Landwirtschaft

Bauernproteste: Totschnig sieht EU gefordert

Clemens Fabry
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Die Bauernproteste überschatten die Grüne Woche in Berlin. Vergleichbar seien die Proteste mit Österreich nicht, so heimische Agrarvertreter. Die Sorgen teile man jedoch. Für die Bauern ging ein schwieriges Jahr zu Ende.

Es ist frostig in Berlin und es liegt Schnee. Traditionell zum Jahresbeginn versammelt sich alles, was in der Agrar- und Landwirtschaftsbranche Rang und Namen hat, in der Messe der deutschen Hauptstadt. 1400 Aussteller aus 60 Ländern zeigen sich hier: Landmaschinen vor installierten Wäldern, Züchter bringen ihre Kühe und Ziegen mit, und Unmengen an Essensständen bilden ein jahrmarktähnliches Bild.

Überschattet wird die augenscheinliche Unbeschwertheit heuer von den deutschen Bauernprotesten. Während einem Speckwürfel und kleine Gläschen in den Hallen entgegengestreckt werden, rollen vor den Hallen Bauern mit ihren Traktoren an. Der Grund ihres Zorns: weniger Geld. Deutschlands Regierung sieht im Bundeshaushalt 2024 kräftige Einsparungen vor und verteidigt die geplante Abschaffung von Steuervergünstigungen für die Bauern.

Bauern verdienten weniger

Proteste, die Österreichs Landwirtschaftsminister, Norbert Totschnig, Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger und Bauernbund-Präsident Georg Strasser nachvollziehen können, wie sie beim Besuch der Grünen Woche äußern. Die Kritik verdient die EU aus ihrer Sicht, deren „Regulierungspolitik“ sie zu hinterfragen. Der Minister sieht die EU durch die Proteste klar gefordert. Die „Schmerzpunkte“, wie etwa sinkende Erzeugerpreise oder neue EU-Auflagen im Zuge des Green Deals, teile man, so Moosbrugger. Dennoch sei die Situation nicht vergleichbar, seien Landwirte in Österreichs Regierung, anders als in Deutschland, vertreten. Totschnig verweist auf das wegen der hohen Inflation aufgestockte Agrarbudget 2024, wonach es heuer 129,5 Mio. Euro mehr als im Vorjahr gebe.

Geld, das für die Bäuerinnen und Bauern notwendig sein dürfte. Denn anders als 2022 war das Vorjahr ein schweres für sie. So geht aus ersten Schätzungen der Statistik Austria hervor, dass Österreichs Bauern 2023 wesentlich weniger verdient haben. Das sogenannte Faktoreinkommen (Einkommen aus Boden, Arbeit und Kapital) sank im Vorjahr real um 21,4 Prozent, 2022 hatte es noch um 23,6 Prozent zugelegt. Nominell sank das Faktoreinkommen um 16,2 Prozent auf rund drei Mrd. Euro. Laut landwirtschaftlicher Gesamtrechnung ging der Unternehmensgewinn um 21,8 Prozent auf rund 2,2 Mrd. Euro zurück.

Exporte gingen zurück

Starke Schwankungen, die von den globalen Agrarmärkten bestimmt werden. Die „wesentlichen Faktoren“ laut den Statistikern seien vor allem die starken Preisrückgänge für Getreide und Ölsaaten, weniger öffentliche Gelder und die gestiegenen Abschreibungen. Abgeschwächt worden sei das Einkommensminus durch höhere Preise in der tierischen Produktion und moderate Einsparungen bei den Vorleistungskosten.

PW

Rückgänge zeigen bisher auch die vorläufigen Export- und Importzahlen im Lebensmittelbereich der ersten drei Quartale 2023. Zwar legte der Wert der agrarischen Exporte wegen der Inflation um 6,1 Prozent auf 12,67 Mrd. Euro zu, mengenmäßig gingen die Ausfuhren aber um sechs Prozent auf rund 7,4 Millionen Tonnen zurück. Der Wert der importierten Waren legte im selben Zeitraum 7,2 Prozent (12,77 Mrd. Euro) zu, womit die agrarische Außenhandelsbilanz mit einer Differenz von minus 94 Mio. Euro leicht negativ ausfällt. Exportschlager aus Österreich sind nach wie vor Milchprodukte – allen voran Käse –, gefolgt von Wurst-, Schinken- und Speckwaren. Nach wie vor ist Deutschland der mit Abstand wichtigste Exportpartner für Österreich.

Im Zuge der heurigen Europawahl werden die Weichen für die EU-Agrarpolitik in Brüssel neu gestellt, so Strasser bei der Grünen Woche. Er plädiert für „Maß, Ziel und Hausverstand“. Denn: „Die Entscheidungen, die dort getroffen werden, treffen unsere Landwirte direkt.“

Compliance-Hinweis

Die Autorin reiste auf Einladung des Landwirtschaftsministeriums, das auch einen Teil der Reisekosten übernahm, nach Berlin.

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