Nationalratswahl

Dominik Wlazny und seine bierernsten Pläne für den Herbst

Akos Burg
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Mediziner, Kabarettist, Musiker, Autor – und, wenn es nach ihm geht, bald Nationalratsabgeordneter: Wer ist Dominik Wlazny alias Marco Pogo? Und was will er überhaupt?

Helmut Qualtinger war es, der 1958 sagte: „Simmering gegen Kapfenberg, des nenn‘ i Brutalität“. Jetzt möchte Dominik Wlazny, alias Marco Pogo, sinnbildlich „den FC Simmering fit machen für die Bundesliga“. Das heißt: Der 37-Jährige hat vor, mit seiner Bierpartei bei der Nationalratswahl im Herbst zu kandidieren. Allerdings nur, wenn bis 30. April genug Budget für eine Kandidatur zusammenkommt.

In der Rechnung des Parteichefs und -gründers braucht es dafür rund 20.000 zahlende Parteimitglieder – bei aktuell 59 Euro Jahresbeitrag für eine Mitgliedschaft wären das 1,18 Millionen Euro. Das Geld könne freilich auch durch Spenden vieler Einzelpersonen, aber keiner Großspender zusammenkommen, sagt Wlazny am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. Sollte das Ziel nicht erreicht werden, werde die bis dahin eingenommene Summe für die bereits angefallenen Kosten verwendet. Die 20.000-Mitglieder-Marke ist, dem Bundesliga-Vergleich entsprechend, sportlich. Aktuell zählt die Partei nämlich nur 1.300 aktive Mitglieder. Zur Einordung: Die SPÖ hat alleine in Wien mehr als 30.000 Mitglieder. Pogo zeigt sich aber durchaus optimistisch, das Ziel zu erreichen. Grund für die Zuversicht seien Zuspruch und Zulauf während der vergangene Wahlkämpfe, sagt er.

Es ist immerhin nicht das erste Mal, dass die Bierpartei sich dem Wählervotum stellt. Zum ersten Mal trat „BIER“ bei der vorgezogenen Nationalratswahl 2019 an, damals allerdings nur in Wien. In der Hauptstadt kandidierte Pogos Liste daraufhin auch bei der Landtags- und Gemeinderatswahl im Oktober 2020, verfehlte mit den erreichten 1,80 Prozent der Stimmen aber den Einzug in den Landtag. Allerdings sitzen Bierpartei-Kandidaten seither in elf Wiener Bezirksvertretungen. Wirklich erfolgreich war Wlazny zum ersten Mal bei der Bundespräsidentschaftswahl 2022, als er mit 8,3 Prozent der Stimmen immerhin auf Platz drei hinter Alexander van der Bellen und Walter Rosenkranz (FPÖ) landete. Ein gutes Marketinginstrument für seine diversen Unternehmungen war der Wahlkampf freilich obendrein. 

Und jetzt hat der Wiener also ein neues Ziel: Den Einzug in den Nationalrat. Wobei: Eigentlich gehe es ihm hauptsächlich darum, Themen öffentlichkeitswirksam anzusprechen, die sonst in Österreich zu kurz kämen, erklärt er. Die Stichworte klingen insgesamt wie dem Parteiprogramm der SPÖ entnommen: Chancengleichheit, Bildungsgerechtigkeit, ein faires Gesundheitssystem, leistbare Mieten, „g’scheite Entlohnung“, und ein „Lebensalltag, in dem sich alles wieder ausgeht“. Im Unterschied zur SPÖ sei die Bierpartei allerdings „unverbraucht und frei von Eigeninteressen“, sagt Wlazny, auf die Parallelen zur Sozialdemokratie angesprochen. Außerdem könne ja gar nicht genug über diese Themen gesprochen werden. Auch, dass er der SPÖ Stimmen wegnehmen und so Herbert Kickl erst recht zum Kanzler machen könnte, macht ihm keine Sorgen. „Das ist die alte Mär vom Stimmenwegnehmen“, sagt er. „Aber die Stimmen gehören den Leuten, sie geben sie den Parteien auf Zeit.“ 

Wer steht noch auf der Liste?

Wer noch auf seiner Liste stehen soll, ist derzeit noch nicht bekannt. Die Listenerstellung obliegt laut Parteistatut dem Vorstand. Der wiederum besteht derzeit aus vier Personen, darunter Wlazny, sein Vater, ein Kassier und ein Schriftführer. Der Parteichef wird von der Mitgliederversammlung gewählt. Wie „profil“ berichtet, sind dort aber nur die Mitglieder des Vorstandes antragsberechtigt. Der Name „Bierpartei“ soll übrigens auch im Wahlkampf beibehalten werden. In den Satzungen fanden sich einst Passagen wie: „In einer Bierokratie geht die Macht vom Bier aus“, oder: „Die Partei bekannt sich zur Meinungsfreiheit ebenso wie zur freien Wahl des Bieres“. Heute ist das anders, Bier ist aber nach wie vor Wlaznys humoristisches Stilmittel. Eine bloße Spaß-Partei ist die Bier-Partei, das zeigt auch die Arbeit in den Bezirksvertretungen, aber nicht mehr. 

Wlazny selbst ist eine Art Tausendsassa: nicht praktizierender Doktor der Humanmedizin, Chef der Agentur „Pogo’s Empire“, Kabarettist, Politiker und Autor. Vor allem aber ist er Musiker. Als „Marco Pogo“ ist Wlazny Frontman der Punkrockband „Turbobier“, die – durchaus erfolgreich – Titel wie „Heute fahr ma Polizei“, „D.U.R.S.T“ oder „Arbeitslos durch den Tag“ herausbrachte. Und: Pogo, obwohl er niemals im Anzug, dafür mit schwarzem Kapuzenpulli oder wahlweise auch Tigerprint-Hemd und zerissener Jenas auftritt, sieht sich durchaus als Staatsmann. Seine internationalen Tourerfahrungen mit „Turbobier“ bezeichnete er in der Vergangenheit als „eine Form der Repräsentanz“. Auf den Vorhalt, er kenne den politischen Betrieb nicht von Innen, sagt er: „Zum Glück“. Das ganze Gemauschle sei ihm zuwider. 

Mit solchen Aussagen, vorgetragen in Simmeringer Dialekt, will Pogo gerade bei den Jungen punkten – bei denen, „die den ganzen Laden einmal übernehmen werden“, wie er sagt. Und er will jene zurückholen, „die sich vielleicht schon von der Politik abgewendet haben.“ Ob das reicht, um in der Bundesliga zu reüssieren? Das kommt am Ende immer auch auf die Gegner an.

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