Russisches Geld

Untersuchung: Seipel als Kreml-Versteher in der ARD zu sehr hofiert

Journalist Hubert Seipel hatte für die ARD vor Jahren Doku-Filme produziert und Interviews geführt (Archivbild).
Journalist Hubert Seipel hatte für die ARD vor Jahren Doku-Filme produziert und Interviews geführt (Archivbild). APA / AFP / Karlheinz Schindler
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Im Fall des Putin-Biografen Hubert Seipel sieht eine Untersuchung Mängel beim NDR. Der Journalisten steht wegen russischer Zahlungen in der Kritik

Im Fall des Putin-Biografen und preisgekrönten Journalisten Hubert Seipel, der wegen russischer Geldzahlungen in der Kritik steht, hat eine Untersuchung dem Norddeutschen Rundfunk (NDR) Mängel attestiert. Der Journalist hatte für die ARD vor Jahren Doku-Filme produziert und Interviews geführt, darunter ein Exklusiv-Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Der öffentlich-rechtliche ARD-Sender NDR hatte die Untersuchung bei Ex-„Spiegel“-Chefredakteur Steffen Klusmann im November 2023 angefragt, nachdem „Der Spiegel“ und das ZDF von Zahlungen aus Russland in Höhe von Hunderttausenden Euro an den Journalisten berichtet hatten, die für Buchprojekte gedacht gewesen sein sollen. Seipel bestätigte gegenüber mehreren Medien, Zahlungen erhalten zu haben, zuletzt in einem Gespräch der „Zeit“. Eine dpa-Anfrage blieb seit Bekanntwerden der Vorwürfe unbeantwortet.

Der NDR wollte mit der Untersuchung zum Beispiel herausfinden lassen, ob die Geldflüsse Seipels Einstellung zu Russland und damit seine Arbeit für den NDR beeinflusst haben oder ob der Sender unkritisch mit Seipel umging.

„Zu viel hofiert, zu wenig hinterfragt“

In dem am Donnerstag veröffentlichten Abschlussbericht der Untersuchung von Ex-„Spiegel“-Chefredakteur Klusmann heißt es: „Der NDR muss sich vorwerfen lassen, sich von Seipels exklusiven Stoffen mitreißen lassen zu haben.“ Wenngleich „keinerlei Pflichtverletzungen“ bei Mitarbeitenden des NDR oder der Produktionsfirma vorlägen, „so hat man Seipel über die Jahre zu viel hofiert und zu wenig kritisch hinterfragt. Als Kreml-Versteher auch in der ARD insgesamt“.

Klusmann sagte der dpa nach der Vorstellung des Berichts: „Die Exklusivität der Gesprächspartner wie Putin oder Snowden fand man beim NDR so gut, dass alle aufgeregt waren, wenn Seipel mit neuen Stoffen kam. Und sie haben dann auch nach seinen Regeln funktioniert.“ Seipel hatte auch ein Interview mit dem aus den USA geflüchteten Whistleblower Edward Snowden geführt.

Man habe Seipel hofiert, sagte Klusmann weiter. Auf die Frage, ob dadurch Fehler passieren konnten, sagte der Ex-„Spiegel“-Chefredakteur, die „Hofiererei“ habe zum Beispiel dazu geführt, dass im Voraus Fragen, die im Putin-Interview gestellt wurden, dem NDR nicht bekannt gewesen seien. Klusmann kritisierte, dass von den Fragen an Putin vorher niemand etwas wusste. „Da sind dann vielleicht Fragen unterlassen worden, die man hätte stellen müssen.“ Zugleich sprach Klusmann von einer Grauzone bei der Fehlerbewertung und gab zu bedenken, dass man die nachträgliche Bewertung auch im Spiegel der damaligen Zeit einordnen müsse.

Niemand wusste etwas

Die Untersuchung, die unter Mitwirkung des NDR erfolgte, kam zugleich zu dem Schluss: Die Aufklärung habe „keinerlei Hinweise zutage gefördert, dass jemand beim NDR, bei der Produktionstochter Cinecentrum oder bei anderen an den Seipel-Produktionen beteiligten Sendeanstalten von den russischen Zahlungen an Hubert Seipel wusste, diese verheimlichte oder gar selbst Geld angenommen hat.“ Klusmann zufolge hatte man für den Bericht mit gut 40 Leuten Kontakt aufgenommen. Seipel selber habe Fragen schriftlich beantwortet, sprechen habe man mit ihm aber nicht können.

Der Bericht gibt zum Schluss Empfehlungen. Zum Beispiel, insbesondere bei Porträts das richtige Maß an Nähe zu den Protagonisten klar zu definieren. Auch das Instrument eines Clearing-Ausschusses, der externen und internen Hinweisen auf mögliche Unregelmäßigkeiten nachgehen könnte, wird erwähnt.

NDR-Intendant Joachim Knuth sagte bei der Vorstellung des Berichts, dass er drei Kolleginnen und Kollegen aus dem Haus gebeten habe, die Anregungen aus dem Bericht aufzugreifen, mit der bestehenden Qualitätssicherung im NDR abzugleichen und das dann zu konkretisieren.

Von NDR-Seite hieß es auch, dass es über den Fall Seipel hinaus im Sender keine Anhaltspunkte gebe, andere Produktionen oder andere Autoren zu prüfen. Man sehe die Prüfungen in Sachen Seipel auch als abgeschlossen an. Personelle Konsequenzen seien nicht ersichtlich. (APA/dpa)

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