Krise

René Benkos wertvollste Firma meldet Insolvenz an – Bleiben die Städte auf dem Schlamassel sitzen?

Das Lamarr-Kaufhaus sollte eigentlich 2025 fertiggestellt werden. Mit der Insolvenz des Unternehmens Signa Prime ist die Zukunft des Bauprojekts ungewiss.
Das Lamarr-Kaufhaus sollte eigentlich 2025 fertiggestellt werden. Mit der Insolvenz des Unternehmens Signa Prime ist die Zukunft des Bauprojekts ungewiss. Die Presse/Clemens Fabry
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Signa Prime ist der eigentliche Kern des Signa-Konzerns und hält die wertvollsten Immobilien – unter anderem das im Bau befindliche Lamarr-Kaufhaus in Wien. Was wird nun daraus?

René Benko wollte sie unbedingt retten. Signa Prime ist die wichtigste Firma in seinem Immobilienreich. Die Zweifel daran waren offenbar vorhanden. Schon vor Wochen wurde der Insolvenzantrag vorbereitet. Nun wurde er am Donnerstag beim Handelsgericht Wien eingereicht. Wie auch schon bei der Konzernmutter, Signa Holding, strebt man ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung an.

Gläubiger können ihre Forderungen demnach bis 14. Februar 2024 anmelden. Zum Insolvenzverwalter wurde der Rechtsanwalt Norbert Abel bestellt. Die erste Gläubigerversammlung und Berichtstagsatzung wurde für den 15. Jänner 2024 anberaumt. Der Sanierungsverwalter werde dann zu berichten haben, ob der Finanzplan eingehalten wird und ob Gründe für die Entziehung der Eigenverwaltung vorliegen, schreibt der Kreditschutzverband. Die Prüfungstagsatzung folgt am 26. Februar 2024. Die für die Prime entscheidende Sanierungsplantagsatzung mit der Abstimmung über den Sanierungsplan soll dann am 18. März 2024 stattfinden. Das Unternehmen bietet seinen Gläubigern eine Sanierungsquote von 30 Prozent, zahlbar binnen zwei Jahren.

Im Jahr 2022 hatte das Signa-Unternehmen Verbindlichkeiten in Höhe von 11,5 Milliarden Euro veröffentlicht. Nun belaufen sich die Schulden auf einmal nur auf 4,5 Milliarden Euro.

Die Vorstände und die Aufsicht

Das Geld floss aus allen Löchern. Allein die Hamburger Baustelle für den Elbtower verschlang 20 Millionen im Monat, bevor die Baufirmen die Arbeit niederlegten. Der erst vor Kurzem neu eingesetzte Vorstand Erhard Grossnigg dürfte keinen anderen Ausweg als die Insolvenz gefunden haben. Der Paradesanierer hatte sich als rationaler Entscheider einen Namen gemacht und kam für Signa sogar aus seinem Ruhestand zurück. Vor zwei Jahren fragte ihn „Die Presse“ nach den häufigsten Gründen von Pleiten. „Bei 99 Prozent ist Missmanagement die Ursache“, sagte Grossnigg damals. „Ganz selten gibt es exogene Faktoren. Die Pandemie ist so ein exogener Faktor.“ Nun lässt der Pleite-Experte per Signa-Aussendung wissen: „Es gilt, langfristige Lösungen zu finden. Die Qualität des Signa-Prime-Portfolios ist hervorragend.“

Der frühere Vorstandschef von Signa Prime, Timo Herzberg, der auch Signa Development leitete, wurde fristlos entlassen. Wie „Die Presse“ berichtete, war er in Ungnade gefallen, weil er mit dem Insolvenzantrag einer deutschen Immobilientochter von Signa vorgeprescht war. Er hatte sich als Gegenspieler positioniert. Signa wirft ihm hingegen vor, an seine eigene Firma Havit günstigere Mietverträge in Signa-Gebäuden vergeben zu haben.

Im Aufsichtsrat des Unternehmens befindet sich einmal mehr Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ). In diesem Gremium sind unter anderem auch der ehemalige Casinos-Austria-Manager Karl Stoss, Automobil-Platzhirsch Robert Peugeot und Wüstenrot-Chefin Susanne Riess-Hahn mit der Überprüfung der Geschäfte beauftragt.

Die Immobilien und Baustellen

Unter dem 2010 gegründeten Unternehmen befinden sich viele der Prestige-Gebäude, die über Ländergrenzen hinaus bekannt sind: von der Luxusmeile Goldenes Quartier über das Hotel Park Hyatt bis hin zu dem Kunstforum auf der Freyung. Projekte in Deutschland wie der Elbtower in Hamburg sind ins Stocken geraten. In Berlin, Düsseldorf und Stuttgart ruhen die Arbeiten an den Benko-Projekten ebenfalls. Dazu gehört auch die Alte Akademie in München.

In Wien sorgt vor allem das in Bau befindliche Lamarr-Kaufhaus auf der Mariahilfer Straße am Standort des ehemaligen Leiner-Flagship-Stores für Aufregung. Aktuell tätig ist das Bauunternehmen Habau. „Man habe die Arbeiten zu 99 Prozent abgeschlossen“, teilte Habau mit. Für das Lamarr haben zahlreiche Firmen Aufträge erhalten.

Gebaut wird seit Frühjahr 2021, heuer im Sommer wurde Dachgleiche gefeiert. Der Komplex soll im Endausbau ein Luxus-Kaufhaus sowie ein Hyatt Thompson Hotel umfassen. Benannt ist das Warenhaus nach der in Wien geborenen Hollywood-Schauspielerin Hedy Lamarr. Die Eröffnung war eigentlich für 2025 geplant.

Die Zukunft und die Baupolizei

Doch was passiert nun mit den ganzen Prestige-Objekten? Schauen die Städte auf jahrelange Bauleichen? Bisher wurde über einen Baustopp des Lamarr-Objekts nur spekuliert. Von Signa wurden keine Verzögerungen gemeldet. Bauverzögerungen müssen der Stadt Wien nicht gemeldet werden. Lediglich nach vier Jahren ab Baubeginn erlischt die Baubewilligung, wenn sie nicht ausgenützt worden ist. „Das ist bei diesem Gebäude aber nicht der Fall, weil der Rohbau schon fast fertig ist“, heißt es von der Stadt Wien zur „Presse“.

„Die Baupolizei überprüft die Baustellen anlassfallbezogen“, heißt es weiter. Aufgrund der Sensibilität des Projekts sei die MA 37 hier regelmäßig vor Ort. „Die bauausführende Firma Habau hat zugesagt, die Baustelle weiterzuführen und im Fall einer Unterbrechung der Arbeiten für eine ordnungsgemäße Absicherung zu sorgen, sodass keine Gefährdungen entstehen sollten“, wird versichert.

Den Beamten zufolge, könne der Masseverwalter in der Insolvenz die Fortführung gewisser Teile eines Unternehmens anordnen, sodass die Insolvenz an sich noch kein Grund zum Baustopp sei. Die Baubewilligung würde auch für allfällige Rechtsnachfolger, die im Konkurs die Liegenschaft erwerben, gültig bleiben. „Sie sind dann genauso wie die Signa an alle Auflagen gebunden, insbesondere auch daran, den Dachgarten der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen“, wird betont.

Außerdem gibt es da noch den zweiten Investor. Die thailändischen Central Group hält etwa die Hälfte an dem Lamarr-Projekt. Gemeinsam mit den Thailändern hatte Benko auch die britische Warenhauskette Selfridges erworben. Vor Kurzem stockte die Central Group hier ihre Anteile auf die Mehrheit auf, Signa hält nur noch 45 Prozent. Auch bei dem Berliner Traditions-Shoppingtempel KaDeWe sind die Thailänder inzwischen Mehrheitseigentümer.

Die Gläubiger und Kreditschützer

Von der Insolvenz sind rund 300 Gläubiger und 28 Arbeitnehmer betroffen. Signa Prime ist die größte Immobilien-Gesellschaft der Gruppe mit 54 Immobilien und mit mittelbaren wie unmittelbaren Beteiligungen an 369 Gesellschaften. Zuvor haben nicht nur die Konzern-Mutter Signa Holding Insolvenz angemeldet, sondern auch mehrere kleinere Firmen in Österreich wie in Deutschland.

„Mit jeder zusätzlichen Insolvenz wird es schwieriger, die Signa-Gruppe als Ganzes zu sanieren“, sagt Gerhard Weinhofer vom Kreditschützer Creditreform zur „Presse“. „Die Unruhe und die Verunsicherung bei den Gläubigern steigen.“ Vor Kurzem noch erhaltene Zahlungen könnten unter Umständen vom Masseverwalter angefochten werden. Schließlich war die Schieflage medial bekannt.

Ebenfalls in Schieflage befindet sich die Entwicklungsfirma Signa Development. Laut einer Signa-Aussendung wird sie am Freitag ebenfalls einen Antrag auf ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung stellen.

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