Holocaust-Gedenktag

Rechtsextremismus: IKG-Präsident Deutsch fühlt sich „ein wenig an die Zeit vor 1938“ erinnert

 Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), IKG-Präsident Oskar Deutsch, Israelischer Botschafter in Österreich David Roet, Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) und NatAbg. Kai Jan Krainer (SPÖ)  im Rahmen einer Gedenkzeremonie der israelitischen Kultusgemeinde (IKG) zum internationalen Holocaustgedenktag.
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), IKG-Präsident Oskar Deutsch, Israelischer Botschafter in Österreich David Roet, Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) und NatAbg. Kai Jan Krainer (SPÖ) im Rahmen einer Gedenkzeremonie der israelitischen Kultusgemeinde (IKG) zum internationalen Holocaustgedenktag.APA / APA / Tobias Steinmaurer
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An der Namensmauer zum Gedenken an die Opfer des Holocaust in Wien fand am Freitag eine Gedenkzeremonie statt.

Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Oskar Deutsch, hat das bekanntgewordene Treffen von Rechtsextremen, bei dem Pläne zur Vertreibung von Millionen Menschen ausländischer Herkunft besprochen wurden, als „mehr als besorgniserregend“ bezeichnet. Es erinnere „ein wenig an die Zeit vor 1938“, so Deutsch am Rande des Gedenkens zum internationalen Holocaust-Gedenktag am Freitag in Wien. Und vieles aus Deutschland komme zeitversetzt nach Österreich, warnte er.

An der Gedenkzeremonie an der Namensmauer zum Gedenken an die Opfer des Holocaust nahmen auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, Integrationsministerin Susanne Raab (beide ÖVP), der israelische Botschafter David Roet sowie Vertreter von Grünen, SPÖ und Neos und Vertreter der Minderheit der Roma teil. Gerade in dieser Zeit nach dem blutigen Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober sei es wichtig, an den Holocaust zu erinnern und die Menschen damit zu konfrontieren, betonte Deutsch im Anschluss gegenüber Medienvertretern. In Bezug auf die guten Umfragewerte der FPÖ vor der nächsten Nationalratswahl zeigte sich der IKG-Präsident unter Verweis auf die zahlreichen „Einzelfälle“ zuversichtlich, dass die österreichischen Wähler am Ende des Tages sicher die richtige Entscheidung treffen würden.

Sobotka: Antisemitismus „Geißel der Menschheit“

Nationalratspräsident Sobotka bezeichnete die „ungeheure Zunahme des Antisemitismus“ seit dem 7. Oktober als die größte Bedrohung derzeit. Ziel müsse es sein, vor allem durch Bildung „dieser Geißel der Menschheit“ von rechts wie von links entgegenzutreten. In Bezug auf rechtsextreme Umtriebe wie bei dem Geheimtreffen in Deutschland, an dem auch der frühere Kopf der österreichischen Identitären teilgenommen hatte, zeigte sich Sobotka überzeugt, dass die Polizei die Lage in Österreich „gut im Griff“ habe.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen erinnerte in einer Stellungnahme zum Holocaust-Gedenktag an die „immerwährende Verantwortung, strikt und entschieden und aus tiefster Überzeugung gegen jede Form von Antisemitismus aufzutreten“. Dies dürfe nicht nur am internationalen Holocaust-Gedenktag geschehen, sondern jeden Tag, mahnte Van der Bellen. „Gerade jetzt, wo Feinde unserer offenen Gesellschaft, Feinde der liberalen Demokratie, mehr und mehr Aufwind bekommen, gerade jetzt dürfen wir Antisemitismus, Hetze und Hass nicht gleichgültig gegenüberstehen - wir müssen uns entschieden entgegenstellen“, so der Bundespräsident.

„Nie wieder ist jetzt“

Auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) verwies auf die „besondere historische Verantwortung“ Österreichs, dass die „dunkelsten Kapitel unserer Geschichte niemals vergessen“ werde. Den Kampf gegen jede Form von Antisemitismus bezeichnete er als „gesamtgesellschaftliche Verantwortung“. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP), die an einer Gedenkveranstaltung im International Holocaust Museum in Washington teilnahm, zeigte sich ebenfalls besorgt über den steigenden Antisemitismus, dem es entschlossen entgegenzutreten gelte.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) mahnte eine „klare Haltung und ein gemeinsames und uneingeschränktes Bekenntnis zu Demokratie und Menschenrechten“ als „unabdingbares Gebot der Stunde“ ein. „Denn `Nie wieder ist jetzt ́“, so Kogler, der dazu aufrief gegen Hass und Hetze, gegen Antisemitismus und Rassismus aufzustehen.

„Auschwitz darf nie wieder geschehen“

Ähnlich äußerte sich SPÖ-Chef Andreas Babler: „Erinnern und Gedenken heißt aufzustehen und den Anfängen zu wehren“, erklärte er in einer Aussendung und warnte vor einer Regierungsbeteiligung der FPÖ. Es gehe heute darum, „zu verhindern, dass Menschen an die Macht kommen, die Umsturzpläne hegen, rassistische und antisemitische Ideologien verbreiten, politische Gegner auf ‚Fahndungslisten‘ setzen und mit Rechtsextremen paktieren, wie es FPÖ-Kickl macht“.

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger sprach von „einer fundamentalen Verantwortung“, für die Sicherheit und Freiheit von Jüdinnen und Juden weltweit einzustehen. „Heute mehr denn je. Niemals wieder ist Auftrag, ist Verantwortung, ist jetzt.“

Auch Vertreter der österreichischen Roma riefen Politik und Zivilgesellschaft zum Holocaust-Gedenktag dazu auf, „wachsam gegen jegliche Art von antidemokratischen und menschenfeindlichen Tendenzen“ zu sein. „Auschwitz darf nie wieder geschehen“, so Andreas Sarközi vom Kulturverein österreichischer Roma.

Kinder gewaltsam entrissen

Die Zeugen Jehovas erinnerten anlässlich des internationalen Holocaust-Gedenktages am Freitag in einer Aussendung an die NS-Opfer aus den eigenen Reihen. Besonders wolle man in diesem Jahr den Fokus auf die verfolgten Kinder richten, „die ihren Eltern oft gewaltsam entrissen und zur Umerziehung in NS-Erziehungsanstalten gebracht wurden“.

Die jährliche Gedenkzeremonie der IKG fand diesmal bereits einen Tag vor dem internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Jänner statt, weil dieser heuer auf einen Shabbat fällt. Am Samstagabend organisiert das Bündnis „JetztZeichenSetzen“ eine Gedenkkundgebung für die in der Shoah ermordeten Jüdinnen und Juden, sowie die ermordeten Roma und Sinti am Heldenplatz. Vor 79 Jahren - am 27. Jänner 1945 - hatte die Rote Armee die Überlebenden des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau befreit. Die Nazis hatten dort mehr als eine Million Menschen ermordet. (APA)

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