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Rechtsextremen-Treffen: AfD-Mitarbeiter soll mit Beteiligung an Aktivisten-Übergriff geprahlt haben

Ein Demonstration gegen die AfD in Potsdam.
Ein Demonstration gegen die AfD in Potsdam.Imago / Thomas Imo
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Bei einem Treffen Rechtsextremer in Potsdam soll Mario Müller, langjähriges Identitären-Mitglied, zugegeben haben, einen Schlägertrupp auf einen Kronzeugen im rechten Milieu angesetzt zu haben. Die linke Politikerin Sarah Wagenknecht räumt Kontakte zum Organisator der Potsdam-Zusammenkunft ein.

Es gibt neue Enthüllungen rund um ein Treffen Rechtsextremer in Potsdam im November. Nicht nur Ex-Identitären Sprecher Martin Sellner soll daran maßgeblich beteiligt gewesen sein. Einer der Teilnehmer war auch der wegen Körperverletzung vorbestrafte Mario Müller, langjähriger führender Kopf der Identitären Bewegung und Mitarbeiter in einem AfD-Bundestagsbüro, berichtet die Rechercheplattform „Correctiv“.

Bei der geheimen Zusammenkunft zwischen AfD-Politikern, Neonazis und privaten Unterstützern im November 2023 soll sich Müller damit gebrüstet haben, für einen gewalttätigen Übergriff mitverantwortlich zu sein und eine politische Fahndungsplattform zu betreiben. Müller ist Mitarbeiter im Büro des AfD-Bundestagsabgeordneten Jan Wenzel Schmidt. Dem Bericht zufolge solle er beim Treffen gesagt haben, er habe den Aufenthaltsort eines potenziellen Kronzeugen im rechten Milieu publik gemacht und einen Schlägertrupp auf ihn angesetzt.

Auf Anfrage von Correctiv dementiert Müller eine Beteiligung an dem Übergriff: „Ich habe niemals einen “Schlägertrupp„ auf irgendjemanden angesetzt“, teilte er mit. Er habe sich nur „mit polnischen Journalisten“ über den Aufenthaltsort des Mannes ausgetauscht und dann „aus dem Internet“ von dem Angriff erfahren.

Aufenthaltsort des Aktivisten an Hooligans weitergegeben

Dagegen stehen seine Aussagen in dem Vortrag auf dem Geheimtreffen: Müller behauptete demnach vor seinen Zuhörern, er habe den Aufenthaltsort des Antifa-Aktivisten im November 2021 herausgefunden und diesen an „polnische erlebnisorientierte Fußballkreise“ weitergegeben - also Hooligans. Diese wiederum hätten den Mann auf der Straße „sehr handfest und sportlich konfrontiert“, woraufhin das Opfer einen Nervenzusammenbruch erlitten habe. Dabei handelt es sich um den heutigen Kronzeugen beim Prozess gegen die in erster Instanz wegen linksextremer Gewalttaten verurteilte Lina E.

In seinen Ausführungen vor den Zuhörern im Landhaus Adlon bei Potsdam machte Müller den Quellen der Redaktion zufolge zudem deutlich, dass er nicht nur die Antifa als Feind begreife, sondern unter anderen auch Politiker, linke Zivilgesellschaft und Journalisten. Durch seine Position im Bundestagsbüro habe er Zugriff auf vertrauliche Informationen, die er als „extrem rechter Gewalttäter“ nutzen könnte, „um seine politische Agenda zu betreiben“, befürchtet die Thüringer Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss (Linke).

Mit den Vorwürfen konfrontiert, schreibt Müller, er lehne Gewalt „aus Überzeugung“ ab. „Von mir geht für niemanden im Deutschen Bundestag oder anderswo ein Risiko aus.“ Als wissenschaftlicher Mitarbeiter arbeite er ausschließlich mandatsbezogen an Sach- und Öffentlichkeitsarbeit.

Wagenknecht: „Mörig hat mir nette Mails geschrieben“

Müller soll sich bei dem Treffen Correctiv zufolge außerdem gebrüstet haben, hinter einem reichweitenstarken Account auf dem Kurznachrichtendienst X zu stecken: „Dokumentation Linksextremismus“. Der Account verbreitet Details über linke Akteure, Politiker und Journalisten mit Klarnamen, Fotos und anderen Angaben, um sie in den Fokus der rechten Szene zu setzen. Dazu befragt, dementierte er eine Beteiligung an dem Account pauschal, ohne nähere Angaben zu machen.

Zudem gab die Gründerin der Partei BSW und Ex-Fraktionschefin der Linken im Bundestag, Sahra Wagenknecht, am Mittwochabend ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ zu, vor Jahren Kontakt zum Rechtsextremisten Gernot Mörig gehabt zu haben. Mörig gehört zu den Initiatoren einer Versammlung in Potsdam.

Mörig habe sich mit ihr 2013 oder 2014 per Mail in Verbindung gesetzt, sagt Wagenknecht nun bei Lanz. Er habe ein Abendessen mit dem linken Kabarettisten Volker Pispers in einem Restaurant organisiert. „Der (Mörig) hat mir nette Mails geschrieben“, so Wagenknecht. „Ich war überhaupt nicht böswillig, dass der aus der rechten Szene kommt.“ Das sei ihr erst klar geworden, als sie jetzt von dem Potsdamer Treffen im Oktober gelesen habe.

„Nazis raus“: Demonstrationen in Berlin und Freiburg gegen die AfD

Am Mittwochabend demonstrierten erneut mehrere Tausend Menschen in Deutschland gegen Rechtsextremismus - diesmal in Berlin und Freiburg. Die Organisatoren der Freiburger Demonstration berichteten von 10.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Ein Sprecher der Polizei ging von 6.000 bis 7.000 Leuten aus. Zu der Kundgebung aufgerufen hatte ein Bündnis lokaler Partei-Jugendorganisation.

In Berlin gingen der Polizei zufolge etwa 3.500 Menschen auf die Straße. Sie versammelten sich mit Plakaten wie „Nazis raus“ und Parolen gegen den AfD-Politiker Björn Höcke vor dem Roten Rathaus, dem Sitz des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner. Nach Angaben der Polizei verlief die Kundgebung ohne Zwischenfälle.

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hatte den Demonstranten gedankt, die „gegen Rassismus, Hetze und für unsere freiheitliche Demokratie“ auf die Straße gehen. (APA/red.)

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