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Das Börse-Jahr im Rückblick: Technologie Top, Immobilien Flop

Technologieaktien wie Apple haben die Börsen heuer nach oben gezogen.
Technologieaktien wie Apple haben die Börsen heuer nach oben gezogen.Eric Thayer/Getty Images
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Tech-Werte waren heuer für den Großteil des Anstiegs verantwortlich. Doch gibt es drei weitere Branchen, die sich auch ganz gut entwickelt haben.

Wien. Es war das Jahr der Technologieaktien. Wenig überraschend war der IT-Sektor mit einem Plus von 50 Prozent der beste der elf Sektoren im globalen Aktienindex MSCI World. Größte Positionen sind Apple, Microsoft und Nvidia, also gleich drei der sieben Technologiganten. Auf den ersten Blick könnten man meinen, dass die Aktienrallye durchaus von mehreren Sektoren getragen wurde: Immerhin sind auch der Kommunikationssektor mit einem Anstieg um 42 Prozent und der zyklische Konsum mit einem Plus von 33 Prozent stark gestiegen. Allerdings: Die größten Werte unter den Kommunikationsunternehmen sind Google-Mutter Alphabet und Facebook-Mutter Meta, die größten Anbieter von zyklischem Konsum sind der Onlinehändler Amazon sowie der E-Auto-Hersteller Tesla. Damit ziehen die Magnificent Seven, jene sieben großen Unternehmen, die heuer für den Großteil des Aktienkursanstiegs verantwortlich waren, gleich drei Sektoren nach oben.

Auch die Bewertung dieser Unternehmen, also ihr Kurs-Gewinn-Verhältnis, ist gestiegen. Experten der DZ Bank haben den US-Index S&P 500 unter die Lupe genommen: Demnach ist der gesamte Bewertungsanstieg auf die Sektoren IT und Kommunikation sowie Amazon und Tesla zurückzuführen. Rechnet man diese heraus, sind US-Aktien heuer sogar günstiger geworden. Im Gegensatz zu den Tech-Werten habe die „Old Economy“ noch gar nicht von der Aussicht auf Zinssenkungen im nächsten Jahr profitiert. In den Kursen stecke noch einiges an Pessimismus drin, woraus sich Aufholpotenzial ergebe, meint DZ-Bank-Aktienstratege Sven Streibel.

Amazon pusht Konsumindex

Zyklische Konsumgüter sind solche, bei denen die Nachfrage stark mit dem Konjunkturzyklus schwankt, etwa Autos. Das Gegenteil sind alltägliche Konsumgüter, etwa Nahrungsmittel oder Haushaltsartikel. Diese Firmen – die größten sind Procter & Gamble und Nestlé – hatten heuer keinen besonders guten Lauf, sondern sind im Schnitt um zwei Prozent gefallen. Jahrelang galten solche Aktien als sichere Bank, weshalb sie auch „defensive Konsumfirmen“ genannt werden. Denn essen und putzen muss man schließlich auch in der Krise. Doch jetzt macht den Firmen die hohe Inflation zu schaffen: Die Kosten für Rohstoffe, Energie, Verpackung und Transport sind gestiegen. Und selbst wenn es sich große Firmen aufgrund ihrer Preissetzungsmacht leisten können, die Kosten an die Konsumenten weiterzureichen, können sie ihre Margen kaum erhöhen.

Zwei weitere Branchen brachten den Anlegern im Schnitt Verluste: Immobilien und Versorger. Beiden machen die hohen Zinsen zu schaffen. Die Unternehmen haben ihr Geschäft zu einem Gutteil fremdfinanziert und müssen sich jetzt teurer refinanzieren. Bei den Versorgern kommt hinzu, dass sie zu Jahresbeginn schon ziemlich hoch bewertet waren und Korrekturbedarf hatten. So hat etwa die größte Position NextEra, ein US-amerikanischer Energieversorger, der auf Solar- und Windkraft, aber auch Kernkraft, spezialisiert ist, seit Jahresbeginn fast ein Drittel verloren. Unter den Immobilienfirmen konnten sich immerhin ein paar Schwergewichte gut schlagen, die in Nischenbereichen tätig sind: Prologis ist ein Logistikunternehmen (und Logistikflächen sind angesichts des starken Trends zum Onlinehandel gefragt), Equinix bietet Dienstleistungen für Rechenzentren an.

Gesundheits- und die Energiefirmen kamen hingegen kaum vom Fleck. Viele Pharma- und Biotech-Firmen litten unter dem Wegfall des Rückenwinds durch die Coronakrise. Roche oder Pfizer gaben deutlich nach. Auf der anderen Seite profitierten Eli Lilly und Novo Nordisk vom Erfolg ihrer Abnehmspritzen. Die Ölkonzerne hatten im Vorjahr von der Unsicherheit rund um den Ukraine-Krieg profitiert, heuer gaben sie einen Teil ihrer Vorjahresgewinne wieder ab.

Indes gibt es drei Sektoren, die im Schnitt ein zweistelliges Kursplus aufweisen, ohne dass sie einen der großen Technologiekonzerne enthalten: Industrie, Rohstoffe und Finanzen. Schwergewichte sind etwa das Eisenbahnunternehmen Union Pacific, der Baumaschinenhersteller Caterpillar, der Industriegasekonzern Linde, der Bergbaukonzern BHP, Warren Buffetts Investmentholding Berkshire Hatha­way oder die Investmentbank JP Morgan. Sie alle konnten heuer zulegen.

Luxus statt Halbleiter

Doch wie geht es nun nächstes Jahr weiter? Die meisten Experten raten zu einer vorsichtigen Positionierung: Laurent Denize von Oddo BHF setzt auf defensive Werte: „Angesichts des weniger günstigen makroökonomischen Umfelds setzen wir auf Sektoren mit weniger konjunkturabhängigen Cashflows und insbesondere auf die Gesundheits- und Konsumbranche.“ Auch in Luxusaktien sei man wieder stärker investiert: Diese seien nach einem Rückgang nun günstig bewertet, und die Eintrittsbarrieren für Firmen in diesem Bereich seien nach wie vor hoch.

Tilmann Galler von JP Morgan rät zu Aktien mit einer stabilen, überdurchschnittlichen Dividendenrendite. Solche konnten in den vergangenen zwanzig Jahren einem wirtschaftlichen Abschwung besser widerstehen als der breite Markt.

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