TV-Notiz

Schillings liebste Worte in der „ZiB 2“: „Und gleichzeitig“

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Vom Aktivismus in die Politik zu wechseln scheint bei Lena Schilling äußerst mühelos. Widersprüche umarmt sie.

Wenn es eine Phrase gibt, die Lena Schilling wirklich gern verwendet, geradezu betont, dann ist es „und gleichzeitig“. Man kann das verstehen, schließlich muss sie eine Wende erklären: die von der Aktivistin zur Berufspolitikerin. Gerade erst wurde sie als erhoffte Spitzenkandidaten der Grünen präsentiert, nun muss sie sich also definieren. Da ist „und gleichzeitig“ keine schlechte sprachliche Option.

„Im letzten Herbst haben Sie in einem Interview die Grünen als Altpartei bezeichnet und gesagt, ‚Die Leute, die bei Fridays for Future aktiv sind, würden im Jahr 2023 niemals zu den Grünen gehen‘. Was ist wenige Monate später anders?“, fragte Armin Wolf. Das stimme schon, meinte Schilling, und gleichzeitig ändern sich manchmal Perspektiven. Die Bewegung sei stark unter Druck gekommen und musste sich weitere Schritte überlegen. Das EU-Parlament sei eine gute Möglichkeit, sie werde trotzdem kritisch sein.

Für die Fähigkeit, Mehrdeutiges auszuhalten, gibt es das schöne Wörtchen Ambiguitätststoleranz. Schilling ist 22 Jahre alt – und umarmt die Widersprüche, die sich daraus ergeben, dass sich in den Zwanzigern zwischen den Spannungsfeldern Idealismus und Realismus (noch) einiges tut. Wobei sie nicht herumdruckste in dieser Frage. Sie werde weiter Aktivistin sein, aber „nicht morgen an irgendeiner Blockade teilnehmen“. Ob sie als freie Mandatarin auch immer wieder mal gegen die eigene Fraktion stimmen werde? Das könne sie noch nicht sagen. Aber die Grünen könnten damit umgehen, wenn man sie hart kritisiere.

Neues erfuhr man nicht wirklich im „ZiB 2“-Interview, spannend war es trotzdem. Vor allem die Fragen nach Schillings Buch „Radikale Wende“, das 2022 erschien und auch recht Fragwürdiges enthält. Etwa dass Wahlen zwar relevant wären, aber zahnlos - und die Demokratie nicht fördern würden. Gerne hätte man mehr über das Wörtchen „undemokratisch“ gehört. Wolf fokussierte aber auf den Widerspruch, dass Schilling jetzt eben Politikerin wird.

Die Antwort: „Ja, das stimmt, und gleichzeitig – das ist ja auch das Fazit – sage ich, wir müssen uns in Parteien und basisdemokratischen Bewegungen organisieren.“ Sie sei nicht morgen einfach Berufspolitikerin, sie stehe für dieselben Ideale, aber sie mache das dort, wo es andere Hebel gebe.

Schilling als Politikerin – das scheint von außen ohnehin nur eine Frage der Zeit gewesen zu sein. Wegen der Distanzierungen von (allzu) radikalen Gedanken, wegen ihrer sympathischen Ausstrahlung, wegen des großen rhetorischen Talents, das sie im „ZiB 2“-Interview (erneut) unter Beweis stellte. Bei Wolf stand sie übrigens nicht (oder zumindest: kaum) unter Welpenschutz. Ob sie den Grünen den erwünschten Erfolg bringen wird?

>> Die Sendung zum Nachschauen

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