EU-Außenminister

Die Europäer wollen wieder einmal den Nahostkonflikt beenden

Israels Außenminister Katz appellierte in Brüssel für die Freilassung der Hamas-Geiseln.
Israels Außenminister Katz appellierte in Brüssel für die Freilassung der Hamas-Geiseln.John Thys/AFP/APA
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Treffen mit den Vertretern der wichtigsten Akteure der Region – allen voran Israel und Palästina – blieben am Montag ohne konkrete Ergebnisse.

Brüssel. Mit einem Zwölf-Punkte-Plan möchte Josep Borrell zum Ende seiner Amtszeit als Hoher Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik Frieden im Nahen Osten schaffen – allerdings erst in einer fernen Zukunft, und erst, nachdem der akute Gaza-Krieg auf andere Weise beendet ist.

Borrells dreiseitiges Non-Paper (so nennt man eine informelle Diskussionsvorlage) kontrastierte jedoch stark mit der Stimmung beim Ratstreffen der EU-Außenminister am Montag in Brüssel unter seinem Vorsitz. Nach einer Debatte, die dem russischen Krieg gegen die Ukraine gewidmet war und erwartungsgemäß keine greifbaren Fortschritte in der Frage der fortgesetzten Rüstungshilfe für die ukrainischen Streitkräfte brachte, wandten sich die Europäer dem Nahen Osten zu. Eigens eingeladen waren die Außenminister Israels, Saudiarabiens, Jordaniens und Ägyptens sowie der Generalsekretär der Liga Arabischer Staaten und der Außenminister der Palästinenserbehörde. Mit ihnen hielten die EU-Vertreter bilaterale Gespräche ab, was sich angesichts der knappen Zeit und großen Teilnehmerzahl ebenso logistisch komplex wie inhaltlich mager darstellte.

Borrells Non-Paper zur „Schaffung eines umfassenden Friedensplanes“ kam da kaum zur Sprache. Denn die konkreten Interessen der geladenen nahöstlichen Gäste sind woanders. Israels Außenminister, Israel Katz, betonte beim Eintreffen im Ratsgebäude, für ihn gehe es hier darum, die Unterstützung der EU für die Freilassung der verbliebenen Dutzenden Geiseln in den Händen der palästinensischen Terrororganisation Hamas zu bekräftigen, und ihren Rückhalt für die laufende Militäroperation gegen die Hamas im Gazastreifen. „Wir müssen unsere Sicherheit zurückbringen“, sagte Katz und hielt Bilder von israelischen Geiseln vor die Kameras.

Wie sieht Borrells Zwölf-Punkte-Plan konkret aus? Eines vorweg: Mit dem aktuellen Krieg will er sich gar nicht befassen. „Dieses Dokument maßt sich nicht an, wie mit den Terrorangriffen der Hamas seit dem 7. Oktober 2023 umzugehen ist, und auch nicht mit der schlimmen humanitären Situation, der Führung und der Beendigung des Gaza-Krieges“, heißt es vorweg. Diese Fragen würden anderswo behandelt. Vielmehr gehe es darum, „den Konflikt und die Besetzung Gazas anzusprechen, die dem Gaza-Krieg vorausgingen und die, wenn sie nicht angesprochen werden, erwartungsgemäß zu weiteren Kriegen führen werden.“

Konferenz ohne Kriegsparteien

Ausgangspunkt von Borrells Plan ist die Feststellung, dass „es keine glaubwürdige umfassende Lösung gibt als einen unabhängigen palästinensischen Staat, der Seite an Seite mit Israel lebt“. Wie bekommt man den? „Es ist unrealistisch, davon auszugehen, dass Israelis und Palästinenser in der näheren Zukunft bilaterale Friedensverhandlungen aufnehmen werden“, räumt das Papier ein. „Die Palästinenser werden eine revitalisierte politische Alternative zur Hamas benötigen“, Israel werde demgegenüber den „politischen Willen finden, in ernsthafte Verhandlungen für eine Zweistaatenlösung einzutreten“. Darum hätten „Akteure von außen die Verantwortung“, den Boden für umfassenden Frieden vorzubereiten.

Und zwar mit einer „vorbereitenden Friedenskonferenz“ – aber ohne Beteiligung der beiden Konfliktparteien. Wie realistisch so etwas ist, lässt sich unter anderem an der Feststellung ablesen, diese Konferenz müsse „die Situation des Gaza-Krieges thematisieren, falls er dann noch läuft“. Die EU, Ägypten, Jordanien, Saudiarabien und die Arabische Liga als Träger dieses Friedensprozesses sollten aber parallel dazu Treffen mit den Israelis und Palästinensern abhalten. „Die Konfliktparteien sind ein integraler Teil der Friedensbemühungen, können aber nicht gezwungen werden, sich zusammenzusetzen“, heißt es lapidar. Binnen Jahresfrist solle die Konferenz einen umsetzbaren Friedensplan formulieren. Der müsse vor allem „robuste Sicherheitsgarantien für Israel und den künftigen unabhängigen Staat Palästina“ vorsehen. Wie soll das passieren? Wer soll diese Garantien liefern? Dazu findet sich nichts im Plan. In einem letzten Schritt sollten Israelis und Palästinenser „den Schlusstext verhandeln“.

Der Nahostkrieg befasste auch die offene Debatte des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen in New York. Mehrere EU-Außenminister, darunter auch Österreichs Alexander Schallenberg, reisten darum gleich nach Ende ihres Ratstreffens nach New York. Schallenberg wollte sich dort für „mehr und länger anhaltende humanitäre Pausen“ in Gaza einsetzen, damit „die Geiseln raus, Hilfe hinein“ könnten.

»Dieses Dokument maßt sich nicht an, die Beendigung des Gaza-Krieges anzusprechen.«

Non-Paper des EU-Auswärtigen Dienstes

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