regierungswechsel

Donald Tusk nach den Wahlen am 15. Oktober.
Donald Tusk nach den Wahlen am 15. Oktober. Reuters / Kacper Pempel
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Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki ist bei der Vertrauensabstimmung im Parlament durchgefallen. Nun ist der Weg für einen Machtwechsel frei: Donald Tusk wird das Amt übernehmen.

In Polen steht ein Machtwechsel bevor: Der derzeit amtierender Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat am Montag Nachmittag die Vertrauensfrage für sein neues Kabinett gestellt – und ist bei der Abstimmung durchfallen.

Dies wiederum macht den Weg frei für einen Wechsel an der Spitze Polens, den die PiS lange hinausgezögert hat. Bereits am Montagabend wird das Parlament voraussichtlich den ehemaligen EU-Ratspräsidenten Donald Tusk mit der Regierungsbildung beauftragen. Der polnische Präsident Andrzej Duda beabsichtige „keine Verzögerung“. Die neue Regierung könne daher schon am Mittwochvormittag vereidigt werden.

Morawiecki kritisiert Tusk

Selten hat die polnische Öffentlichkeit so gespannt am politische Geschehen teilgenommen: Am Montag verfolgten Interessierte in einem Kino in Warschau die Rede Morawieckis - mit Popcorn. Morawiecki nutzte seinen letzten Auftritt als Regierungschef für Kritik an seinem wahrscheinlichen Nachfolger Donald Tusk. Dessen liberale Politik als Regierungschef von 2007 bis 2014 habe Polen ausländischen Interessen unterworfen und die Wirtschaft belastet, sagte Morawiecki. Der rechtskonservative Politiker entwarf in seiner Rede die Vision eines Polens, das zum „Land gut bezahlter Spezialisten“ werde und einen „Lebensstandard auf dem Niveau Westeuropas, ohne die dortigen Fehler zu wiederholen“.

Politik im Kino: Unterstützer von Donald Tusk verfolgen den vermutlich letzte Auftritt Morawieckis in einem Warschauer Kino.
Politik im Kino: Unterstützer von Donald Tusk verfolgen den vermutlich letzte Auftritt Morawieckis in einem Warschauer Kino.Reuters / Kuba Stezycki

Eine Abgeordnete von Tusks Bürgerkoalition (KO) stand als Zeichen des Protests mit dem Rücken zu Morawiecki während dessen Rede. Tusk kommentierte den Schwanengesang des PiS-Regierungschefs auf der Plattform X (vormals Twitter) mit folgenden Worten: „Auf die Plätze, fertig, los! („Ready, steady, go!“).

Der erste demokratisch gewählte Präsident Polens nach dem Fall des Kommunismus, der Gewerkschaftsführer und Friedensnobelpreisträger Lech Walesa, war im Sejm anwesend und erhielt stehende Ovationen der Opposition. Der 80-Jährige trug einen Pullover mit der Aufschrift „Verfassung“. Damit äußern Gegner der Regierungspartei PiS ihre Kritik an der Herrschaft der Partei, die sie als demokratischen Rückfall sehen.

Der frühere polnische Präsident und Friedensnobelpreisträger Lech Walesa im Sejm in Warschau.
Der frühere polnische Präsident und Friedensnobelpreisträger Lech Walesa im Sejm in Warschau.Reuters / Aleksandra Szmigiel

Bei der Parlamentswahl am 15. Oktober hatten drei proeuropäische Parteien der bisherigen Opposition unter Führung des ehemaligen EU-Ratspräsidenten Donald Tusk eine klare Mehrheit von 248 der insgesamt 460 Sitze im Sejm errungen. Ein Koalitionsvertrag ist bereits unterschrieben. Die PiS erhielt nur 194 Sitze und hat keinen Koalitionspartner.

Verfassung sieht Vertrauensfrage vor

Trotz dieser Mehrheitsverhältnisse hatte Präsident Andrzej Duda, der aus den Reihen der PiS stammt, Morawiecki mit der Regierungsbildung beauftragt und dessen Kabinett Ende November vereidigt. Die Verfassung sieht vor, dass der Regierungschef innerhalb von 14 Tagen nach der Vereidigung die Vertrauensfrage im Parlament stellen muss. Erst wenn er scheitert, ist das Parlament am Zug und kann aus seiner Mehrheit heraus eine Regierung bestimmen.

Nimmt Tusk bereits am EU-Gipfel teil?

Tusk könnte somit bereits am Donnerstag am EU-Gipfel in Brüssel teilnehmen. Der langjährige Regierungschef (2007-14), EU-Ratspräsident (2014-19) und Präsident der konservativen Europäischen Volkspartei (2019-22) hat versprochen, die polnische Position in Europa „wieder aufbauen“ zu wollen. „Wenn jemand Polen zurück auf den demokratischen Weg der EU führen kann, dann ist es Tusk“, sagte ein hochrangiger EU-Beamter der Nachrichtenagentur Reuters. „Wir vertrauen auf seine Führung.“ (APA, dpa, Reuters)

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