EU-Wahl

Wagenknechts Europa-Programm: „EU in ihrer aktuellen Verfassung schadet der europäischen Idee“

Sahra Wagenknecht (2. von links) und ihre Mitstreiter bei der Präsentation ihres Bündnisses am 8. Jänner in Berlin.
Sahra Wagenknecht (2. von links) und ihre Mitstreiter bei der Präsentation ihres Bündnisses am 8. Jänner in Berlin.Imago / Bildgehege
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Die neue Polit-Gruppierung kritisiert die „Regelungswut der EU-Technokratie“ und will eine Kehrtwende von der bisherigen EU-Klimapolitik. Gegen EU-Recht solle Deutschland verstoßen, wenn es sein muss. Und der Ukraine krieg hätte längst beendet werden können.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht will die EU bei einem Wahlsieg zurechtstutzen und unter anderem die bisherige Klimaschutzpolitik abwickeln. So soll der Handel mit CO₂-Zertifikaten abgeschafft werden. „Dieser Zertifikatehandel ist völlig ungeeignet, um klimapolitische Ziele zu erreichen“, heißt es im Entwurf des Europa-Wahlprogramms der neuen Partei. Es fordert darüber hinaus die unbefristete Nutzung von Verbrennermotoren und die Rückkehr zu Importen von Öl und Gas aus Russland.

Der Entwurf liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Zunächst hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet. Das BSW wurde vergangene Woche gegründet und will bei der Europawahl am 9. Juni erstmals antreten. Der Programmentwurf soll bei einem Parteitag am 27. Jänner besprochen werden.

Deutschland soll sich nicht strikt an EU-Recht halten

Das Papier übt fundamentale Kritik an der EU in jetziger Form und fordert einen Rückbau: „Die EU in ihrer aktuellen Verfassung schadet der europäischen Idee“, heißt es. Als Ziel wird formuliert: „Was lokal, regional oder nationalstaatlich besser und demokratischer regelbar ist, darf nicht der Regelungswut der EU-Technokratie überlassen werden.“

Gegebenenfalls solle sich Deutschland an EU-Regeln nicht halten: Das BSW trete „für die Nichtumsetzung von EU-Vorgaben auf nationaler Ebene ein, wenn sie wirtschaftlicher Vernunft, sozialer Gerechtigkeit, Frieden, Demokratie und Meinungsfreiheit zuwiderlaufen“. Das widerspräche dem Grundsatz, dass EU-Regeln für alle 27 Mitgliedsstaaten verbindlich sind. Sie werden von den Regierungen gemeinsam mit dem EU-Parlament ausgehandelt.

Im BSW-Programmentwurf heißt es weiter, das EU-Budget dürfe nicht weiter wachsen und die EU solle keine eigenen Einnahmen bekommen. Zudem sollten vorerst keine neuen Mitglieder dazukommen, auch nicht die Ukraine. Nötig sei „ein Moratorium für die EU-Erweiterung“.

Andererseits plädiert der Entwurf für mehr Eigenständigkeit: „Europa muss eigenständiger Akteur auf der Weltbühne werden, statt Spielball im Konflikt der Großmächte und Vasall der USA zu sein.“ Europa dürfe auch „nicht länger eine digitale Kolonie der Vereinigten Staaten sein“, sondern brauche eine eigenständige digitale Infrastruktur.

Ukraine: „Stellvertreterkrieg zwischen Nato und Russland“

Weiter heißt es: „Der Krieg in der Ukraine ist ein blutiger Stellvertreterkrieg zwischen der NATO und Russland.“ Der Krieg sei zwar „militärisch von Russland begonnen (worden), aber er wäre vom Westen verhinderbar gewesen und hätte längst beendet werden können“. Nötig seien ein Waffenstillstand und Friedensverhandlungen. „Um Russland zur Aufnahme von Verhandlungen zu motivieren, sollte für diesen Fall der sofortige Stopp aller Rüstungsexporte in die Ukraine angeboten werden“, heißt es in dem Papier.

In der Migrationspolitik wiederholt der Entwurf die bekannte Position Wagenknechts: Asylverfahren an den EU-Außengrenzen oder in Drittstaaten und Bekämpfung von Fluchtursachen. Und auch Wagenknechts Kritik an der sogenannten Cancel Culture findet sich wieder: „In der Attitüde eines modernen Wahrheitsministeriums nehmen viele Politiker und Journalisten oder die sogenannten Faktenchecker heute für sich in Anspruch festzulegen, was richtig und was falsch ist.“ Teil dieser Cancel Culture sei der Digital Service Act der EU, der zurückgenommen werden müsse. Er macht nach Darstellung der EU-Kommission Vorgaben für Plattformen, die im Binnenmarkt systemrelevant sind, und soll dabei die Grundrechte der Nutzer schützen. (APA/dpa)

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